Cathérine de Montsalvy
Gruppe stieg ein Mann, dessen Helm als Schmuck einen gekrönten goldenen Löwen trug, mit Hilfe eines Knappen aus dem Sattel. Das spitze Visier des Helms war hochgeklappt, und Cathérine erkannte das narbige Gesicht des Konnetabels. Außerdem schlug das große, mit Lilien gezierte Schwert Frankreichs an die linke Seite des furchtbaren Bretonen.
Cathérine sah die Königin Yolande flink die Stufen der Freitreppe hinuntersteigen und, beide Hände ausgestreckt und ein strahlendes Lächeln auf den Lippen, dem Ankömmling entgegeneilen. Sie sah, wie Richemonts hartes Gesicht sich glättete, während er niederkniete, um die ihm dargebotene schöne Hand zu küssen. Von ihrem Platz aus konnte Cathérine nicht hören, was gesprochen wurde, bemerkte jedoch, daß zwischen der Herzogin-Königin und dem Oberkommandierenden des Krieges völliges und absolutes Einvernehmen zu herrschen schien, woraus sie einen tiefen Trost zog. Sie erinnerte sich an die Sympathie, die Richemont Arnaud stets bezeigt hatte, und an die Zähigkeit, mit der dieser Mann aus Eisen seine Angelegenheiten verfolgte. Yolande, Richemont – das waren die beiden unzerstörbaren Pfeiler, auf die sie die Zukunft ihres kleinen Michel bauen wollte.
Eine halbe Stunde später hatte sie, in einer Wanne voll heißen, parfümierten Wassers liegend, sowohl das Elend der letzten Tage als auch ihre Müdigkeit fast vergessen. Die Augen geschlossen, den Nacken auf den mit Tüchern belegten Rand der Wanne gestützt, ließ Cathérine sich gehen, entspannte Körper, Muskeln und Nerven. Das heiße Wasser drang durch jede Fiber ihres Wesens und bewirkte eine wohltuende Erschlaffung. Sie hatte das tröstliche Gefühl, auf dem Grunde dieses von balsamischen Kräutern duftenden Bades mit dem Schmutz auch alles andere hinter sich zu lassen, die Angst, ihre Leiden und selbst zehn Jahre ihres Lebens. Ihr Kopf war wieder klar, ihr Blut zirkulierte besser. Von neuem wußte sie, daß sie jung und stark war und daß ihre weiblichen Waffen intakt geblieben waren. Dies hatte sie in den bewundernden Augen der beiden Dienerinnen gelesen, die ihr beim Einsteigen ins Bad geholfen hatten und jetzt damit beschäftigt waren, Truhen und Laden zu öffnen, Linnen und Tücher herauszunehmen und ihr Nachtlager zu bereiten, während sie ausruhte. Jawohl, sie war immer noch schön, und es war gut, es zu wissen!
Sara schlief in dem Verschlag, in den man sie mehr getragen als geführt hatte. Sie hatte auf dem Weg dorthin kaum einmal die Augen geöffnet, aber dies eine Mal konnte Cathérine auf sie verzichten.
Jetzt war das Bett gemacht, das Badewasser war mit gräulichen Lachen bedeckt, die deutlich machten, wieviel Schmutz Cathérine aus der Auvergne mitgebracht hatte, und eine der Kammerfrauen hielt schon ein am Feuer gewärmtes Badetuch bereit, um die Badende einzuhüllen. Diese erhob sich, blieb einen Augenblick aufrecht in der Wanne stehen und streifte mit beiden Handflächen die über ihre Schenkel rollenden Tröpfchen ab. Im selben Augenblick hallten die Fliesen des schmalen Ganges draußen von dem schnellen Schritt von Eisenschuhen wider, die Tür öffnete sich unter dem Druck einer herrischen Hand, und ein Mann trat ins Zimmer.
Sein Ausruf der Verblüffung mischte sich mit dem Schreckensschrei Cathérines. Von dem so plötzlich erschienenen Mann konnten ihre aufgerissenen Augen keine Einzelheiten sehen. Sie sahen nur, daß er fast ein Riese und blond war. Mit schroffer Bewegung riß sie der Dienerin das Badetuch aus den Händen und wickelte sich darin ein, ohne sich darum zu kümmern, daß es halb ins Wasser tauchte.
»Wie könnt Ihr es wagen? Hinaus! Sofort hinaus!« rief sie.
Das Bild, das sich ihm geboten hatte, und die wütende Anrede Cathérines hatten den Eindringling in völlige Verblüffung gestürzt. Er machte große Augen und öffnete den Mund, ohne ein Wort herauszubringen, während Cathérine aufgebracht schrie:
»Nun, worauf wartet Ihr noch? Ich habe Euch gesagt, Ihr sollt gehen! Seid Ihr noch nicht draußen?«
Offenbar hatte er sich in Stein verwandelt, und als er endlich Worte fand, reichte es nur zu einem verdatterten Gestammel:
»Wer … wer seid Ihr?«
»Das geht Euch nichts an! Und was Euch betrifft, kann ich Euch sagen, was Ihr seid: ein Flegel! Verschwindet!«
»Aber …«, begann der Unglückliche.
»Nichts ›aber‹! Seid Ihr immer noch da?«
Wahnsinnig vor Wut, packte Cathérine in der Wanne einen großen Schwamm und schleuderte ihn, vollgesogen mit Wasser,
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