Cathérine de Montsalvy
hat Geschmack an ihrer dunkelbraunen Haut gefunden. Es kommt nicht selten vor, daß er sie aufs Schloß holt, um sich mit ihnen zu vergnügen, und ich glaube, es ist eher sein Wille als die Hungersnot, die den Stamm in Amboise zurückhält.«
Cathérine folgte der kleinen Rede des Flamen mit tiefem Interesse, um so mehr, als er sich besonders an sie zu wenden schien. Sie spürte eine gewisse Absicht dabei, war sich aber noch nicht ganz klar, welche. Er schien sie einzuladen, ihm zu folgen. Jedenfalls verbarg sich hinter seiner Erwähnung der Zigeuner ein ernsthafter Grund.
»Wollt Ihr etwa vorschlagen«, warf Jean de Bueil hochmütig ein, »daß wir uns an eins dieser wilden Weiber hängen sollen? Das wäre ein schöner Reinfall! Wir würden für ein paar Huren an La Trémoille verkauft werden!«
»Keineswegs, Monseigneur«, erwiderte Tristan, die Augen auf Cathérine gerichtet. »Vielmehr dachte ich an eine intelligente Frau, schlau und couragiert und geschickt verkleidet …«
»Worauf genau wollt Ihr hinaus?« fragte Brézé mit argwöhnischem Unterton.
Tristan schien mit der Antwort zu zögern, aber Cathérine hatte verstanden. Dieser Gedanke, den der Stallmeister nicht näher ausführen wollte, zweifellos, weil er die heftigen Reaktionen gewisser Ritter fürchtete, hatte sie in Wahrheit, ohne daß es ihr sofort bewußt wurde, im gleichen Augenblick gepackt, in dem er von den Zigeunern gesprochen hatte. Und nun wollte sie ihn sich zu eigen machen. Sie lächelte den Flamen an, um ihn zu ermutigen, und legte die Hand beschwichtigend auf Brézés Arm.
»Ich glaube, ich verstehe den Gedanken Messire l'Hermites«, sagte sie ruhig. »Er möchte sagen, wenn ich zu allem bereit wäre, um an La Trémoille Rache zu nehmen, wäre ich voll und ganz geeignet, diese Rolle zu spielen.«
Es gab einen Heidenlärm. Alle Edelleute brüllten gleichzeitig aufeinander ein, aber die Fistelstimme des Bischofs übertönte alle. Nur Ambroise de Lore sagte nichts, doch einer seiner Mundwinkel verzog sich auf eine Art, die man, strenggenommen, für den Anflug eines Lächelns halten konnte. Die Herzogin-Königin mußte die Stimme erheben, um die Ruhe wiederherzustellen.
»Beruhigt Euch, Messeigneurs!« sagte sie kalt. »Ich verstehe Eure Aufregung angesichts eines so kühnen Vorschlags, aber es nützt nichts, deswegen zu schreien. Außerdem sehen wir uns einer so schwierigen Lage gegenüber, daß die geringsten Erfolgschancen – wie auch die verrücktesten – kaltblütig geprüft werden müssen! Was Euch betrifft, Cathérine, habt Ihr die Tragweite Eurer Worte und die Gefahren gut erwogen, denen ein solches Abenteuer Euch aussetzen würde?«
»Ich habe sie erwogen, Madame, und ich habe sie durchaus nicht für unüberwindlich gefunden. Wenn ich Euch und dem König dienen könnte, indem ich die Meinen räche, würde ich mich glücklich schätzen!«
Die blauen Augen des Konnetabels suchten die der jungen Frau und hielten sie fest.
»Ihr werdet Euer Leben in jedem Augenblick aufs Spiel setzen. Wenn La Trémoille Euch wiedererkennt, werdet Ihr den nächsten Tag nicht mehr erleben. Wißt Ihr das?«
»Ich weiß es, Monseigneur«, entgegnete sie mit einer kurzen Reverenz, »und ich nehme das Risiko auf mich. Außerdem – macht dieses Risiko nicht größer, als es ist. Der Großkämmerer kennt mich nur flüchtig. Ich war eine der Hofdamen der Königin Marie, alle fromm und ernst, die sehr selten in der Umgebung des Königs erschienen. La Trémoille hat mich zwei- oder dreimal gesehen, immer mit anderen Damen zusammen, zu selten, um mich wiederzuerkennen, besonders nicht in einer Verkleidung.«
»Für diesen Fall trifft sich das ausgezeichnet! Ihr habt auf alles eine Antwort, und ich bewundere Euren Mut.«
Er wandte sich ab, um mit Tristan l'Hermite zu sprechen, doch Jean de Bueil mischte sich ein.
»Angenommen, wir akzeptieren den Vorschlag Madame de Montsalvys und ließen sie diese gefährliche und zum allermindesten unangenehme Rolle spielen, dann ist noch lange nicht gesagt, daß sie sie auf überzeugende Weise spielen könnte. Diese Ägypter haben ein fremdländisches Benehmen und vor allem fremde Kleidung …«
»Eine Kleidung, die ich kenne«, unterbrach Cathérine freundlich. »Messire, meine treue Amme Sara ist Ägypterin. Sie wurde einst als Sklavin nach Venedig verkauft.«
Der nächste Einwand kam von Pierre de Chaumont.
»Werden diese Leute einverstanden sein, unsere Komplicen zu werden? Es sind Wilde, sie sind
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