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Cathérine de Montsalvy

Titel: Cathérine de Montsalvy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Benzoni Juliette
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»Sie besingen seine Tugenden …«
    Der Rest der Zeremonie war kurz. Der Anführer beugte sich hinunter und schob ein Geldstück zwischen die Zähne des Toten, dann nahmen die vier Männer ihre Last wieder auf und stiegen damit zum Flußufer hinunter. Im nächsten Augenblick tauchte der Leichnam in der Strömung des schwarzen Wassers unter.
    »Aus«, sagte Sara. »Auf dem Weg des Wassers kehrt der Mann ins Land seiner Väter heim.«
    »Jetzt können wir uns nähern«, sagte Tristan, »denn …«
    Aber er unterbrach sich. Sara hatte nämlich plötzlich mit voller Stimme zu singen begonnen, so daß Cathérine erschrocken auffuhr. Es war lange her, daß die junge Frau Sara hatte singen hören, jedenfalls in dieser Weise. Gewiß, sie hatte oft alte Balladen geträllert, um Klein Michel in den Schlaf zu wiegen, aber diesen fremden, aus uralten Zeiten stammenden Sprechgesang, rauh, wild und unverständlich, hatte Cathérine nur zweimal von ihr gehört: einmal in der Taverne Jacquot de la Mers in Dijon und dann am Feuer der Zigeuner, die Sara für eine kurze Weile begleitet hatte. Irgend etwas zog ihr die Kehle zusammen, während sie zuhörte. Saras Stimme, voll und kräftig, schien die Nacht zu durchdringen und in ihren Schwingungen den Widerhall des fernen Landes mit sich zu tragen, aus dem die fremde Frau stammte … Der ganze Stamm hatte sich zu ihr umgewandt und lauschte ihr fasziniert.
    Langsam, ohne ihren Gesang zu unterbrechen, setzte Sara sich in Bewegung, stieg die Böschung des Wallgrabens hinab. Cathérine und Tristan folgten ihr, letzterer hielt die Pferde am Zügel, und die Zigeuner öffneten vor ihnen ihre Reihen. Erst als Sara vor dem Anführer stand, schwieg sie.
    »Ich bin Sara, die Schwarze«, sagte sie einfach, »und mein Blut ist mit dir verwandt. Dies sind meine Nichte Tchalaï und der Mann, der uns durch viele Gefahren und Nöte zu dir geführt hat. Nimmst du uns auf?«
    Langsam hob Fero die große Hand und legte sie Sara auf die Schulter:
    »Sei willkommen, Schwester! Der Mann, der dich begleitet, hatte nicht gelogen. Du bist eine der Unsrigen, und dein Blut ist rein, denn du kennst die alten Ritualgesänge, die nur die Besten unter uns kennen. Und was sie betrifft –«, sein dunkler Blick musterte Cathérine, der es plötzlich schien, als hüllten Flammen sie ein, »– so wird ihre Schönheit das Juwel unseres Stammes sein. Kommt, die Frauen werden sich um euch kümmern!«
    Er verbeugte sich vor Sara wie vor einer Königin, führte dann Tristan ans Feuer, während ein tratschender Kreis von Weibern sich um die beiden Frauen schloß. Verdutzt ließ sich Cathérine zu den am Fuße eines der Türme aufgestellten Fuhrwerken geleiten. Eine Stunde später zwischen Sara und der alten Orka, der Mutter des Hingerichteten, ausgestreckt, versuchte sie, sich aufzuwärmen und gleichzeitig Ordnung in ihre Gedanken zu bringen. Tristan war zur Herberge des ›Königlichen Kelterhauses‹ zurückgeritten, wo er sich zur Verfügung seiner Gefährtinnen halten wollte, bereit zum Eingreifen und dennoch abseits des Zigeunerlagers, wo seine Anwesenheit nur unnötiges Aufsehen erregt hätte. Er hatte Cathérines und Saras Kleider mitgenommen, denn es war die erste Sorge der Frauen des Stammes gewesen, die beiden mit dem zu versorgen, was man in den Truhen hatte finden können. Und jetzt, lediglich in ein langes Leinenhemd gekleidet, das so rauh war, daß es ihre Haut reizte, dazu in eine Art bunten und ziemlich ausgefransten, aber einigermaßen anständigen Überhang, der oben wie eine römische Toga zusammengehalten wurde, kuschelte Cathérine sich an Sara, die nackten Beine unter sich gezogen, und versuchte, sich ein wenig zu wärmen. Sie hätte sonst etwas für ein Bündel Stroh gegeben, aber in diesem mit einer durchlöcherten Plane bedeckten Karren gab es so etwas nicht. Die Bodenplanken waren notdürftig mit ein paar Tuchfetzen ausgestopft, was ein wenig vor der Zugluft schützte und die Härte des Holzes milderte … Ein Seufzer entrang sich ihr, und Sara, die spürte, daß sie sich rührte, flüsterte:
    »Bist du ganz sicher, daß du nichts bedauerst?«
    Die leise Ironie, die in der Frage lag, entging Cathérine nicht. Sie biß die Zähne zusammen.
    »Ich bedauere nichts … ich friere nur!«
    »Du wirst nicht lange zu frieren brauchen. Erstens gewöhnt man sich an alles, und dann werden auch bald wärmere Tage kommen.«
    Die junge Frau antwortete nicht. Sie spürte, daß Sara, vielleicht weil sie sich

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