Cathérine und die Zeit der Liebe
als Buße ansah, würde Gott, so schien es ihr, sich nicht erweichen lassen. Und ihre Leiden litt sie für Arnaud, damit der Herr ihr seine Heilung gewähre und ihr erlaube, ihn wiederzusehen. Für dieses Glück wäre sie mit Freuden auf glühenden Kohlen gelaufen …
Nichtsdestoweniger hätte sie sich ohne die Hilfe eines alten Ordensmannes von Sankt Johann, der ihre zarten, geschwollenen, blutenden Füße beim Zeremoniell der Fußwaschung gewahrte, das die Mönche kniend für die Pilger absolvierten, und sie mitleidig pflegte, gezwungen gesehen, ihre Reise hier zu beenden oder sich beritten zu machen. Der Mönchssoldat hatte die wunden Füße mit einer Salbe aus Kerzentalg, Olivenöl und Weingeist bestrichen, die Wunder gewirkt hatte.
»Das ist ein altes Reiterrezept«, hatte er der jungen Frau lächelnd anvertraut. »Unsere jungen Ordensritter, die noch eine weiße Haut und ein zu zartes Gesäß für die langen Ritte haben, machen großen Gebrauch davon.« Er hatte ihr sogar etwas davon in einem Töpfchen mitgegeben, und das Heilmittel hatte sich als unfehlbar erwiesen. Trotz allem befand sich Cathérine am Rand einer Ohnmacht, als das mit seiner riesigen Abtei an den Hängen des schmalen Tals von Ouche klebende kleine Dorf im Abend auftauchte. Sie hatte nur einen gleichgültigen Blick für die bewundernswerte Basilika, vor der ihre Gefährten vor Begeisterung auf die Knie gefallen waren.
»Ihr seid völlig erschöpft!« hatte Ermengarde gewettert. »Versucht gar nicht erst, den anderen in die Abtei zu folgen, die übrigens bis unters Dach voll ist. Es gibt hier, wie man mir versichert hat, eine gute Herberge, und ich habe die Absicht, mich dorthin zu begeben.«
Cathérine hatte aus Furcht vor den verächtlichen Bemerkungen Gerberts gezögert, aber der Leiter der Pilger hatte lediglich mit den Schultern gezuckt.
»Quartiert Euch ein, wo Ihr könnt! Die Abtei ist bereits voll, und ich weiß nicht, wohin ich meinen Trupp führen soll. Jeder soll sich einrichten, wie er kann, in einer Scheune oder bei einem Dorfbewohner. Handelt ganz nach Belieben. Vergeßt aber die feierliche Messe, die folgende Prozession und die verschiedenen Gottesdienste nicht.«
»Um wieviel Uhr werden wir denn weiterziehen?« fragte Cathérine ungeduldig.
»Erst übermorgen! Ihr scheint nicht zu ahnen, daß wir uns an einem der wichtigsten Orte unseres Glaubens befinden, meine Schwester. Er verdient es wohl, daß man einen Tag hier verweilt!«
Nach diesen Worten hatte er kurz gegrüßt, sich auf dem Absatz umgewandt und in Richtung des Abteiportals entfernt, ohne auf Catherines Einwände zu hören. Trotz der Strapazen des langen Weges hatte sie schneller vorwärts kommen und nur die kürzesten Rastpausen auf der Strecke einlegen wollen, die ihr geliebter Mann zurückgelegt hatte. Einen ganzen Tag hier zu verbringen schien ihr eine entsetzliche Zeitvergeudung, selbst wenn dieser Tag sie wieder zu Kräften kommen ließe.
»Was für verlorene Zeit!« murmelte sie und bot Ermengarde, deren Frauen ihr nicht ohne Mühe vom Pferd halfen, ihren Arm. Die Edle von Châteauvillain, durch die vielen im Sattel verbrachten Stunden ebenfalls ermüdet, war steif wie ein Brett. Aber sie hatte nichts von ihrem Temperament verloren.
»Wetten wir, daß ich weiß, was Ihr denkt, meine Kleine?« sagte sie fröhlich, Cathérine zum Tor einer großen Herberge ziehend, deren die Mauern abstützende Strebepfeiler ihr etwas Festungsähnliches gaben.
»Sagt's ruhig!«
»Ihr würdet viel darum geben, Euch morgen früh auf ein Pferd schwingen, alle unsere salbadernden Betbrüder sitzenlassen und mit Windeseile in die Stadt Galicia galoppieren zu können, wo Euch, wie Ihr glaubt, etwas erwartet.«
Cathérine versuchte nicht einmal zu leugnen. Sie lächelte nur müde.
»Es ist wahr, Ermengarde! Die Langsamkeit dieses Marschs bringt mich noch um. Bedenkt nur, wir sind hier so nahe bei Montsalvy, daß es mir eine Leichtigkeit wäre, hinzugehen und meinen Sohn zu umarmen! Aber ich bin zu einer Pilgerfahrt aufgebrochen und werde Gott nicht bemogeln! Wenn unterwegs nicht etwas eintritt, was mich überzeugt, daß ich Arnaud auf eine andere Weise suchen muß, werde ich mit meinen Gefährten die Reise bis zum Ziel fortsetzen. Und dann ist es natürlich gut, wenn man zusammenbleibt. Der Weg ist gefährlich, es wimmelt von Banditen. Es ist besser, wenn man stark ist. Mit Euren Frauen und Euren Bewaffneten wären wir nur sieben. Vorausgesetzt, wir halten bis zum Ende
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