Cathérine und die Zeit der Liebe
Trommeln. Ihr Rollen ging über die Tänzer wie ein Gewittersturm hinweg, sie warfen sich keuchend zu Boden, blieben bewegungslos liegen, während ihre leidenschaftliche Musik erstarb. Langsam öffneten sich die schweren Flügel der Pforte der Sieben Stockwerke, einem feierlichen Zug den Weg freigebend. Vor einer Gruppe von Querpfeifern und Tamburinschlägern wurde die einbalsamierte Leiche Zobeidas, starr und rot unter dem langen Purpurschleier, der sie von Kopf bis Fuß bedeckte, von zwanzig Sklaven auf einer Silberbahre herausgetragen. Priester in weißen Gewändern umgaben sie, dann folgte ein großer Trupp schwarzer Eunuchen, angeführt von ihrem Befehlshaber, einem riesigen Sudanesen mit bronzefarbenem Gesicht, der sein Krummschwert zum Zeichen der Trauer umgekehrt trug.
Das Erscheinen ihrer Feindin weckte Cathérine aus ihrer verächtlichen Gleichgültigkeit. Zobeida war tot, aber ihr Haß lebte noch. Cathérine fühlte ihn, und eine kalte Wut bemächtigte sich ihrer beim Anblick dieses erstarrten Körpers, dem sie in Bälde ihren Gatten und sich selbst opfern müßte. Inzwischen stellten die Sklaven die Bahre auf einer Art niedrigen Podests vor der Tribüne des Kalifen ab, der sich erhob und mit Banu Saradj und mehreren Würdenträgern die sterblichen Überreste seiner Schwester grüßte. Wieder wollte Cathérine die Augen abwenden, aber etwas zwang sie, es nicht zu tun. Mit fast unerträglicher Beharrlichkeit hatte sie einen Blick auf sich gefühlt und wandte sich instinktiv nach der Seite, von derer kam. Und da entdeckte sie unter dem Gefolge des Kalifen Abu al-Khayr. Die hohe, breite Gestalt des Hauptmanns der maurischen Wache hatte bis dahin die schmächtige Gestalt ihres Freundes verdeckt. Unter seinem riesigen orangefarbenen Turban sah der kleine Arzt sie beharrlich an, und Cathérine bemerkte, als ihre Blicke sich schließlich kreuzten, daß er ihr ein flüchtiges, schnelles Lächeln zusandte, dann den Kopf wandte, als wollte er sie veranlassen, der Richtung seines Blickes zu folgen. Und sie erspähte in den ersten Reihen der Menge, die er mit seiner hohen Gestalt überragte, Gauthier, der mit verschränkten Armen sehr gut den Neugierigen spielte. Nach wie vor in seinem groben Gärtnerkittel, eine Art kegelförmigen Filzhut auf dem Kopf, machte er den völlig ruhigen, friedlichen Eindruck eines Mannes, der einem frohen Fest beiwohnt und nicht einer Hinrichtung.
Dann wanderten die Augen Abu al-Khayrs zu einer Gruppe maurischer Reiter weiter hinten, und Cathérine erkannte unter einem vergoldeten Spitzhelm Josse. Allerdings mit einiger Mühe. Sonnengebräunt wie seine Kameraden, das Gesicht von einem schwarzen Bärtchen umrahmt, steif in seinem verzierten Sattel sitzend, die Lanze in der Faust, bot der Pariser einen ebenso wilden und militärischen Anblick wie seine Kameraden. Nichts unterschied ihn von den anderen Reitern, und Cathérine bewunderte die Kunst, mit der der einstige Strolch seine Rolle spielte. Augenscheinlich interessierte er sich nicht für das, was vor ihm vorging, war ganz damit beschäftigt, sein Pferd in Reih und Glied zu halten. Tatsächlich schien das Tier außerordentlich nervös zu sein, tänzelte auf der Stelle und hätte ohne die Fertigkeit seines Reiters zweifellos einige Unordnung verursacht.
Der Anblick ihrer drei Freunde belebte Catherines Hoffnungen. Sie wußte, daß sie mutig, ergeben und zu allem bereit waren, sie zu retten, sie und Arnaud, und diese Entschlossenheit, die sie in ihnen fühlte, riß sie mit … Durfte man mit solchen Männern wirklich verzweifeln?
Eine lange Zeremonie folgte der Ankunft der Leiche der Prinzessin. Es gab Gesänge, feierliche Tänze, die unendlich lange Ansprache eines imposanten Greises mit schneeweißem Bart, groß und hager wie eine Pappel im Winter, dessen Augen unter buschigen weißen Brauen in einem fanatischen Feuer brannten. Cathérine wußte bereits, daß es der Großkadi war, und grub die Nägel in ihre Hände, als sie hörte, wie er den Zorn Allahs und des Kalifen auf den Ungläubigen herunterrief, der es gewagt hatte, seine frevelhafte Hand gegen einen Nachkommen des Propheten zu erheben. Als er endlich nach einer Verwünschung schwieg, dämmerte es Cathérine, daß die Sterbestunde für Arnaud und sie gekommen war, und der schwache Hoffnungsschimmer, den die Anwesenheit ihrer Freunde wieder entfacht hatte, schwand … Was konnten sie schon ausrichten, drei gegen so viele? Da waren die Menge, der Hof, die Soldaten … und
Weitere Kostenlose Bücher