Cathérine und die Zeit der Liebe
soviel Haß gegen den Ungläubigen, soviel wilde Freude über seinen nahenden Tod! … Es blieb nur noch Gott! Still richtete Cathérine ein inständiges Gebet an den Herrn, die Jungfrau von Puy, deren Schutz sie erfleht hatte, an den heiligen Jakob von Compostela.
»Noch einige Streiter mehr, mein Gott«, bat sie flehentlich. »Nur einige Streiter mehr, die Mut zum Zuschlagen haben!« Oben, hinter dem Festungswall, hatten die Trommeln wieder zu dröhnen begonnen. Cathérine erbebte, in diesem langsamen Rollen schien ihr eine Drohung zu liegen, sie klangen wie die Schläge eines sterbenden Herzens. In diesem Augenblick traten die Henker des Kalifen jeweils zu zweit durch die Pforten des Palastes. Sie waren imposant, sehr muskulös, schwarz wie eine mondlose Nacht. Sie trugen blaue Hemden mit aufgekrempelten Ärmeln und gelbe, rotbestickte Pluderhosen. Mit einer Menge sonderbarer Werkzeuge beladen, die Cathérine erblassen ließen, zogen sie eine Kette um den Platz und trieben die Menge zurück, die die Wachen schlecht im Zaume halten konnten. Gleichzeitig hatte ein Trupp halbnackter Sklaven vor der Tribüne Mohammeds eiligst ein Gerüst errichtet, auf das sie ein Holzkreuz pflanzten, ähnlich dem, das einst auf einem Hügel Jerusalems errichtet worden war, nur viel niedriger, damit die mit der Folterung des Verurteilten beauftragten Henker ihr Werk verrichten konnten. Dann brachten die Sklaven eiserne Kohlenöfen, in die die Folterknechte eine ganze Sammlung von Eisengeräten, Zangen und Kneifzangen schoben. Die faszinierte Menge hielt bei diesen makabren Vorbereitungen den Atem an, aber sie empfing mit lauten Hochrufen einen riesigen, buckligen Neger, dürr wie ein Ebenholzstumpf, der vortrat, über die Schulter den Sack geschwungen, in den er nach Beendigung der Hinrichtung den Kopf des Opfers stecken würde, um ihn dem Kalifen vorzulegen, ehe er auf dem Turm der Gerechtigkeit aufgepflanzt wurde. Es war Békir, der Oberhenker, eine wichtige Persönlichkeit, wie sein purpurseidenes, silberbesticktes Gewand deutlich machte. Er stieg feierlichen Schrittes auf das Gerüst, blieb dort unbeweglich stehen, warf sich in Positur und verschränkte die Arme, um den Verurteilten zu erwarten.
Wieder ein Trommelwirbel. Cathérine war unter ihren goldenen Schleiern dem Ersticken nahe. Sie biß sich in die Hand, um nicht laut aufzuschreien, die Nerven bis zum äußersten gespannt. Ihr bestürzter Blick suchte den Abu al-Khayrs, aber der kleine Arzt, das Kinn auf der Brust und im rechten Winkel dazu sein absurder Turban, schien zu schlafen. Er sah so zerbrechlich, so einsam inmitten dieser überreizten Menschen aus, daß Cathérine völlig den Kopf verlor. Würden er und die beiden anderen nicht etwas unternehmen? Es wäre Wahnsinn, denn keiner von ihnen würde lebend davonkommen! Es war unmöglich! … Nein! Besser sterben! Aber schnell …! Sie betrachtete die Menge.
Unten behielt Gauthier seine statuenhafte Unbeweglichkeit bei, aber Cathérine sah, wie er sich straffte, als die Pforten der Alhambra zum dritten Mal knarrten. Am Fuße der roten Mauern, zwischen den riesigen, eisenbeschlagenen Flügeln, erschien der Verurteilte …
Unfähig, sich zu beherrschen, richtete Cathérine sich mit einem Entsetzensschrei auf. Bleich und fast nackt, abgesehen von einem um die Lenden geschlungenen Tuch und den schweren Ketten, mit denen er gefesselt war, torkelte Arnaud wie ein Betrunkener in die Sonne. Die Arme auf dem Rücken zusammengebunden, das Gesicht vom Bart überwuchert, die Augen verstört, versuchte er trotz allem verzweifelt, in dieser letzten Minute gute Figur zu machen. Aber er stolperte über einen Stein und fiel auf die Knie. Die ihn umgebenden Wachen mußten ihn wieder auf die Füße stellen. Der Mangel an Schlaf und Nahrung hatte seine Arbeit getan, und die Wachen mußten den Verurteilten den Abhang hinunter stützen.
An Cathérine geklammert, versuchte Morayma verzweifelt, sie zum Niedersitzen zu bewegen, aber die in ihrem furchtbaren Schmerz erstarrte junge Frau hörte nicht hin und sah nichts als diesen langen braunen Körper, den die Mauren zur Hinrichtung führten. Jetzt hatte sich der düstere Blick Mohammeds auf die junge Frau geheftet. Morayma flehte ganz leise:
»Ich bitte dich inständig, Licht des Morgens, komm zur Besinnung. Der Herr sieht dich an.«
»Wie? Soll er mich doch ansehen!« zischte die junge Frau durch die Zähne. »Was macht das schon!«
»Sein Zorn kann sich noch heftiger gegen den
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