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Cathérine und die Zeit der Liebe

Titel: Cathérine und die Zeit der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Benzoni Juliette
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vielleicht. An jenem Tag hatte sie Kenntnis von der Krankheit des Kindes erhalten, das sie von Herzog Philippe gehabt hatte und das Ermengarde de Châteauvillain pflegte. Sie hatte beschlossen, Brügge zu verlassen, um nie mehr zurückzukehren, denn Jan van Eyck brach auch nach Portugal auf, wo er für den Herzog um die Hand der Prinzessin Isabelle anhalten sollte. Und dann hatte das Leben Cathérine ohne Unterlaß in seinem Stürmen fortgerissen. Sechs Jahre hatte sie van Eyck nicht wiedergesehen … Spontan legte sie ihre Hände in die ihr entgegengestreckten:
    »Jawohl, ich bin's, mein Freund … und ich freue mich sehr, Euch wiederzusehen! Was macht Ihr so weit von Burgund? Ich glaubte zu verstehen, daß Ihr ein Rendezvous mit Dame Ermengarde hattet?«
    Während sie sprach, warf sie einen Seitenblick auf ihre Freundin und sah, daß diese leicht errötete. Aber van Eyck schien von ihren Worten nicht sonderlich bewegt zu sein.
    »Rendezvous ist zuviel gesagt! Ich wußte, daß Dame Ermengarde nach Compostela in Galicia reiste, und da mein Auftrag mich auf denselben Weg führte, hoffte ich, mit ihr zusammen zu reisen.«
    »Schickt Euch der Herzog denn zu dem Hochheiligen Herrn Jakob?« fragte Cathérine mit einer Ironie, die dem Künstler nicht entging.
    »Nun«, meinte er lächelnd. »Ihr wißt doch, daß meine Missionen stets geheim sind. Ich habe nicht das Recht, darüber zu sprechen. Aber gehen wir hinein. Die Nacht ist hereingebrochen, und es wird frisch am Fuß dieser Berge!«
    Von dem unter den alten Gewölben des Gemeinschaftsraums verbrachten Abend, in dem sich seit Jahrhunderten vom Glauben durchdrungene Menschenmengen versammelten, behielt Cathérine ein seltsames Gefühl der Unwirklichkeit und Unsicherheit zurück. Am großen Tisch zwischen Ermengarde und Jan sitzend, hörte sie ihrer Unterhaltung zu, ohne sich allzusehr einzumischen. Weshalb auch? Die Angelegenheiten Burgunds, über die sie sprachen, waren ihr so fremd geworden, daß sie nicht die geringste Spur von Interesse mehr in ihr erregten. Selbst der herzogliche Erbe, der junge Charles, Graf von Charoláis, den die Herzogin Isabelle vor einigen Monaten zur Welt gebracht hatte und den die beiden Burgunder offenbar leidenschaftlich liebten, schien sie aus ihrer Gleichgültigkeit nicht herausreißen zu können. Hier handelte es sich für sie um eine tote Welt für alle Zeiten.
    Doch wenn sie auch ihrem Gespräch wenig Aufmerksamkeit schenkte, beobachtete sie ihre beiden Gefährten nichtsdestoweniger mit scharfen Augen. Soeben noch, als sie die ihr zugewiesene Zelle verließ, um in den großen Saal zu gehen, hatte sie Josse vorgefunden, der unbeweglich in der fast völligen Dunkelheit des Kreuzganges auf sie wartete. Als sie ihn aus dem Schatten hatte treten sehen, war sie zusammengezuckt, aber er hatte sofort den Finger auf die Lippen gelegt. Dann hatte er leise gesagt: »Dieser neu angekommene Herr aus Burgund … ihn hat die edle Dame erwartet!«
    »Woher wißt Ihr das?«
    »Ich habe sie soeben im Grasgarten gehört. Nehmt Euch in acht! Er ist Euretwegen gekommen!«
    Er hatte keine Zeit, ihr mehr zu sagen, denn jetzt kam auch Ermengarde, von Gillette und Margot begleitet, die von ihrer mächtigen Persönlichkeit fasziniert schien. Cathérine hatte die weiteren Erklärungen auf später vertagt. Josse übrigens war wieder wie ein echter Geist in den Schatten getaucht. Daran dachte sie bei dem frugalen Mahl aus Kichererbsen, Milch und Äpfeln, während ihr Blick von dem langen, ruhigen Gesicht van Eycks zu dem munteren, lebhaften Ermengardes schweifte. Diese war so fröhlich, wie sie seit vielen Tagen nicht gewesen war, und Cathérine sagte sich, daß Josse sehr wohl recht haben könnte: Sie hatte den Maler erwartet. Andererseits, welchen Zusammenhang konnte dieses Treffen mit ihr, Cathérine, haben? Sie war nicht die Frau, die eine so erregende Frage lange ohne Beantwortung ließ, und als nach beendeter Mahlzeit Ermengarde, sich reckend und fürchterlich gähnend, aufstand, beschloß sie, zum Angriff überzugehen. Schließlich war der Maler bis zum Beweis des Gegenteils ihr Freund. Es würde seine Sache sein, den Beweis zu liefern!
    Als die dicke Gräfin sich anschickte, den Raum zu verlassen, und van Eyck einen Kerzenhalter ergriff, um sie zu begleiten, hielt Cathérine ihn zurück:
    »Jan! Ich möchte Euch gern sprechen!«
    »Hier?« fragte er, einen unruhigen Blick auf eine Gruppe von Bergbewohnern werfend, die, um eine Schüssel Kichererbsen

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