Cato 01 - Im Zeichen des Adlers
Aufstand anstatt durch Gewalt mittels Verhandlungen beizulegen, denn es sei töricht, eine Armee zu Beginn eines größeren Feldzugs mit der Erinnerung an blutige interne Auseinandersetzungen zu belasten. Eine Verzögerung bei der Überquerung der Meerenge zwischen Gallien und Britannien sei als Preis für die Beilegung der Meuterei in Kauf zu nehmen.
Dann folgte die Vespasians Ansicht nach schlimmere Nachricht: Die Zweite Legion würde an der ersten Invasionswelle nicht beteiligt sein. Zwei andere Legionen wurden seit mehreren Monaten für den Seekrieg ausgebildet, und ihnen sollte die Ehre zufallen, sich an Land vorzukämpfen und einen Brückenkopf für den Rest der Armee zu errichten. Vespasian wusste, dass der ganze Ruhm und das politische Kapital den Kommandanten und Offizieren der Vorauseinheiten zufallen würden, falls sich die Briten den Invasoren schon am Strand entgegenstellen sollten. Er sah eine lange Zeit der Säuberungen voraus; einen langwierigen Abnutzungskrieg, der ihm keine Lorbeeren und bloß eine Fußnote in der Geschichte des Sieges einbringen mochte, die man sich in den Straßen Roms erzählen würde.
Das hieß, nur dann, falls die Meuterei tatsächlich beigelegt werden konnte.
Als er durchs Hauptlager geritten war, um Plautius Meldung zu erstatten, hatte er den Zusammenbruch der Disziplin bei den anderen Legionen als bedrückend empfunden. Die wenigsten Soldaten, an denen er vorbeikam, hatten sich die Mühe gemacht zu salutieren, und obwohl niemand ihn ansprach, hatten ihn ihre trotzigen Blicke – mit denen sie ihn herausfordern wollten, seine Autorität geltend zu machen – in Zorn versetzt. So weit er erkennen konnte, trugen nur die Leibwächter des Oberbefehlshabers und die Offiziere noch volle Uniform und gingen ihren normalen Pflichten nach.
Vespasian wurde in das aus Holz errichtete Hauptquartier geleitet, das mitten im riesigen Heerlager lag. Narcissus saß mit General Plautius an einem großen Kartentisch. Vespasian hatte Plautius schon vor seinem Eintritt in die Armee persönlich gekannt, und die erschöpfte, niedergeschlagene Miene des Generals bestürzte ihn.
»Schön, dich wiederzusehen«, sagte Plautius lächelnd. »Es ist lange her. Mir wär’s jedoch lieber, die Umstände wären günstiger. Kennst du Narcissus bereits?«
»Nein, Herr, allerdings eilt ihm sein Ruf voraus.«
»Doch hoffentlich ein guter Ruf?«, meinte Narcissus.
Vespasian nickte und behielt seine wahre Meinung für sich.
»Ich möchte mich für den Schutz deiner Legion bedanken, Legat.«
»Werde deinen Dank an die betroffenen Männer weiterleiten, falls du ihnen nicht schon persönlich gedankt hast.«
»Sehr freundlich von dir.«
»Und jetzt deinen Bericht, Vespasian.« Plautius bedeutete ihm, Platz zu nehmen. »Wie steht’s um deine Legion?«
»Die Männer befolgen noch meine Befehle, falls du das meinst.«
»Im Moment vielleicht noch. In ein paar Tagen kann es schon ganz anders aussehen.«
»Habt ihr die Rädelsführer der Meuterei schon ausfindig gemacht?« fragte Vespasian.
»Dank Narcissus kennen wir die Namen. Tribun Aurelius, zwei Zenturionen und etwa zwanzig Legionäre. Alle wurden von dalmatinischen Legionen in die Neunte versetzt, und dementsprechend sind ihre Loyalitäten gelagert. «
»Haben sie irgendwelche Forderungen gestellt?«
»Bloß die, dass der Feldzug abgebrochen wird. Es ist ihnen gelungen, den anderen Soldaten einzureden, sie würden auf der anderen Seite des Meeres von Dämonen und Untoten erwartet.«
»Von einem Meer kann wohl kaum die Rede sein«, merkte Narcissus an. »Aber die Gerüchte üben auf Militärs nun mal eine demoralisierende Wirkung aus, Anwesende selbstverständlich ausgenommen.« Er lächelte. »Ich fürchte, wir haben es hier mit einem gut durchdachten Verrat zu tun, meine Herren. Raffinierter eingefädelt als alles, was Tribun Aurelius und seine kleine Verschwörerbande hätten in die Wege leiten können. Nun, Vespasian, der General und ich haben bereits beschlossen, diese Gruppe zu eliminieren. Zunächst aber muss ich die Namen der römischen Drahtzieher herausbekommen. Aurelius und seine Männer wurden erst dadurch entlarvt, dass meine Agenten eine für seine Auftraggeber in Rom bestimmte Nachricht abfingen. Bedauerlicherweise starb der Kurier, ehe er den Namen des Empfängers preisgeben konnte. Aber so ist das Leben – oder in diesem Falle auch nicht. Dann wäre da noch der kleine Hinterhalt, den man uns auf dem Weg von Durocortorum hierher
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