Cato 01 - Im Zeichen des Adlers
gesagt, wo eine nette kleine Schenke zu finden ist, die etwas Schmackhafteres zu bieten hat als das Gebräu der Einheimischen. Vielleicht magst du nach Beendigung deiner Wache ja mitkommen.«
»Ist das ein Befehl, Herr?«
Macro musterte ihn kühl. »Red keinen Scheiß, mein Junge. Ich will dir doch bloß helfen. Aber wenn du lieber rumhocken und schmollen willst, anstatt mit ein paar Kumpeln einen zu bechern und mal ordentlich zu vögeln, dann lass dich halt einsacken.«
Cato wusste, dass er im Unrecht war. Seine sauertöpfische Erwiderung war unbedacht gewesen, und jetzt tat es ihm Leid.
»Herr, ich weiß dein Angebot wirklich zu schätzen. Aber mir ist im Moment einfach nicht danach. Dagegen kann ich nichts machen.«
»Nichts machen?«, schnaubte Macro. »Dann sieh halt zu, wie du allein klarkommst.«
Er erhob sich, stürmte davon und sah sich noch einmal nach Cato um, bevor er sein Zelt betrat.
Während er auf den Beginn seiner Wache wartete, verdüsterte sich Catos Stimmung. Vielleicht hatte der Zenturio ja Recht? Was war das schon für eine Romanze, wenn er das Mädel nie zu sehen bekam? Außerdem war sie eine gefährliche Bekanntschaft, denn sie konnte bestätigen, dass er am fraglichen Abend im Zelt des Legaten gewesen war. Sollte sie aus irgendeinem Grund indiskret sein, würden sie beide vor Vespasian landen. Und was den anderen Mann anging, würde man ihm kaum Glauben schenken. Am besten wäre es, sie zu vergessen und sich anderen Dingen zuzuwenden. Vielleicht würde er Macro und den anderen ja doch noch in die Stadt folgen.
Kurz nach dem ersten Wachwechsel, als bis auf ein paar ganz Hartgesottene alle schliefen, entdeckte der Wachposten am Haupttor zwei Gestalten, die sich über die Straße dem Lager näherten. Er forderte sie auf, die Losung zu nennen, und als er nicht gleich Antwort bekam, senkte er den Speer und rief die Fremden abermals an.
»Immer mit der Ruhe, Soldat!«, rief jemand. »Wir sind Freunde.«
»Die Losung!« »Wir sind Freunde, hab ich gesagt! Aus dem anderen Lager.«
»Bleibt, wo ihr seid!«, rief der Wachposten, erleichtert darüber, dass die Fremden wenigstens Latein sprachen.
»Wir wollen euren Kommandanten sprechen. Wir haben eine von General Plautius unterzeichnete Passiererlaubnis dabei. Lass uns ein.«
»Nein! Bleibt, wo ihr seid.« Der stämmige Soldat trat einen Schritt zurück und zielte mit dem Speer auf die beiden kaum zehn Schritte entfernten Gestalten. Im trüben Sternenlicht sah er, dass der eine hoch gewachsen und mager und mit einem dunklen Kapuzenumhang bekleidet war. Der andere war ein Hüne von Mann und trug ein Schwert in der Scheide. »Optio! Wachhabender Optio! Komm mal rasch her!«
Das Nebentor ging auf, und der Optio trat heraus, den Mund voll Brot, das er in Wein getunkt hatte.
»Was gibt’s denn? Hoffentlich kein Scheißfehlalarm, ich bin nämlich gerade beim Essen.«
»Diese Männer wollen den Legaten sprechen.«
»Haben Sie die Losung genannt?«
»Nein, Herr.«
»Dann sag ihnen, sie sollen sich verpissen – mittlerweile solltest du die Regeln eigentlich kennen.«
»Darf ich etwas sagen?« Der große Mann trat zwei Schritte näher.
»Bleib, wo du bist, Kumpel!«, knurrte der Optio.
»Ich habe etwas mit dem Legaten zu besprechen«, beharrte der Fremde, dann zog er eine kleine Schreibtafel unter dem Umhang hervor. »Sieh nur, ich habe eine von Aulus Plautius persönlich unterzeichnete Passiererlaubnis.«
Der Optio nahm die Tafel vorsichtig entgegen und zog sich damit zum offenen Nebentor zurück, wo es hell genug war, um die Nachricht lesen zu können. Die Passiererlaubnis war in Ordnung, und der Abdruck des Siegelrings im Wachs stellte den Adler eines befehlshabenden Generals dar. Gleichwohl konnte es sich auch um eine Fälschung handeln, überlegte der Optio. Die strikten Anweisungen, denen das Kommen und Gehen an den Toren unterworfen war, deuteten zudem darauf hin, dass der Legat und die höheren Offiziere nervös waren.
Der Optio zögerte: Wer eine von Plautius persönlich unterzeichnete Passiererlaubnis bei sich trug, musste ein Mann von Rang und Namen sein. »Bitte warte hier, Herr.«
»Eure Sicherheitsvorkehrungen sind bemerkenswert«, sagte Narcissus ein wenig später, als er von Vespasian einen Becher Wein entgegennahm. »Trotz der Passiererlaubnis des Generals war es gar nicht so einfach, den Wachoffizier zu veranlassen, uns zu dir zu bringen. Eure Soldaten halten sich strikt an die Regeln.«
»Keine Regeln – keine
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