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Cato 01 - Im Zeichen des Adlers

Titel: Cato 01 - Im Zeichen des Adlers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Scarrow
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aus vollem Halse, und jemand im Publikum rief: »Ho Saturnalia! Ho Saturnalia!« Der Ruf des allgemeinen Feiertags, da sich die sozialen Rangunterschiede umkehrten, wurde von anderen aufgenommen und verbreitete sich rasch, bis alle wie aus einem Munde riefen: »Ho Saturnalia!« Währenddessen bombardierten sie die Arena mit allem, was zur Hand war.
    Als sie eine Weile »Ho Saturnalia!« gerufen hatten, merkten die Legionäre, dass Narcissus die Bühne aus gutem Grund geräumt hatte. Sodann zerstreuten sich die Männer, vereinzelt zunächst, dann strömten sie geschlossen aus dem Amphitheater und marschierten zum Hauptlager zurück.
    »Also, ich hoffe, es hat gewirkt«, sagte Plautius.
    »Eine faszinierende Übung, um den Gemeinschaftsgeist zu stärken«, meinte Vespasian. »Ich bin gespannt, ob es Narcissus gelungen ist, sie so weit zu beschämen, dass sie den Dienst wieder aufnehmen. Kannst du dir vorstellen, wie die anderen Soldaten reagieren werden, wenn sie erfahren, dass ein freigelassener Sklave so mit ihnen gesprochen hat? Aber wenn du mich jetzt entschuldigen würdest, Herr?«
    »Was? Ja, natürlich. Ganz wie du willst. Ich brauche jetzt einen Schluck Wein.«
    Vespasian eilte zu den Zelten am Rande des Amphitheaters.
    »Hat jemand den kaiserlichen Sekretär gesehen?«
    »Hier bin ich«, antwortete Narcissus und trat aus einer dunklen Ecke hervor. »Ist die Luft wieder rein?«
    »So einigermaßen!«, antwortete Vespasian lachend. »Das war schon eine bemerkenswerte Vorstellung.«
    »Danke.«
    »Ich würde dich gern etwas fragen. Gibt es eine Würdelosigkeit, für die du dir um deiner Sache willen zu schade wärst?«
    »Um meiner Sache willen? Nicht um meiner selbst willen habe ich mich dort draußen erniedrigt. Das tat ich für den Kaiser und für Rom. Eines Tages wirst auch du es lernen, Vespasian«, fuhr Narcissus bitter fort. »Eines Tages wirst du erkennen, dass der Staat allein von Bürokraten in Gang gehalten wird, die bereit sind, Scheiße zu fressen. Allein danach bemisst sich ihr Wert. Und ihr Erfolg bemisst sich danach, dass sie von Historikern niemals erwähnt werden. Du wärst gut beraten, dir das zu merken.«
    »Oh, das werde ich. Aber wie bist du auf diese Strategie verfallen?«
    »Wir leben in einem zynischen Zeitalter«, entgegnete Narcissus. »Es wäre sinnlos gewesen, an ihren Patriotismus zu appellieren, deshalb war eine andere Vorgehensweise vonnöten. Ich bete zu den Göttern, dass es gereicht hat. Glaubst du, es hat gewirkt?«
    »Das bleibt abzuwarten.«
    »Ja. Kann ich in deinem Lager übernachten?«
    »Sonst würde dich ja niemand aufnehmen«, meinte Vespasian grinsend. »Soll ich dich zum Lager eskortieren lassen?«
    »Vorher möchte ich noch mit jemandem reden. Eine gewisse Angelegenheit bedarf der Klärung. Wir sehen uns später.«
    Der kaiserliche Sekretär streifte eine Militärtunika über seine zerrissenen Kleider, dann eilte er Richtung Hauptlager davon. Vespasian begab sich zum Hauptquartier und ließ Macro holen.
    Kurz darauf nahm der Zenturio, der sich eilig angekleidet hatte, vor dem Schreibtisch des Legaten Haltung an.
    »Zenturio Macro, in Anbetracht der Fähigkeiten, die du im Felde unter Beweis gestellt hast, und deiner Diskretion hinsichtlich der Bewachung des Narcissus möchten der höchste Sekretär des Kaisers und ich dir einen Spezialauftrag erteilen, den du nach der Landung in Britannien ausführen sollst …«

    Die gelöste Atmosphäre nach den Darbietungen im Amphitheater währte bis spät in die Nacht, bis die aufständischen Soldaten die Vorräte des Heeresstützpunkts ausgetrunken hatten und sich zu ihren Unterkünften begaben, um ihren Rausch auszuschlafen. Diejenigen, die zu betrunken waren, um sich noch auf den Beinen zu halten, suchten sich einen ruhigen Winkel und ließen sich dort nieder. Und so gab es in den dunklen Stunden vor Tagesanbruch nur wenige Zeugen für die folgenden Ereignisse.
    Angeführt von Vitellius und Pulcher und begleitet von einem Wagen zog eine kleine Gruppe von Zenturionen durchs Lager und nahm Männer fest, deren Namen auf einer von Narcissus zusammengestellten Liste standen. Die meisten Opfer waren Veteranen, die gegen Ende von Augustus’ Herrschaft zu den Adlern gestoßen waren und den moralischen Niedergang erst unter Tiberius und dann unter Caligula verurteilt hatten. Die meisten waren entweder zu betrunken oder zu müde, um sich zu wehren, als man sie aus dem Zelt schleifte. Pulcher achtete darauf, dass man sie sorgfältig

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