Cato 01 - Im Zeichen des Adlers
Stadtmenschen, die hin und wieder ihre Landsitze besuchen, können ihm gute Seiten abgewinnen.«
Macro bedauerte sogleich seine unwirsche Bemerkung und tätschelte dem Optio lächelnd den Arm. »Tut mir Leid, ist mir so rausgerutscht. Ich hab im Moment halt einiges um die Ohren.«
»Was denn, Herr?«
»Das betrifft bloß die höheren Ränge. Tut mir Leid, Cato, ich kann dir erst dann Genaueres sagen, wenn wir die Legion hinter uns gelassen haben. Ich habe meine Befehle. «
»Von wem die wohl stammen mögen, frag ich mich«, sagte Cato leise. »Von unserem Kommandanten – oder etwa von Narcissus?«
»Du brauchst dich gar nicht zu bemühen – ich darf dir nichts sagen. Du wirst dich halt in Geduld üben müssen. Ich dachte eigentlich, zumindest das hättest du bei der Armee mittlerweile gelernt.«
Cato blickte stirnrunzelnd zu den Befestigungen hinüber, die über den Strand und das umliegende Land aufragten.
Bei der Befehlsausgabe hatte Vespasian die Notwendigkeit strengster Geheimhaltung betont. Von den elf Männern, die Macro für die Mission ausgewählt hatte, war allein Cato bislang eingeweiht, und selbst der Optio wusste bloß, dass er für ein gefährliches Kommandounternehmen vorgesehen war. Während Macro zu der langsam näher rückenden Küste hinüberblickte, vergegenwärtigte er sich noch einmal den Abend in Vespasians Zelt. Der Legat hatte ihn im trüben Schein einer Öllampe gemustert, während der Regen auf die Zeltleinwand prasselte.
»Du wirst auf dem Rückweg einen Wagen brauchen.«
»Jawohl, Herr.«
»Also beschaff dir einen aus den Beständen – ich lasse einen Schreiber die nötigen Befehle ausstellen.« Vespasian leerte seinen Becher und musterte den Zenturio forschend. »Du bist dir über die Wichtigkeit der Mission hoffentlich im Klaren?«
»Ja, Herr. Wo es um so viel Geld geht, brauchst du einen verlässlichen Mann, Herr.«
»So ist es.« Vespasian nickte. »Aber es geht noch um viel mehr. Der Kaiser braucht dringend jedes bisschen Gold und Silber, das er zusammenkratzen kann. Das Einzige, was ihn derzeit an der Macht hält, ist die Unterstützung der Armee und vor allem die der gierigen Halunken von der Prätorianergarde. Claudius wird sich nur so lange halten, wie die Soldaten Zuwendungen erhalten. Verstanden? «
»Ja, Herr.«
»Daher müssen wir die Truhe unbedingt finden.« Mit besonderer Betonung fuhr Vespasian fort: »Und die Männer, die du für die Aufgabe auswählst, dürfen nicht das Geringste wissen. Die Feinde des Kaisers haben vermutlich bereits Wind davon bekommen, daher dürfen wir uns keine Blöße geben. Sollte auch nur ein Wort nach draußen sickern, werdet ihr nicht die Einzigen sein, die der Truhe nachjagen. Als Erstes müsst ihr sie ausfindig machen. Ich glaube, die Einheimischen werden euch das Leben schon schwer genug machen, da sollt ihr euch nicht auch noch um Leute aus unseren eigenen Reihen Sorgen machen müssen.«
»Darf ich fragen, wegen wem ich mir Sorgen machen müsste, Herr?«
Vespasian schüttelte den Kopf. »Ich verdächtige einige deiner Waffenbrüder, habe im Moment aber noch keine Beweise.«
»Ich verstehe.« Macro wusste Bescheid. Die Mission verfolgte offenbar noch einen anderen Zweck, nämlich diejenigen Legionsangehörigen zu entlarven, die möglicherweise eine Gefahr für den Kaiser darstellten – selbst wenn dies bedeutete, dass er selbst und seine Männer als Köder herhalten mussten. »Und was geschieht, wenn … «
»Falls.«
»Falls wir auf diese Leute stoßen? Was geschieht dann, Herr?«
»Dann werdet ihr zeigen, dass ich die richtigen Männer für das Unternehmen ausgewählt habe. Ihr werdet beide Aufgaben bewältigen, und ich verspreche euch, dass weder ich noch der Kaiser uns lumpen lassen werden.«
Macro erlaubte sich, die Mundwinkel erwartungsvoll zu heben. Also war die Unternehmung äußerst gefährlich, würde sich aber auszahlen, falls alles nach Vespasians einfachem Plan verlief. Bloß war der für Macros Geschmack allzu simpel.
Er sollte einen kleinen Trupp Soldaten und einen Wagen nach Süden ins Moorgebiet bringen, zu einem Ort weit außerhalb der Reichweite der Hauptarmee. Einheimischen wie römischen Armeekundschaftern sollte er aus dem Weg gehen. Im Moor angekommen, sollte er mithilfe von Vespasians Karte einen Wagen finden, den man vor fast hundert Jahren dort versenkt hatte. Anschließend sollte er eine Truhe bergen, sie auf den Wagen laden, sie zur Legion zurückbringen und dem Legaten persönlich
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