Cato 08 - Centurio
zurück, bevor er sich umdrehte, um die Gruppe durch einen langen, weiten Saal zu führen, dessen Wände üppig mit bunten Gemälden geschmückt waren, die die Taten früherer palmyrischer
Könige verherrlichten. Am Ende des Saals befanden sich zwei große, messingbeschlagene Türflügel, die von Palastwächtern weit geöffnet wurden und in den Audienzsaal des Königs führten. Dort saß Vabathus auf seinem Thron; durch ein rundes Herrschaftspodium, zu dem eine kleine Treppe hinaufführte, war er über die Umstehenden erhoben. Davor drängten sich in ihren besten Gewändern palmyrische Adlige und die reichsten Männer der Stadt. Sie wichen vor Longinus und seinen Begleitern auseinander und zogen sich auf beide Seiten zurück. Im Audienzsaal befanden sich weitere Wächter, und diese nahmen nun so Aufstellung, dass sie mit ihren Speeren und Schilden eine breite Gasse bildeten, die zum Herrschaftspodium und zu König Vabathus führte.
Hinter dem Statthalter schaute Cato sich im Saal um. Er sah Sempronius dicht beim König stehen und blickte sich dann in der Menge um, bis er Julia entdeckte, die ein wenig abseits neben einer der vergoldeten Säulen stand. Er nickte ihr kurz zu und lächelte. Sie hob die Hand leicht zum Gruß, und ihr Gesicht strahlte bei seinem Anblick in einer Mischung aus Erleichterung und Freude auf.
Thermon führte Longinus zum Fuß der Treppe und trat dann respektvoll zur Seite, um die Eingetretenen förmlich anzukündigen.
»Majestät, hier kommen Cassius Longinus, Statthalter der römischen Provinz Syrien, seine Offiziere und Prinz Balthus.«
Der König nickte seinen Gästen zu, und es folgte eine kurze Pause, bevor er sich auf seinem Thron aufrichtete und das Wort ergriff.
»Cassius Longinus, wir heißen dich in unserem Palast
willkommen. Mir fehlen die Worte, um dir und deinen großartigen Soldaten meinen Dank auszudrücken. Ihr habt uns aus der Hand der Parther und jener Verräter in meinem Volk errettet, die ihre Stadt in die Sklaverei des Partherreichs verkaufen wollten.« Mit leicht bebender Stimme fuhr er fort: »Ich habe vernommen, dass Artaxes auf dem Schlachtfeld durch die Hand des Prinzen Balthus gestorben ist… Doch während ich um den Verlust eines weiteren Sohnes trauere, obwohl dieser mich verraten hat, erkenne ich an, dass ich mich für immer in der Schuld Roms befinde.«
Cato bemerkte, dass Balthus diese Worte nicht reglos hinnahm. Der Prinz machte ein finsteres Gesicht, und seine Lippen pressten sich zu einem Strich zusammen, als sein Vater fortfuhr:
»So groß ist meine Dankbarkeit, dass ich heute einen Vertrag mit dem Botschafter von Kaiser Claudius unterzeichnet habe. Von heute an wird Palmyra und sein Hoheitsgebiet den Status eines Klientelstaats des römischen Imperiums erhalten.« Der König hielt inne und sah seinen letzten Sohn direkt an. Einen Moment lang lag Mitleid in seinen Augen und dann traurige Resignation. »Ich verstehe durchaus, dass dieser Vertrag manchen Angehörigen meines Volkes nicht gefallen wird. Aber die Wahl, die sich uns bietet, ist die zwischen einem Bündnis mit Rom und der Eroberung durch das Partherreich.«
»Nein!« Prinz Balthus schüttelte den Kopf und zeigte dann auf seinen Vater. »Du weißt genau, was der Status eines Klientelstaates bedeutet, Vater. Wenn du einmal nicht mehr bist, wird Palmyra zur römischen Provinz. Wir verlieren unsere Unabhängigkeit. Wir werden unseren
König verlieren und unter die Knute Roms geraten.«
»Ja«, antwortete Vabathus laut. »Aber das ist der Preis, den ich bezahlen und den du akzeptieren musst.«
»Ich akzeptiere ihn aber nicht«, erwiderte Balthus hitzig. »Der König hat die Pflicht, sein Königreich zu bewahren. Alles andere wäre ein Verrat am Volk Palmyras.«
»Du sprichst zu mir von Verrat«, erklärte Vabathus eisig. »Du wagst es, mir von Verrat zu sprechen? Du, der du dein eigenes Fleisch und Blut verraten und den Tod deines Bruders Amethus befohlen hast?«
Balthus schüttelte den Kopf. »Das habe ich nicht getan! Du hast keinerlei Beweis.«
»Nein?« Vabathus drehte sich zur Seite und brüllte einen Befehl. »Bringt ihn hier raus, wo alle ihn sehen können.« Hinter dem Herrschaftspodium hörte man ein leises Schmerzgestöhn und schlurfende Schritte, und dann traten zwei der Leibwachen des Königs hervor, die ein schmutziges Bündel aus Lumpen, verschorften Wunden und Prellungen zwischen sich trugen. Sie schleppten ihre Last um das Podium herum vor den Thron und warfen sie dort
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