Cato 08 - Centurio
zum kleinen Hintereingang des Audienzsaals. Die Adligen verbeugten sich, als er vorbeikam, doch Vabathus ging, ohne sie zu beachten, mit gesenktem Blick zwischen ihnen hindurch, verschwand durch die kleine Tür und ließ die Versammelten stumm zurück.
Lange Schatten fielen über den Palasthof, wo Macro vor Cassius Longinus und dem römischen Botschafter Haltung angenommen hatte. Die beiden Senatoren saßen an einem kleinen Tisch und tranken Wasser mit etwas Limonensaft. Hinter ihnen stand ein Sklave, der ihnen
mit einem großen, aus Palmblättern geflochtenen Fächer Luft zuwedelte.
Longinus setzte seinen Becher ab und räusperte sich. »Nun, Centurio Macro, was möchtest du uns sagen?«
»Herr, es ist nicht richtig. Diese Sache mit Balthus. Der Mann hat mir das Leben gerettet, und auch das jedes einzelnen Mannes in der Entsatztruppe. Er hat in der Zitadelle und in der Schlacht gegen die Parther Seite an Seite mit uns gekämpft. Er ist ein tapferer Mann«, endete Macro mit einem energischen Nicken. »Es wäre ein Fehler, ihn wie einen Hund abschlachten zu lassen. Das ist nicht richtig, Herr.« Longinus spitzte einen Moment lang nachdenklich die Lippen. »Ich verstehe. Und du hast Recht, wir schulden ihm unseren Dank. Unter anderen Umständen käme es nicht infrage, ihn so in seinen Tod gehen zu lassen.«
Macro spürte, wie ihn bei den Worten des Statthalters ein bleiernes Gefühl des Fatalismus überkam. »Was meinst du damit, Herr? Unter anderen Umständen?«
Sempronius beugte sich vor. »Wenn ich unserem Freund hier die Lage erklären dürfte?«
Longinus stimmte mit einer herablassenden Geste zu. »Gerne.«
Der Botschafter blickte Macro an und lächelte traurig. »Ich habe keinen Zweifel, dass das, was du über den Prinzen sagst, stimmt.«
»Und warum muss er dann sterben?«, fragte Macro eigensinnig.
»Es ist politisch notwendig, das ist der Grund. Rom muss Palmyra zu einem Klientelstaat machen. Wir brauchen
dieses Abkommen, und Vabathus braucht es auch. Für Balthus gibt es in diesem neuen Arrangement keinen Platz. Er kann nicht mehr Herrscher Palmyras werden. Balthus weiß das und würde genauso sicher, wie der Sommer dem Frühjahr folgt, Artaxes’ Beispiel folgen und Ränke gegen seinen Vater schmieden. Warum sonst hätte er seinen anderen Bruder ermorden lassen? Er hat sich den Weg zum Thron freigeräumt.« Sempronius machte eine kurze Pause, um seine Worte wirken zu lassen. »Es tut mir leid, Centurio. Es lässt sich nicht ändern. Prinz Balthus mag ja Seite an Seite mit euch gekämpft haben und ein tapferer Mann sein. Aber er ist auch skrupellos und ehrgeizig, und wenn er am Leben bliebe, würde es in Palmyra keinen Frieden geben. Daher wird Prinz Balthus morgen früh hingerichtet.«
Macro spürte, wie eine Woge der Bitterkeit in ihm aufstieg, und er brauchte seine ganze Selbstbeherrschung, um seinen Zorn herunterzuschlucken. Er sah die beiden Männer verächtlich an. »Es ist politisch notwendig, sagst du. Das ist ein schöner Euphemismus, Herr. Aus meiner Sicht sieht es einfach wie Mord aus.«
Longinus stellte seinen Becher heftig ab. »Jetzt aber mal halblang, Centurio. Ich habe deine Unverschämtheiten satt. Ich hätte nicht übel Lust …«
»Macro hat Recht«, unterbrach ihn Sempronius. »Lässt man die Schönfärberei weg, ist es schlicht und ergreifend Mord. Das lässt sich nicht kaschieren. Aber das ändert nichts an der Sache, Centurio. Zum Besten aller muss Balthus beseitigt werden …« Der Botschafter lächelte selbstkritisch. »Er muss sterben. Es gibt keine Alternative. Verstehst du?«
»Ja.«
»Gut. Dann ist da noch ein Letztes.« Sempronius griff in eine Tasche, die neben seinem Hocker auf dem Boden lag, und holte ein gefaltetes Dokument heraus, auf dem das kaiserliche Siegel zu sehen war. »Der kaiserliche Bote hat dieses Schreiben hier gestern zusammen mit den anderen Botschaften gebracht. Es ist an dich und Cato adressiert.«
Macro nahm den Brief entgegen und warf einen Blick auf die Worte unter dem Siegel. »Von Narcissus, dem kaiserlichen Sekretär. Das können nur schlechte Nachrichten sein.«
Sempronius lachte, und nach einem Moment fiel Macro mit ein. »Na ja, ich lese es besser durch und suche Cato.«
»Ja.« Sempronius nickte und lächelte dann belustigt über etwas, das ihm durch den Kopf ging. »Ich könnte mir denken, dass du diesen bemerkenswerten jungen Mann im Garten des Königs findest.«
»Cato! Cato! Wo bist du?«
Macro ging durch die
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