Cato 08 - Centurio
pflegten uns dort zu verstecken, wenn wir einer Bestrafung entgehen wollten.«
»Wie unartig von euch«, sagte Macro. »Und wann hast du diesen Tunnel zum letzten Mal benutzt?«
»Das ist zehn Jahre her.« Balthus spitzte die Lippen. »Vielleicht auch länger.«
»Ich verstehe. Es gibt also keine Garantie, dass er seitdem nicht versperrt oder aufgefüllt worden ist?«
»Soweit ich weiß, ist er immer noch da.«
»Und wenn nicht?«, fragte Cato.
»Dann müssen wir es mit einem anderen Weg versuchen.«
»Nun gut.« Cato nickte. »Damit werden wir uns befassen, wenn es so weit ist.«
Macro schüttelte den Kopf. »Das ist Wahnsinn.«
»Mag sein«, räumte Cato ein. »Aber manchmal ist Wahnsinn alles, was einem bleibt.«
»Ach, wie unglaublich weise.«
Cato zuckte mit den Schultern und wandte sich an den Sklaven des Prinzen. »Wo ist die Botschaft?«
Balthus holte eine Wachstafel unter seinen Gewändern hervor und reichte sie Cato. »Hier.«
»Ist der Text auch ausreichend klar?«, fragte Cato seinen Freund.
Macro lächelte. »Darin steht alles Nötige. Keine Überraschungen.«
»Gut«, antwortete Cato und steckte die Wachstafel in seinen Proviantbeutel. Dann legte er Helm, Umhang und Panzer ab und reichte die Sachen Macro, bevor er sich bückte, um seine versilberten Beinschienen abzunehmen. Als er die Gewänder angelegt und das Band um seine Kopfbedeckung befestigt hatte, sah er nicht mehr ganz so römisch aus, und er hoffte, dass er als Untertan Palmyras durchgehen würde – zumindest im Dunkeln.
Später am Abend, die Sonne sank schon dem Horizont entgegen, saßen Cato und Macro ein kleines Stück über den anderen Männern am Hang. Fast unmittelbar nachdem er sich gegen einen Felsblock gelehnt hatte, schlief Macro ein. Sein Kopf sank auf die Brust, und er begann zu schnarchen. Cato konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen. Er konnte vor einer gefährlichen Mission niemals schlafen, so müde er körperlich auch sein mochte, und die unterschiedlichsten Gedanken schwirrten ihm dann durch den Kopf. Jetzt, da der erste Nervenkitzel sich gelegt hatte, stellte Cato fest, dass er zitterte und dass sein Knie in einem hektischen Rhythmus zuckte. Er sah es überrascht an und musste sich zwingen, den nervösen Tick abzustellen.
Dann stieg ohne ersichtlichen Grund das Bild des Mannes, den er verwundet hatte, vor seinem inneren Auge auf. Ganz genau sah er den Ausdruck der Bestürzung vor sich, der in Primus’ Gesicht getreten war, als die Klinge sich tief in dessen Schulter gebohrt hatte. Primus hatte am
Vortag das Bewusstsein verloren und war gestorben. Man hatte ihn in der Wüste unter einem Haufen Steine bestattet, damit nicht wilde Tiere seinen Leichnam ausgruben. Cato hatte ihn seit der Nacht des Kampfes nicht mehr gesehen, und doch wurde er von dem Bild des Mannes verfolgt, den er verwundet hatte. Schließlich ertrug er es nicht länger und stieß Macro an.
»He, wach auf.«
»Hmmm?«, murmelte Macro, schmatzte mit den Lippen und drehte sich leicht von Cato weg. »Verpiss dich, ich schlafe.«
»Nein, du schläfst gar nicht. Komm schon, wach auf. Ich muss mit dir reden. Herr?« Cato schüttelte ihn sanft an der Schulter.
Macro rührte sich, blinzelte und stemmte sich vom Fels hoch, wobei er zusammenzuckte, weil sein Rücken steif geworden war. »Was ist denn, Cato?«
Jetzt, da er die Aufmerksamkeit seines Freundes hatte, wusste Cato nicht recht, wie er anfangen sollte. Er schluckte nervös. »Neulich nachts ist etwas geschehen. Bei dem Hinterhalt für die berittenen Bogenschützen. Etwas, wovon ich dir nicht erzählt habe.«
»Aha. Was denn?«
Cato atmete tief durch und zwang sich zu dem Geständnis. »Während des Kampfs habe ich … habe ich einen meiner Männer verwundet. Ich habe ihn mit dem Schwert durchbohrt.«
Macro starrte ihn einen Moment lang an und rieb sich dann die Augen. »Du hast was getan?«
»Ich habe einen meiner Hilfssoldaten verwundet.«
»Ist der Mann tot?«
»Ja.«
»Hat er dich erkannt?«
»Ja.« Cato erinnerte sich an den anklagenden Blick des Mannes und schüttelte die Erinnerung mühsam ab. »Da bin ich mir sicher.«
»Hat er irgendjemandem davon erzählt?«
»Das weiß ich nicht.«
»Hm. Unangenehm. Normalerweise wäre es einfach eine dieser Sachen, die eben passieren. In der Hitze des Gefechts kommt es eben manchmal zu Unfällen, vor allem nachts. Aber trotzdem muss man Rechenschaft darüber ablegen. Falls es zu irgendeiner Untersuchung kommt, wird sich das in
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