Cato 09 - Gladiator
den Gladiator und dessen Gefolge jeden Moment wieder in den Blick bekommen würde. Als sie einfach nicht auftauchen wollten, kam Cato ein schrecklicher Verdacht. Von einer kleinen Anhöhe aus konnten sie den Rest der Halbinsel überblicken.
»Scheiße!«, zischte er zwischen den Zähnen hindurch.
»Wo zum Hades sind sie abgeblieben?«, knurrte Macro. »Wie konnte es passieren, dass wir sie verfehlt haben? Wie kann das sein?«
»Sie müssen irgendwo abgebogen sein.« Cato fluchte. »Wir müssen umkehren.«
Er riss das Pferd herum und trabte den Weg zurück, den sie gekommen waren. Nach einer Viertelmeile hatte er entdeckt, wonach er gesucht hatte; zuvor waren sie achtlos daran vorbeigaloppiert. Ein schmaler Pfad zweigte vom Weg ab und schlängelte sich den Hang hinunter. Sie bogen vom Hauptweg ab und ritten zwischen Felsen und verkümmerten Bäumen her. In der Tiefe hörten sie das gedämpfte Donnern und Tosen der Brandung. Auf einmal mündete der Weg auf eine kleine Felsklippe und führte dann steil zu einem schmalen Strand hinunter.
Cato hörte Stimmen und leises Waffengeklirr. In einigen Hundert Fuß Entfernung vom Strand machte er den Umriss eines kleineren römischen Kriegsschiffs aus, eine Liburne. Ein paar Boote drängten sich um das Schiff. Cato begriff sogleich, was da vor sich ging.
»Mist, das Kriegsschiff ist auf Grund gelaufen. Die Aufständischen versuchen, es zu entern.«
Sie trieben die Pferde den Pfad hinunter. Kurz darauf hatten sie den schmalen Sandstreifen erreicht. Der Strand war nur etwa hundert Schritte lang, und am Fuße der Klippen standen ein paar verlassene Hütten. Ihre Pferde hatten die Aufständischen am Wasser stehen gelassen. Auch ein paar Boote waren zurückgeblieben. Die beiden Römer schwangen sich aus dem Sattel und liefen darauf zu. In keinem der Boote fand sich ein Segel, nur Ruder. Cato legte die Hände auf die Reling des ersten Bootes.
»Hilf mir!«
Er stemmte die Beine in die Brandung und zog das Boot ins Wasser, während Macro an der anderen Seite mithalf. Das Boot rutschte über den Sand, bis es von einer kleinen Welle angehoben wurde und freikam. Sie schoben es noch ein Stück weiter, bis ihnen das Wasser zur Hüfte reichte, dann kletterten sie hinein. Als Cato die Ruder einlegte und Macro sich am Heck niedersinken ließ, flaute der Kampfeslärm ab. Während der Morgen über der Bucht dämmerte, setzte Cato sich auf die mittlere Bank und begann, zu der Liburne zu rudern. Wenn das Kriegsschiff auf Grund lag, saßen die Aufständischen fest.
Cato wusste, dass er und Macro mit dem sicheren Tod rechnen mussten, wenn sie das Schiff erreichten. Er konnte nur hoffen, dass sie wenigstens den Gladiator töten würden, bevor man sie niedermachte, und dass Julia in dem Durcheinander fliehen konnte. Er warf einen Blick über die Schulter und stellte fest, dass sie die Liburne fast erreicht hatten. Auf einmal erstarrte er und sah genauer hin. Das Schiff hob und senkte sich in der Dünung.
»Du hast doch gemeint, es wäre aufgelaufen«, sagte Macro.
»Das war es auch. Offenbar hat die Besatzung es in dem Moment freibekommen, als die Aufständischen an Bord kamen.«
Die Besatzung war vermutlich schon tot, und die Männer an den Rudern hörten auf Ajax’ Befehl. Cato legte sich noch einmal kräftig ins Zeug, doch er war kein guter Ruderer, und aufgrund der Dünung blieb er mit den Ruderblättern im Wasser hängen und hebelte einmal sogar ein Ruder aus der Halterung.
Als sie nur noch fünfzig Fuß von der Liburne entfernt waren, bemerkte Macro, dass die langen, dunklen Ruderblätter des Kriegsschiffs sich ins Wasser senkten. Sie taten einen Schlag, schwenkten zurück und tauchten erneut ins Meer, während das schlanke Schiff sich in Bewegung setzte.
»Sie nehmen Fahrt auf«, sagte er leise.
»Nein!«, ächzte Cato und mobilisierte seine letzten Kräfte. »Nein. Bei den Göttern, das darf nicht sein.«
Die Liburne wurde stetig schneller und schwenkte in die Bucht von Olous hinaus, wobei der Abstand größer wurde. Cato ruderte mit schmerzenden Armen verzweifelt weiter. Der Umriss der Liburne verkürzte sich perspektivisch, als sie ihm das Heck zuwandte. Ihm wurde klar, dass er nicht mehr die geringste Aussicht hatte, das Schiff einzuholen. Er ließ die Ruder sinken, richtete sich auf, drehte sich um, stellte die Beine auseinander, legte die Hände trichterförmig an den Mund und rief: »Julia! … Julia!«
Nach einer Weile hörte er sie rufen: »Cato! Hilf mir!«
Dann
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