Cato 10 - Die Legion
hältst es für eine schlechte Entscheidung, dass wir uns hier verschanzen, mein Freund.«
Karim spitzte die Lippen. »Das habe nicht ich zu entscheiden. Du befiehlst, ich folge.«
»Das stimmt. Ich habe meine Gründe, hierzubleiben.« Ajax zeigte auf eine Gruppe von Offizieren, die auf einem kleinen Hügel standen. »Sie sind dort, die beiden Männer, die ich mehr als alles in der Welt töten will.«
»Bist du dir sicher, dass sie es sind?«
»Ich habe sie mit eigenen Augen gesehen. Ich habe sie nach mir rufen hören.« Ajax knirschte mit den Zähnen. »Ich hätte mich sofort auf sie geworfen, hätte sich die Gelegenheit geboten, ihnen Mann gegen Mann gegenüberzutreten.« Er sah zu den feindlichen Offizieren in der Ferne hinüber. Ihre Helmbüsche und glänzenden Brustpanzer schimmerten im Schein eines nahen Feuers, dessen Flammen von den getrockneten Palmblättern hochloderte, die als Anzündematerial dienten.
»Du kannst dir sicher sein: Wenn die Römer angreifen, werden diese beiden ihre Männer anführen. Und ich werde auf sie warten.« Er wandte sich Karim zu. »Vielleicht ist es ganz gut, dass wir hier in diesem Tempel festsitzen. Jetzt gibt es keine Rückzugsmöglichkeit mehr für uns. Wir halten so lange durch, wie wir können, und dann wird sich mir die Gelegenheit bieten, meinen Feinden gegenüberzutreten. Sie werden von meiner Hand sterben. Beide.«
»Und wir werden mit ihnen sterben«, setzte Karim leise hinzu. »Du, ich, die Männer, die dir seit den ersten Tagen des Aufstands gefolgt sind, und unsere arabischen Verbündeten. Ist das die beste Art, Rom zu trotzen, General?«
Ajax fuhr sich langsam mit der Hand durch die dichten Locken. Sein Haar war länger, als ihm lieb war. Er zog einen kurzen Schnitt vor. Gerade lang genug, um den von seiner Kopfhaut rinnenden Schweiß aufzusaugen, damit er ihm beim Kampf nicht in die Stirn tropfte. Er seufzte. »Allmählich bin ich es müde, Rom zu trotzen. Immer auf der Flucht zu sein und mich ständig nach Verfolgern umschauen zu müssen. Es kommt die Zeit, da das Beutetier sich dem Jäger stellen muss. Dann gibt es eine letzte Chance, sinnvoll und in Würde zu sterben. Vielleicht ist diese Zeit jetzt gekommen. In diesem Fall werde ich so viele Römer töten, wie ich nur kann, solange noch Atem in mir ist. Wenn die Götter mir gewogen sind, werde ich auch Macro und Cato töten.« Ajax blickte seinen Freund an und ergriff ihn beim Arm. »Ist das ein so schlechtes Ende? Stehend mit dem Schwert in der Hand zu sterben, die Kameraden – deine Freunde – an deiner Seite?«
Karim nickte ernst. »Besser als ein Sklavendasein führen zu müssen, mein General.«
»Das ist kein Leben«, gab Ajax zurück. »Sondern nur ein Dahinvegetieren.«
Wieder ertönte eine Folge von Aufschlägen. Die feindlichen Bolzenwerfer zerstörten die Lehmziegelmauer noch stärker, und mit lautem Gepolter gab ein großer Abschnitt nach und stürzte in einer wirbelnden Staubwolke auf das Tempelgelände. Es folgte eine kurze Pause, dann ertönte aus den römischen Reihen ein blechern klingender Signalruf. Die Ballisten stellten den Beschuss ein. Das Signal ertönte von Neuem, und eine Kolonne von Legionären formierte sich rasch gerade außer Bogenschussweite des Tempels. Acht Mann standen in zwanzig Reihen gestaffelt nebeneinander. Das musste die Erste Kohorte der Legion sein, vermutete Ajax. Die stärkste Einheit, die dem Befehlshaber der römischen Armee zur Verfügung stand. Eine Handvoll Offiziere löste sich aus der Gruppe, die die Verteidigungsanlagen des Tempels begutachtet hatte, und schloss sich der Kolonne an. Dank seines Spions in der römischen Armee wusste Ajax, dass Macro die Erste Kohorte befehligte, und er betete inständig, dass Cato bei dem Angriff auf den Tempel an seiner Seite kämpfen würde.
Ajax wandte sich Karim zu. »Gib den Befehl weiter. Die Römer haben eine Bresche geschlagen und rücken heran. Die Bogenschützen sollen sich bereit machen, unseren Freunden einen herzlichen Empfang zu bereiten.«
Karim nickte. »Jawohl, mein General.«
Karim eilte zur Treppe, die vom Pylon hinunterführte, und Ajax winkte die Araber herbei, die in achtungsvoller Entfernung von ihrem Befehlshaber auf der anderen Seite der Plattform standen. Sie kamen herüber, und er zeigte auf die römische Kolonne. Ihr Anführer bedeutete mit einem Nicken, dass er verstanden hatte. Seine Lippen öffneten sich und zeigten glänzende Zähne. Gleich darauf drang Karims Stimme von unten zu
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