Cato 11 - Die Garde
Knauf des Schwertes, das er unter der Toga trug.
»Was machst du da ?« Macro musterte ihn entgeistert. »Man könnte meinen, du hättest dir bei einem besonders üblen Flittchen die Krätze geholt .«
»Das ist nur diese blöde Toga .«
»Mann, manchmal bist du wirklich ein hoffnungsloser Fall .« Macro schüttelte den Kopf. »Warte, ich richte dir das, bevor sich noch alles verheddert .« Er zog einen Teil des Kleidungsstücks über die Schulter hoch und schlug es über den linken Arm seines Freundes. »So macht man das .«
»Danke … Aber das Ding ist trotzdem lächerlich .«
»Na, wenn es jemand schafft, darin lächerlich zu wirken, dann du .« Macro schaute sich um. Tigellinus und die anderen hatten ihre Posten bezogen und drehten ihre Runden so unauffällig wie Zivilisten, die sich der Umgebung erfreuten. »Das also ist unsere Aufgabe? Wir sollen fünf Stunden lang herumlatschen? Wie sollen wir auf diese Weise die Verschwörung aufdecken, wie Narcissus es uns aufgetragen hat ?«
»Keine Ahnung. Wir sperren halt Augen und Ohren auf .«
Die Sonne kletterte höher, und es kam ein leichter Wind auf, der im Laub der Bäume spielte und den Rauch der Kochfeuer mit sich forttrug. Trotz des guten Wetters und der friedlichen Umgebung machte Cato sich Sorgen. Es war zwar nicht zu übersehen, dass die Autorität des Kaisers im Schwinden begriffen war, doch bislang gab es kaum Anzeichen für eine Verschwörung. Getas strenges Ausbildungsregime war genau das, was er von einem guten Befehlshaber erwartete. Und seit ihrer Ankunft im Prätorianerlager hatten sie auch keine Anzeichen ungebührlichen Reichtums festgestellt. Heute hatten sie das erste Mal Gelegenheit, das umzusetzen, was Tigellinus ihnen beigebracht hatte. Cato dachte einen Moment über den Optio nach. Von anderen Gardisten aus Lurcos Centurie hatte er erfahren, dass Tigellinus vor gut einem Jahr zu den Prätorianern gekommen war, nachdem man ihn zusammen mit einigen anderen Personen, die es sich mit Messalina verscherzt hatten, aus der Verbannung geholt hatte. Die meisten waren Freunde oder Bedienstete Agrippinas, die von ihrem Vorgänger hingerichtet worden war. Was Tigellinus sich zuvor hatte zuschulden kommen lassen, war nicht bekannt.
Plötzlich vernahm Cato Stimmen. Er wandte sich zur Kolonnade um und erblickte einen gebeugten, weißhaarigen Mann in einem Umhang, der zwei Knaben zu dem von einer Hecke eingefassten Teich geleitete. Einer der Knaben wirkte mit seinen schlaksigen Gliedmaßen und seinem dunklen Lockenkopf schon wie ein Jugendlicher. Der andere war ein paar Jahre jünger, kräftig gebaut und hatte blondes Haar. Er hing ein paar Schritte zurück und hatte den Blick gesenkt und die Hände hinter dem Rücken verschränkt, als wäre er in Gedanken versunken.
Der alte Mann blickte sich um und rief mit dünner, schriller Stimme: »Komm her, Britannicus! Du sollst nicht trödeln .«
»Ha !« , rief der ältere Junge mit höhnischem Grinsen. »Komm schon, kleiner Bruder !«
Britannicus schaute finster drein, wurde aber nicht schneller.
»Achtung « , murmelte Cato. »Wir haben Gesellschaft bekommen .«
Sie nahmen in dem abgetrennten Bereich beiderseits des Eingangs Haltung an und blickten starr vor sich hin. Der Kies knirschte leise unter ihren Füßen, als der Mann mit den beiden Knaben durch die Öffnung in der akkurat geschnittenen Hecke trat. Ohne die beiden Wachen zu beachten gingen sie zum Teich. Der alte Mann setzte sich auf eine Bank und zeigte zum Teichufer.
»Setzt euch dorthin. Lasst mich mal nachdenken .« Er wackelte mit dem knotigen Zeigefinger. »Ah, ja! Wir wollten über eure Pflichten sprechen .«
»Langweilig « , meinte der ältere Junge. »Warum können wir nicht über etwas Wichtigeres reden ?«
»Weil dein Adoptivvater möchte, dass du dir deiner Verpflichtungen bewusst wirst, Nero. Deshalb .«
»Aber ich möchte lieber über Poesie sprechen .« Seine Stimme klang quengelnd und ein wenig belegt. Jetzt, da sie miteinander beschäftigt waren, riskierte Cato einen Blick auf den Lehrer und seine beiden Schüler. Nero machte mit seinem schwach ausgeprägten Kinn und seinem Schmollmund einen etwas weibischen Eindruck. Seine dunklen Augen waren ausdrucksvoll, und er musterte seinen Lehrer mit großer Aufmerksamkeit. Britannicus saß ein Stück entfernt, hatte den Kopf auf die Hände gestützt und schaute desinteressiert auf den Kiesboden. Der Lehrer kam Cato irgendwie bekannt vor, und auf einmal erinnerte er sich wieder.
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