Cato 11 - Die Garde
Stiefbruder nach. Als das Geräusch der Schritte verklungen war, wandte Macro sich Cato zu und blies die Wangen auf.
»Puh, ein seltsamer Bursche, dieser Britannicus. Ein alter Mann im Körper eines Knaben. So einer ist mir noch nicht untergekommen .«
Cato nickte. Der Knabe hatte etwas Verstörendes an sich. Etwas, wovon Cato ganz kalt geworden war. Britannicus wirkte vollkommen berechnend, und Cato hatte nicht den geringsten Zweifel, dass es ihm ernst gewesen war, als er gemeint hatte, er werde Nero beizeiten töten. Er hatte bestimmt seine Unterstützer – Männer wie Narcissus, die sich ihren Einfluss bewahren wollten, wenn Claudius ins Schattenreich einging. Dann aber hätte es der kaiserliche Sekretär mit einem jungen Kaiser zu tun, der weit intelligenter wäre als der amtierende. Britannicus hätte seinen eigenen Kopf. Aber was ging darin vor?, fragte sich Cato. Eurayleus hatte nicht ganz unrecht gehabt. Klugheit war eine Sache. Aber wenn es an Weisheit und Mitgefühl fehlte, konnte am Ende eine grausame Tyrannei der Vernunft dabei herauskommen, die für Rom ebenso verderblich wäre wie Caligulas Wahnsinn. Trotz seiner Jugend war Britannicus bereits jemand, mit dem man rechnen musste.
»Was hältst du von dem anderen ?« , fragte Macro. »Diesem Nero ?«
»Hat auf mich einen harmlosen Eindruck gemacht. Ist vielleicht ein bisschen abgehoben, hat aber das Herz am rechten Fleck .«
»Seh ich auch so. Und er ist beliebt bei der Prätorianergarde .«
»Ja .« Nero vermochte die Menschen für sich einzunehmen. Beim unvermeidlichen Nachfolgekampf würde dies gegenüber seinem schlauen, aber auch kaltherzigen Stiefbruder einen beträchtlichen Vorteil darstellen. Auf einmal wurde Cato schwer ums Herz. Beide Knaben waren noch nicht bereit, die Nachfolge anzutreten. Es würde noch Jahre dauern, bis sie über ausreichend Erfahrung verfügten, um klug regieren zu können. Aus diesem Grund war es von entscheidender Bedeutung, dass die Ordnung und Stabilität von Claudius’ Herrschaft so lange wie möglich währten. Wenn Rom einem der beiden Knaben in die Hände fiele, wäre dies ebenso bedrohlich wie die Barbarenhorden, die jenseits der Reichsgrenzen auf ihre Chance warteten.
Kapitel 9
D er Tag vor den Spielen zur Feier der Thronbesteigung war Vorbereitungen vorbehalten. Auf dem Paradegelände außerhalb des Lagers hatte man eine provisorische Arena errichtet. Als die Arbeiter ihr Werkzeug eingepackt hatten und gegangen waren, erhielt eine Prätorianerkohorte den Auftrag, die Stützpfosten zu streichen und die Kaiserloge mit Girlanden aus Eichenlaub zu schmücken. Ein großer purpurfarbener Baldachin wurde über der Loge errichtet, um den Kaiser und dessen Familie vor der Witterung zu schützen. Auf die Vorderseite malten einige Prätorianer, die künstlerisch begabter waren als ihre Kameraden, ein großes Bild, das Gardisten zeigte, die dem Kaiser am Tag seiner Ernennung zujubelten. Ein weiteres Bild stellte den Kaiser dar, wie er den Soldaten zum Dank für die ihm erwiesene Loyalität Goldmünzen überreichte.
Dies alles war am Abend des fünfundzwanzigsten Januartages fertiggestellt. Hinter der niedrigen Barriere fanden alle Soldaten des Lagers Platz. Der Kaiserloge gegenüber befand sich ein großer Einlass für die Teilnehmer der Spiele, an den Seiten gab es kleinere Ausgänge, durch die man die Verletzten und Toten von dem mit frischem Sand bestreuten Paradegelände abtransportieren konnte. In den Gängen und Kolonnaden des Hauptquartiers, wo das abendliche Festmahl stattfinden sollte, standen Tische und Sitzbänke. Zahlreiche Wagen brachten Brot, Sülzfleisch, Käse, Obst und Wein aus dem Umland ins Lager, und die Vorräte wurden unter den aufmerksamen Blicken der Unteroffiziere, die darauf achteten, dass niemand etwas entwendete, in die Lagerräume gebracht.
Als es Nacht geworden war, betraten Macro und Cato das Dampfbad des Badehauses. Sie wechselten ein paar Bemerkungen mit ihren neuen Kameraden, dann setzten sie sich auf eine Bank in der Ecke, wo die anderen Schwitzenden ihre Unterhaltung nicht belauschen konnten. Einige Männer unterhielten sich, die meisten aber saßen schweigend da, während der Schweiß in Strömen an ihnen herunterfloss.
Ein Tropfen fiel von Macros buschiger linker Braue herab und veranlasste ihn zu zwinkern. Er wischte sich mit dem Unterarm den Schweiß von der Stirn und blickte Cato an. Sein Freund starrte gedankenversunken auf den Mosaikboden. Früher am Tag hatte Cato die
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