Catwalk in den Tod
Akupunkturvereinigung in Hongkong. Daneben Post vom Heilpraktiker-Verband und zwischendrin ein Umschlag. »Children’s Defence« firmiert als Absender. Darin ein paar Steckbriefe von Kindern. Also doch eine Gute? Eine Verbündete wäre jetzt nicht schlecht, aber warum steht auf dem Umschlag nicht ihre Adresse, sondern die von einem Dr. Sato aus Norwegen?
Plötzlich klingelt das Telefon und der Anrufbeantworter springt an.
»Sheila, wir brauchen dich«, sagt eine Stimme. »Ruf zurück.«
*
Drei Uhr in der Nacht. Über Pöseldorf steht die Luft und der Mond hat sich hinter einen Tüllvorhang geschoben. Die Fenster der Fabriketage sind mit schwarzen Pappen zugestellt. In den Schlitzen neben den Fensterrahmen zucken Lichtblitze auf. Vor dem Haus parkt ein schwarzer Lieferwagen mit getönten Scheiben.
Drüben schlägt die Turmglocke von St. Johannis.
Und Omen friert. Ist nichts, wenn man sich nicht in der gewohnten Kleidung bewegen darf. Plötzlich biegt ein schwarzer Jaguar in die Milchstraße.
Ich drücke mich hinter den efeuumwucherten Brunnen.
Höhler springt als Erster aus dem Auto.
»Scheiß auf den Vertrag«, sagt er. »Wir hatten eine Abmachung. Morgens um sieben Uhr ist das Studio wieder sauber.«
»Wer hält sich denn hier nicht an unsere Abmachung?« Einer der Belgier, den ich auch schon auf dem Agenturfest gesehen habe, legt seine Arme auf das Autodach.
Auch die beiden Schränke, die aussehen, als hätte man sie aus einem ganz miesen Mafiafilm geklaut, wälzen sich aus dem Auto.
Höhler gibt seinen Code in die Schließanlage und verschwindet im Innern. Die drei Belgier folgen.
Und auch Omen kann seinen Fuß gerade noch in die Tür schieben.
Im Eingangsbereich ist niemand zu sehen. Der Brunnen plätschert munter vor sich hin. Nur die elektrische Sonne ist gerade untergegangen.
Die Tür zum großen Studio lässt sich öffnen. In der Mitte steht jetzt das große Bett, das ich auch schon von der CD kenne. Ein Fotograf und ein Mann mit einer Videokamera dirigieren das Paar durch die lilafarbenen Laken.
»Und jetzt machen wir noch eine Sandwicheinstellung. Wo ist der andere Darsteller?«
Adrien steht etwas abseits. Eine der Frauen sieht zu ihm herüber. Er lächelt ihr zu.
Hinter mir brummt etwas und schon werde ich wortlos von einem dieser Riesen in das Studio geschoben.
»Welch netter Besuch«, sagt der Belgier.
Dumm gelaufen für Omen. Höhler ist weit und breit nicht zu sehen. Hat sich wahrscheinlich in sein aufgeräumtes Büro zurückgezogen und sortiert Zahlen.
»Womit können wir dienen?«, fragt der Belgier.
»Ich war zufällig in der Nähe.«
»Zufällig.«
Einer der Bodyguards tritt auf Adrien zu und flüstert ihm etwas ins Ohr.
»Sie sind also tatsächlich allein gekommen.«
Einer der Leute findet den Zeitungsartikel in meiner Tasche. Adrien wirft einen kurzen Blick darauf.
»Ach, ein Privatschnüffler. Und ein dummer dazu. So ganz ohne Flankenschutz?«
»Ich suche nur ein paar Kinder, mehr nicht«, sage ich. »Würde gerne verhindern, dass sie auch noch in die Alster entsorgt werden.«
Adrien nickt mir gütig zu.
»Ja«, sagt er, »einer unserer Stars ist uns abhandengekommen.«
»Maria.«
»Estefania«, sagt der Belgier.
So also heißt du wirklich. Allerdings, wenn man erst mal tot ist, hilft ein neuer Name auch nichts mehr.
»Also, was wollen Sie?« Er ist wieder ganz Geschäftsmann.
»Menschenraub gehört nicht gerade zu den feinen hanseatischen Kaufmannstätigkeiten.«
»Es ist ein Geschäft. Wir haben die Damen nur übernommen. Wir sind so eine Art Dienstleister. Bringen zusammen, wer zusammenkommen möchte.«
»Da kann man ihnen ja dankbar sein.«
»Was wollen Sie. Für einige ist das die Chance auf die große weite Welt.«
»Nobel.«
»Die kommen endlich aus ihrem kleinen Kaff raus, verdienen Geld.«
»Wollen Sie sagen, dass sie freiwillig ...«
»Manchmal braucht es eben einen kleinen Anstoß. Menschen sind träge. Das müssten Sie doch wissen.«
»Und Sie sind der Retter?«
»Das ist eine Win-Win-Situation. Alle haben etwas davon. Mit dem Geld ernähren die ihre ganze Familie.«
»Von Überweisungen der verschwundenen Mädchen habe ich noch nichts gehört.«
»Das Geld kommt auf Umwegen in die Familien.«
»Aber warum Frauen aus diesem kleinen Kaff. Warum nicht aus Mexiko-Stadt. Bei 30 Millionen Einwohnern fällt das doch gar nicht auf.«
»Wir haben nur erstklassige Ware. Keine aidsverseuchten Nutten von der Straße. Keine Schrammen,
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