Centurio der XIX Legion: Historischer Roman (German Edition)
in einer halben Stunde wird dich eine hübsche Nubierin massieren!“
Lucius biss die Zähne zusammen, rappelte sich auf und torkelte weiter den Hügel hinab.
Nie wieder auf dem Hof arbeiten, nie wieder auf dem Hof arbeiten, hämmerte es in seinem Schädel. Um den Baum, den Hügel wieder hinauf. Ignoriere einfach diesen Schweinehund neben dir. Beachte ihn einfach nicht.
Weiter, einen Schritt, noch einen Schritt, da war die Hügelkuppe. Abstieg. Er glaubte, ersticken zu müssen. Aber er erstickte nicht. Er taumelte und stolperte den Hügel abwärts. Um den Baum, wieder zum Hügel, Aufstieg, Hügelkuppe, Abstieg. Er rutschte aus, hielt sich aber aufrecht. Er kam unten an, kehrt, Aufstieg. Die Beschimpfungen und Verhöhnungen von Vulso nahm er nicht mehr wahr. Abstieg, Kampf ums Gleichgewicht, da war der Baum, er rang nach Luft, ihm wurde schwarz vor Augen, aber er stolperte weiter.
Wieder Abstieg, da war der Ausgangspunkt, kehrt, wieder Aufstieg. Er rutschte aus und fiel erneut hin. Er rang verzweifelt nach Luft und röchelte.
Vulso kniete sich wieder neben ihn: „Gib auf, Marcellus, du kannst kein Centurio werden. Vielleicht wirst du ein brauchbarer Soldat, aber niemals ein Centurio. Also, gib auf!“
„Wie viel?“, stöhnte Lucius mit erstickter Stimme.
„Was heißt ‚Wie viel’?“, fragte Vulso erstaunt.
Lucius stemmte sich hoch.
„Wie viele Male soll ich diesen beschissenen Hügel noch rauf und runter laufen?“
„Fünf Mal noch. Aber Marcellus, du schaffst es sowieso nicht. Also gib lieber gleich auf!“
Lucius wandte sich dem Hügel zu. „Du kannst mich mal!“
Er lief weiter, Hügelkuppe, Abstieg, um den Baum. Denk immer nur an den nächsten Schritt, denk immer nur an den nächsten Schritt. Aufstieg, quälend langsam. Er quälte sich weiter, lüftete kurz den Schal und spuckte aus. Dabei erwartete er Blut zu sehen, weil seine Lunge wie Feuer brannte und er das Gefühl hatte, gleich seine Eingeweide auszuspucken. Der Auswurf sah aber normal aus, also weiter. Hügelkuppe und Abstieg.
Er stolperte, fiel hin und rollte ein Stück den Hügel hinab. Er stemmte sich hoch und griff nach Speer und Schild, die er hatte fallen lassen. Weiter. Nie wieder auf dem Hof arbeiten.
Hügelkuppe, Abstieg, kehrt, Aufstieg, Hügelkuppe, Abstieg, Baum. Sein rechter Arm? Der fiel gleich ab. Seine Beine? Welche Beine, er hatte keine Beine mehr, er schwebte über dem Boden dahin, den Hügel hinauf über die Kuppe, abwärts, kehrt, kehrt, kehrt. Was war das? Alles drehte sich um ihn. Die Landschaft raste an ihm vorbei. Jetzt erst merkte er, dass er auf dem Boden lag. Er hob den Kopf. Vulso grinste ihn höhnisch an und sagte etwas. Was, konnte Lucius nicht verstehen, da das Brausen in seinen Ohren alle Geräusche übertönte. Er konzentrierte sich auf die Lippen des anderen.
„Giiiibbbb aaauuufff, Maarrrccceelllus.“
Wie aus weiter Ferne drangen die Worte an sein Ohr. Langsam zog er sich in die Höhe. Hand über Hand zog er sich den Hügel hinauf.
„Gut, du willst es so haben. Dann steh auf. Steh auf! Steh auf, habe ich gesagt!“
Bei jedem „Steh auf!“ schlug ihm Vulso mit der Vitis auf die Beine. Lucius knirschte mit den Zähnen und kroch weiter. Er stand schließlich, schwankend. Wie ein Ertrinkender rang er nach Luft. Rauf auf die Hügelkuppe, abwärts. Du schaffst es, du schaffst es. Um den Baum. Der letzte Aufstieg. Über die Kuppe. Abstieg. Er taumelte den Hügel hinab und erreichte den Ausgangspunkt. Er ließ das Schwert und die Sarcina fallen und warf den Speer fort. Dann fiel er auf die Knie und übergab sich.
Vulso sah ihn hasserfüllt an. „Du taugst nicht zum Centurio, aber du bist fast krepiert. Warum gibst du nicht auf?“
Lucius spülte sich den Mund mit Posca aus und brüllte, außer sich vor Schmerz und Wut: „Weil ich nie wieder auf dem Hof arbeiten will, du verdammtes Arschloch!“
Nach diesem Ausbruch wandte er sich um und machte sich taumelnd auf den Rückweg. Centurio Vulso blieb sprachlos zurück.
Später vermochte Lucius nicht mehr zu sagen, wie er zu seinem Zimmer gelangt war. Er hatte keine Erinnerung an den Rückweg und keine daran, wie er das Lager betreten hatte. Das Erste, woran er sich wieder erinnerte, war, dass er der Länge nach in seinem Zimmer auf dem Boden lag, um sich herum eine Lache aus Wasser und Schlamm. Wie lange er so da lag, wusste er nicht, aber plötzlich wurde ihm bewusst, dass es an die Tür hämmerte. Er rief, nein, röchelte die Aufforderung
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