Centurio der XIX Legion: Historischer Roman (German Edition)
durchnässt. Er umrundete den Baum und begann den Rückweg. Mit beiden Händen versuchte er in dem matschigen Untergrund Halt zu bekommen.
„
Cassis!
Helm!“
Der Helm war über und über mit Schlamm bedeckt. Lucius wischte den Dreck so gut es ging weg und setzte ihn auf. Kaltes Wasser rann seinen Nacken herunter. Erneuter Aufstieg, diesmal kein Schlag von Vulso. Er brachte ihn zur Abwechslung mit seinem Stock zum Straucheln. Lucius stolperte, überschlug sich und rutschte ein Stück bergab. Er rappelte sich auf und kletterte weiter den Hügel hinunter. Im Stillen verfluchte er Vulso. Er biss die Zähne zusammen. Er würde durchhalten, und wenn es das Letzte wäre, was er täte!
Um den Baum herum, erneuter Aufstieg.
„
Gladius
und
pugio
! Schwert und Dolch!“
Er hängte sich das Schwert und den Dolch um. Wieder den Hügel aufwärts. Vulso stand oben auf der Kuppe und ignorierte den Regen. Er hatte noch nicht einmal seinen Mantel übergeworfen. Anscheinend genoss er die Situation. Unerbittlich sah er auf Lucius nieder. Wieder hieb er ihm auf die Waden. „Schneller!“
Das Schwert geriet Lucius zwischen die Beine und beinahe wäre er wieder gestürzt. Da war der Baum. Er stolperte auf ihn zu. Der Regen wurde stärker und beim erneuten Aufstieg sank Lucius knöcheltief ein.
„
Sagum!
Mantel!“
Der Mantel, vollgesogen mit Regenwasser, legte sich mit bleierner Schwere um seine Schultern. Erneuter Aufstieg, wieder den Hohn von Vulso ertragen.
„Brauchst du eine Amme, die dich über den Hügel trägt? Du bist so lahm, meine alte Mutter ist schneller als du!“
Ignoriere ihn, dachte Lucius, und konzentriere dich auf deine Aufgabe! Um den Baum herum, erneuter Aufstieg. Herkules, gib mir Kraft! Schild, Speer und Gepäck lagen noch unten. Die schwersten und unhandlichsten Stücke der Ausrüstung. Seine Beine waren schwer wie Blei.
„
Scutum!
Schild!“
Er stolperte mehr den Hügel hinunter, als dass er lief. Unten kam er rutschend zum Stehen und versuchte seinen Schild aufzuheben. Jupiter, war der schwer. Auch er hatte sich so mit Wasser vollgesogen, dass er doppelt so viel wog wie sonst. Nun hatte Lucius nur noch eine Hand frei, mit der er sich beim Klettern abstützen konnte.
„Was ist los, Kleiner? Ist dir der Schild zu schwer? Sind deine Sklaven nicht zur Stelle? Sollen wir dir einen Träger rufen? Oder willst du etwa aufgeben?“
Niemals. Nie wieder auf dem Hof arbeiten, nie wieder auf dem Hof arbeiten.
Herkules, war der Schild groß und schwer! Sein Knie schlug schmerzhaft gegen den Schildrand. Um den Baum und wieder den Hügel hinauf. Wieder prallte sein Bein mit Wucht gegen den Schild, den er kaum noch hochhalten konnte.
„
Pilum!
Speer!“
Jetzt also noch der lange Wurfspeer. Er hatte nun keine Hand mehr frei, um sich abzustützen. Er rutschte aus und fiel der Länge nach hin. Vulso stand plötzlich über ihm und stellte seinen Fuß auf seine Schulter. Langsam drückte er Lucius nach unten.
„Na, ruhst du dich aus?“ Er machte eine Pause. „Willst du nicht lieber aufgeben?“
Niemals. Lucius schüttelte den Kopf.
„Dann steh auf, du Versager, du Schandfleck, du Bastard. Gib lieber auf, bevor du unserem Stand weiter Schande machst!“
Die Wut auf seinen Peiniger gab Lucius Kraft. Wortlos stemmte er sich in die Höhe und taumelte weiter hoch. Abstieg, Baum, erneuter Aufstieg.
„
Sarcina!
Bündel!“
Jetzt musste er sich noch das schwere Bündel auf die Schulter legen. Gleichzeitig musste er Schild und Speer irgendwie halten und auch noch klettern. Er stapfte den Hügel hinauf. Diesmal blieb Vulso nicht auf dem Hügel stehen, sondern begleitete ihn wieder hinunter. Er trieb ihn an, stieß ihm den Rebstock in die Rippen und verhöhnte ihn.
Wieder um den Baum und den Hügel hinauf. Vulso stieß ihm den Stock zwischen die Beine. Lucius stolperte und verhinderte mit letzter Kraft einen Sturz. Über die Kuppe, abwärts. Er keuchte schwer, seine Lunge war dem Bersten nahe und seine Muskeln zitterten. Aber er erreichte den Ausgangspunkt.
„Los, wieder hoch! Du bist hier nicht zur Erholung in den Albanerbergen.“
Kehrt, nicht auf den schmerzenden Arm achten oder auf die schweren Beine, irgendwie ruhig atmen und weiter laufen. Nicht denken.
Wieder stieß sein Knie gegen den Schildrand. Der Schmerz ließ ihn stolpern und er fiel kopfüber in den Schlamm. Vulso kniete neben ihm. „Du möchtest doch bestimmt ein heißes Bad und ein gemütliches Bett? Warum tust du dir das an? Gib auf, und
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