Champagner, Kuesse und ein Traumprinz
Sydney eine hübsche Tüte, eine glitzernde Schleife und eine Glückwunschkarte erstanden hatte, waren sie fertig. „Wohin gehen wir?“, fragte sie, als sie wieder draußen waren.
„Wir sind in Texas“, sagte Rule jungenhaft grinsend. „Steak essen natürlich.“
Sydney war nicht überrascht, dass Rule eine Luxuslimousine hatte. Irgendwie passte ein solcher Wagen zu ihm. Er schlug ihr vor, dass sie mit ihm zusammen ins Restaurant fuhr, doch sie bestand darauf, ihm hinterherzufahren. Sie entschieden sich für ein Restaurant im Stockyards-Viertel, das für seine urtümliche texanische Atmosphäre bekannt war.
Als sie an einem Ecktisch saßen, über dem ein Leuchter aus Geweihen von der zinnverkleideten Decke hing, bestellte Rule eine Flasche erstklassigen Rotwein. Sydney lehnte zunächst ab, gab dann aber doch nach und ließ sich ein halbes Glas einschenken. Der Wein schmeckte fantastisch – weich und angenehm würzig.
„Schmeckt er Ihnen?“, fragte Rule.
„Ja, er ist wundervoll.“
Er hob das Glas. „Auf kluge aufmerksame und zielstrebige Frauen.“
„Vergessen Sie das ‚kratzbürstig‘ nicht“, rief sie ihm ins Gedächtnis.
„Wie könnte ich eine so charmante Eigenschaft vergessen?“
„Geschickt aus der Affäre gezogen.“
Rule hob sein Glas noch höher. „Na schön, auf kluge, aufmerksame, zielstrebige und entschieden kratzbürstige Frauen.“
Lachend stieß sie mit ihm an.
„Erzählen Sie mir von Ihrem Karrierejob“, forderte er sie auf, nachdem der Kellner ihren Salat gebracht hatte.
Sydney trank noch einen Schluck Wein – mehr als sie in Anbetracht des bevorstehenden Meetings zu sich nehmen sollte. „Woher wissen Sie, dass ich einen Karrierejob habe?“
„Sie haben vorhin erwähnt, in einer Kanzlei zu arbeiten.“
„Ich könnte doch einfach nur Daten eingeben. Oder Anwaltsgehilfin sein.“
„Ausgeschlossen, das sieht man schon an Ihrer Kleidung.“ Er musterte ihr maßgeschneidertes Kostüm und ihre einreihige Perlenkette. „Und an Ihrer Art …“
Sydney fühlte sich plötzlich erregend leichtsinnig. Anscheinend stieg ihr der Wein schon zu Kopf. Sie beugte sich vor. „Was für eine Art?“
„Man merkt Ihnen einfach an, dass Sie niemandes Gehilfin sind.“
Sydney lehnte sich wieder in ihrem Stuhl zurück und verschränkte die Hände im Schoß. „Ich bin Anwältin bei einer Wirtschaftskanzlei.“
„ Das glaube ich Ihnen sofort.“
Sydney nahm ihre Gabel und begann zu essen.
Rule folgte ihrem Beispiel. Für einen Moment herrschte ein überraschend angenehmes Schweigen zwischen ihnen. „Und was ist mit Ihnen?“, fragte sie irgendwann. „Womit verdienen Sie Ihren Lebensunterhalt?“
„Ich bin zurzeit Geschäftsmann. Internationaler Handel.“
„Zurzeit? Wollen Sie damit sagen, dass Sie Ihren Job öfter wechseln?“
„Ich realisiere nur Projekte, die mich interessieren. Und sobald ich eines zu meiner Zufriedenheit erledigt habe, ziehe ich weiter zum nächsten.“
„Und womit handeln Sie?“
„Mit Orangen. Aus Montedoro.“
„Montedoro? Klingt irgendwie exotisch.“
„Die Montedoro-Orange ist eine sehr süße Blutorange. Sie schmeckt ein wenig nach Himbeere, und die Schale ist glatt, nicht genarbt wie bei anderen Orangen.“
„Dann kann ich hier also demnächst Montedoro-Orangen bei Walmart kaufen?“
„Wohl kaum, dazu ist das Handelsvolumen zu gering. Aber ich könnte sie mir gut in speziellen Gourmet- und Spezialitätengeschäften vorstellen.“
„Montedoro …“, wiederholte Sydney nachdenklich. „Das ist doch ein kleines Land in Europa, oder? An der Côte d’Azur?“
„Stimmt genau. Das ist meine Heimat.“ Als er Sydney noch mehr Wein eingoss, hielt sie ihn nicht zurück. „Montedoro ist einer der acht kleinsten Staaten Europas, ein Fürstentum am Mittelmeer. Meine Mutter wurde dort geboren. Mein Vater war Amerikaner, zog jedoch ebenfalls dorthin, als sie heirateten. Er heißt Evan Bravo und stammt ursprünglich aus Texas.“
Sydney liebte den Klang seiner Stimme. Bei ihm klang jeder Satz wie Musik … oder wie Poesie. „Haben Sie noch Verwandte in Texas?“
„Ja, in San Antonio. Und entferntere Verwandte in einer Kleinstadt in der Nähe von Abilene. Außerdem gibt es noch Bravos in Kalifornien, Wyoming und Nevada. In den ganzen Staaten eigentlich.“
„Dann ist Calabretti also der Nachname Ihrer Mutter?“
„Stimmt.“
„Macht man das so in Ihrem Land? Die Nachnamen von Mann und Frau verbinden?“
Er
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