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Champagnerkuesschen

Champagnerkuesschen

Titel: Champagnerkuesschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Gercke
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entscheiden“, wiederholt Katja.
    Ich seufze. Manchmal ist es besser zu schweigen, und ich glaube, jetzt ist einer dieser Momente.
     
    „Liebelein, sie wirkt so bedrückt“, sagt Harald. „Noch ein Schlückchen Prosecco zum Aufmuntern?“
    Ich nicke stumm.
    „Möchtest du mit uns essen?“, fragt Wolfgang. „Ich habe gerade Coq au Vin im Ofen, und die Portion reicht locker für uns drei.“
    „Danke – aber nein.“
    „Sie will nichts essen?“ Harald sieht mich bestürzt an.
    Ich schüttele den Kopf.
    „Immer noch auf Diät?“ Harald tätschelt meine Hand. „Bei uns kann sie ruhig sündigen. Ich werde der bösen, bösen Katja nichts davon erzählen.“ Harald klimpert mit seinen Kunstwimpern. Überhaupt sieht er in seinem Outfit heute aus wie Olivia Jones mit schwarzer Perücke. Mit dem Unterschied, dass Harald eineinhalb Meter kleiner ist als Olivia Jones.
    „Bist du krank?“, fragt Wolfgang und legt mir professionell seine Hand auf die Stirn. „Kalt wie die eines Vampirs“, lautet die abschließende Feststellung.
    „Mir fehlt nichts“, sage ich leise und stürze mein Glas in einem Zug herunter. „Mehr!“ Ich strecke Harald mein Glas entgegen.
    „Liebelein, meint sie nicht, dass sie langsamer trinken sollte?“
    „Nein.“
    Seit Katja mir von ihrer Schwangerschaft erzählt hat, bin ich völlig durch den Wind.
    1. Ich habe immer noch ein schlechtes Gewissen, weil ich nicht erkannt habe, dass es meiner besten Freundin und Mitbewohnerin schlecht geht.
    2. Ich bin neidisch. Schließlich habe ich mir die ganze Zeit ein Kind gewünscht und nicht Katja! Und da wären wir gleich beim nächsten Punkt ...
    3. Ich fühle mich schlecht, weil ich meiner Freundin ihre ungewollte Schwangerschaft nicht gönne.
    4. Benni hat sich noch immer nicht gemeldet.
    „Hat sie etwa Liebeskummer?“ Harald macht seinem Namen alle Ehre, denn er zwitschert wie ein Vögelchen.
    „Ja ... auch!“ Ich stütze meinen Kopf auf meine Hände, die Ellbogen auf den Tisch. „Es ist ... ich meine ... Katja ... ach ... nein!“
    „Wäre es möglich, dass sie vielleicht nicht nur in Einwortsätzen redet, sondern in einem ganzen Satz?“, fragt Harald und schenkt mir nach.
    „Ja ... nein“
    „Ach Göttle!“ Harald schlägt die Hände über dem Kopf zusammen. „Dass Frauen immer so kompliziert sein müssen. Julia, was ist los mit ihr?“
    „Benni hat sich immer noch nicht gemeldet.“
    „Okay, das ist eine alte Meldung. Neuigkeiten, Liebelein! Neuigkeiten sind das, was den lieben Onkel Harald interessiert.“ Harald klatscht aufgebracht in die Hände.
    „Harald, du nervst echt.“ Ich richte mich auf. „Ich habe ein Problem ... oder ... ein Freund hat ein Problem, aber ich kann ... äh ... darf mit dir nicht darüber reden. Ich kann überhaupt mit niemandem darüber sprechen. Verstanden! Ich bin nur hier, weil ich mich betrinken möchte, und das in der Gegenwart von Menschen, die auf mich aufpassen. Weil ich, wie du ja weißt, unter Alkoholeinfluss nicht immer rational handele, und das wäre in meiner jetzigen Situation wirklich doof. Ich brauche nicht noch mehr Probleme, als ich ohnehin schon habe. Deswegen wäre es toll, wenn du jetzt einfach nur nachschenkst und nicht weiter bohrst.“
    Betretenes Schweigen.
    „Möchte sie vielleicht nicht doch darüber ...“
    „Nein!“, rufen Wolfgang und ich wie aus einem Munde.
    Harald macht einen Schmollmund.
    „Mein Lieber, ich glaube, du wirst kurz in der Küche gebraucht. Die Teller müssen noch aufgewärmt werden.“
    Wolfgang schiebt Harald in Richtung Küche. „Und schau bei der Gelegenheit gleich noch einmal nach dem Braten. Und Liebchen ...“, Harald dreht sich um, „... lass dir Zeit.“
    „Also bitte, Liebelein, ich ...“, protestiert Harald.
    „Jetzt“, befiehlt Wolfgang, und zu meinem größten Erstaunen tippelt Harald ab.
    „Julia.“ Wolfgang nimmt meine beiden Hände in seine. „Wie du weißt, arbeite ich im Krankenhaus. Ich bin zwar kein Arzt, aber ich unterliege auch der Schweigepflicht. Wenn ich dir also irgendwie helfen kann ...“ Er sieht mich mit seinen sanften braunen Augen an. „Dann hab bitte keine Hemmungen. Ich habe in meinem Leben schon eine Menge erlebt und gesehen. Ich bin Kummer gewöhnt.“
    „Danke, Wolfgang. Weißt du, ich habe versprochen, mit keiner Menschenseele darüber zu reden, aber ich mache mir große Sorgen um jemanden, der mir sehr nahe steht, und ich weiß nicht, wie ich ihr ... äh ... ihm helfen kann.“
    „Mmh.“

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