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Champagnerkuesschen

Champagnerkuesschen

Titel: Champagnerkuesschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martina Gercke
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verspreche ich. Ich gebe ihr einen Kuss auf das weiche Haar.
    Ich jage den langen Flur entlang, bis ich außer Sichtweite bin. Hektisch fische ich mein Handy aus der Tasche. Immer noch keine Nachricht von Sergej.
    Ich tippe erneut Sergejs Nummer.
    Tut. Tut. Tut.
    Ich halte den Atem an.
    Klick.
    Endlich!
    „Sergej, hier ist Ju ...“
    „... Ich bin im Moment nicht zu erreichen, Sie können mir eine Nachricht ...“, unterbricht mich die Stimme auf der Mailbox.
    Scheiße!
    „Sergej, hier ist Julia. Du musst sofort ins Krankenhaus kommen. Katja ist gleich dran, und ich weiß nicht, was ich machen soll. Wenn du willst, dass Katja dein Kind bekommt, solltest du schleunigst hier auftauchen.“ Ich schreie die Worte in den Hörer. Eine Schwester kommt aus der Tür und sieht mich vorwurfsvoll an. Ist mir aber egal. Schließlich geht es hier um das Glück meiner besten Freundin.
    Ich hetze zurück zu Katja, die wie ein Häufchen Elend zusammengesunken auf ihrem Plastikstuhl sitzt. Apathisch starrt sie auf ihre Fußspitzen. Als sie meine Schritte hört, hebt sie erschrocken den Kopf.
    „Alles okay. Bin nur ich“, sage ich und lasse mich neben ihr auf den Stuhl fallen.
    Eine blasse, etwas aus der Form geratene junge Frau hat neben ihr Platz genommen. Sie kaut an ihren Fingernägeln, deren schwarzer Lack an einigen Stellen bereits abgeblättert ist. Ihr Blick ist leer. Sie sieht jung aus, sehr jung. Als sich unsere Augen treffen, schaut sie hektisch zur Seite.
    Dies ist definitiv kein fröhlicher Ort. Es herrscht eine bedrückende Stille unter den Wartenden. Lediglich ein Pärchen sitzt am Ende der Reihe und hält Händchen. Mir sitzt ein riesiger Kloß im Hals.
    Eine junge Frau wird aus dem Untersuchungszimmer geschoben. Sie ist blass. Man kann noch immer die getrockneten Tränen auf ihrer Wange erkennen.
    Ich komme mir vor wie im falschen Film.
    „Alles wird gut“, flüstere ich mehr zu mir selbst.
    Katja nickt betrübt.
    „Wir können immer noch gehen“, sage ich. „Noch ist es nicht zu spät.“
    Katja schüttelt verbissen den Kopf.
    „Du musst das nicht tun. Vielleicht könnten Harald und Wolfgang das Kind adoptieren“, schlage ich vor.
    Katjas Kopf schnellt herum. „Sag mal, hast du ´ne Macke, Julia. Ich bekomme doch kein Kind, damit es bei Harald und Wolfgang großgezogen wird.“
    „Ja schon, aber das wäre doch immer noch besser, als es ...“ Ich zögere. Das hässliche Wort will mir einfach nicht über die Lippen kommen. „... abzutreiben.“
    „Nein. Ich zieh das jetzt durch.“
    „Aber vielleicht will Sergej das Kind“, beharre ich.
    „Vielleicht. Vielleicht auch nicht. Julia, ich bin selbst ohne Vater groß geworden. Ich habe gesehen, wie verzweifelt und alleine meine Mutter oft war, wenn das Geld wieder knapp wurde.“
    „Aber du verdienst genug, und ich könnte dich dabei unterstützen.“
    Katja nimmt meine Hand. „Du bist süß, aber meine Entscheidung steht fest.“ Mein Gott, diese Frau kann so starrsinnig sein! Ich fixiere düster den Gang. Immer noch keine Spur von Sergej. Wo bleibt dieser Mistkerl? Langsam beschleicht mich der schreckliche Verdacht, dass ich Sergej völlig falsch eingeschätzt habe und er tatsächlich kein Kind möchte.
    Die Tür vom Sprechzimmer geht auf. Eine blonde Krankenschwester mit einem freundlichen Gesicht sieht zu uns beiden rüber.
    „Katja Wagner?!“ Mein Magen zieht sich krampfhaft zusammen. Katja drückt meine Hand. So fest, dass ihre Knöchel weiß hervortreten.
    Für einen kurzen Moment stocken Katjas Bewegungen. Hoffnungsvoll sehe ich zu ihr.
    „Na, dann wollen wir mal“, nickt Katja mir zu. Schweren Herzens stehe ich auf. Dabei hatte ich so gehofft, Sergej würde kommen. Ich nicke zurück.
    „Ich bin bei dir“, flüstere ich ihr zu. Gemeinsam gehen wir in das Sprechzimmer.
     
     
    Die Ärtzin empfängt erst Katja und dann mich mit einem Händedruck.
    „Sie sind als Begleitung mitgekommen?“, fragt sie mich.
    Ich nicke.
    „Frau Löhmer ist meine beste Freundin“, erklärt Katja mit dünner Stimme. Vor mir steht eine Katja, wie ich sie nicht kenne. Blass, unsicher, traurig und voller Angst. Mir schnürt es den Hals zusammen.
    „Schön.“ Die Ärztin nickt mir wohlwollend zu. „Frau Völkers, wir haben ja schon das erforderliche Gespräch zu diesem Eingriff geführt. Ich frage Sie trotzdem noch einmal, sind Sie sich über die eventuellen Folgen dieses Eingriffs bewusst? Und wollen Sie wirklich, dass ich den Eingriff heute durchführe?“

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