Champagnerkuesschen
unbekannten Männern wilden Sex. Ich kann sie riechen und schmecken, diese Männer. Ich spüre sogar förmlich ihre und meine Lust. In meinen Träumen erlebe ich das, was andere in Büchern lesen. Ich bin eine Heldin und rette Menschen. Ich bin groß, schlank und schön. In meinen Träumen kann ich fliegen. Manchmal schaffe ich es sogar, das Aufwachen hinauszuzögern und einen besonders schönen Traum weiter zu träumen, einfach so.
Im Moment habe ich allerdings das Gefühl, dass sich mein Kopf in einem Schraubstock befindet. Ich muss aufstoßen und habe einen sauren Geschmack im Mund. Würg. Meine Augen brennen ganz entsetzlich, als ich sie vorsichtig zu öffnen versuche. Jemand stöhnt. War ich das?
Die Tür geht mit einem lauten Knall auf. Ich springe vor Schreck fast aus dem Bett.
„Julia!“ Katjas glasklare Stimme scheppert gegen meine empfindlichen Ohrmuscheln. Bilde ich es mir ein oder ist da ein leichtes Echo? Ich schüttele irritiert den Kopf. Das Echo ist weg. Dafür pfeift jetzt mein Ohr.
„Julia!“, ertönt es ein zweites Mal, allerdings noch lauter.
Piep. Piep. Piiiep.
Ich richte mich im Dämmerlicht meines Schlafzimmers auf.
„Jajajaja!“ Ich bin doch in meinem Schlafzimmer?
Der gestrige Abend liegt in einer Art wabernder Nebelmasse irgendwo in meinen Hirnwindungen verborgen.
„Was ist denn los, dass du so hereinpoltern musst?“, frage ich.
„Julia, es ist schon kurz vor elf. Dein Flieger geht in zwei Stunden“, holt mich Katja auf den Boden der Realität zurück.
„Scheiße!“ Ich springe mit einem Satz aus dem Bett. Das hätte ich lieber nicht getan, denn ich falle sofort wieder um und lande mit einem Satz auf meinem Allerwertesten.
„Aua!“ Ich reibe mir meinen Po.
Katja reicht mir die Hand und zieht mich nach oben.
„Danke!“, brumme ich.
„Hier!“ Sergej taucht im Türrahmen auf. In der Hand hält er eine dampfende Tasse Kaffee.
Ich nehme einen Schluck.
„Brrrr!“, verziehe ich das Gesicht. „Der zieht einem ja die Schuhsohlen aus.“ Ich reiche ihm die Tasse, während ich mit dem Fuß meine Unterhose von gestern Nacht unter das Bett zu schieben versuche.
Sergej verzieht das Gesicht zu einem Lachen. „Ich dachtä mir, du könntäst einen starkän Kaffee brauchän.“
„Ja, danke“, knurre ich.
„So, los“, kommandiert Katja. „Während du dich duschst, packe ich den Rest deiner Sachen zusammen. Wir müssen uns beeilen, wenn du noch pünktlich sein willst.“
So langsam kommt meine Erinnerung wieder zurück. Champagner. Blitzlichter. Florian David Fitz. Bennis traurige Augen. Die Annika-Schlampe. Andreas´ verwundertes Gesicht, als ich einfach so davongerannt bin. Andreas, wie er mir gefolgt ist und mich in seinem Porsche nach Hause gefahren hat. Katja und Sergej, die mich getröstet haben.
Aber das lasse ich jetzt alles hinter mir. Ich fange mein neues Leben an ... wobei ich mich selten so alt wie genau in diesem Moment gefühlt habe. Mir ist leicht schlecht, was ich getrost auf den übermäßigen Genuss von Champagner letzte Nacht schiebe. Mühsam schleppe ich mich unter die heiße Dusche, um mein neues Leben zu beginnen. Der Gedanke, gleich in einem Flugzeug zu sitzen, trägt nicht unbedingt zur Verbesserung meiner Gesamtsituation bei. Allein der Gedanke löst Schweißausbrüche und Herzrasen bei mir aus.
„Wie gäht es dir jetzt?“, fragt Sergej, als ich fertig geduscht und geschminkt die Küche betrete.
„Ein bisschen besser. Ich glaube allerdings nicht, dass ich jemals wieder Champagner trinken werde.“ Ich lasse das Aspirin in das Wasserglas fallen.
„Sei froh, dass es Champagnär war“, sagt Sergej. „Mit der gleichän Mengä Rotwein könntäst du jetzt nicht fliegän.“ Sergej hält mir einen Korb mit frischen Croissants unter meine Nase. Für Croissants würde ich Töten.
„Mmh, das sieht aber lecker aus.“ Meine Hand schnellt nach vorne, um sich ein Croissant zu schnappen. Die Dinger schmecken am besten, solange sie noch warm sind.
„Julia!“ Katja betritt die Küche. „Denk an dein Idealgewicht!“
„Ich habe mein Idealgewicht bereits erreicht!“
„Seit wann?“ Katja runzelt die Stirn.
„Seit heute.“ Ich deute auf meinen Bauch. „Ich war immer zufrieden, so wie ich bin. Klar könnte ich das ein oder andere Kilöchen abnehmen, aber glücklicher werde ich dadurch sicher nicht. Ich werde niemals superschlank sein wie du. Und wenn ein Mann mich wirklich liebt, dann so, wie ich bin.“
Katja stutzt für
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