Champagnerwillich: Roman
dich für deine Entscheidung, dem Baby seinen Vater nicht wegzunehmen.«
»Es hat mich angelacht!«
»Lass uns nach Hause gehen und …«
»… einfach so angelacht!«
»Jil, du wirkst ein kleines bisschen apathisch.«
»Es war ein chinesisches Gesicht!«, sage ich, als hätte ich gerade dauerhafte Frenchmaniküre erfunden.
»Was?«
»Mich hat ein verschlafenes, chinesisches Gesicht angelacht!«
Meine drei Freunde starren mich an.
»Das heißt, dass Cathalinas Baby unmöglich von Right sein kann!« Verzweifelt winke ich den Kellner her und bestelle Martini. Mein Scharfsinn erstaunt mich selber immer wieder.
»Ich habe mich von Right getrennt wegen eines Babys, das nicht Rights Baby ist. Und diese aufgetakelte, bigotte Schlange von Ocupenga hat meinen Right auch noch betrogen und ihm ein Kind untergejubelt. Hat in diesem Land denn kein Mensch mehr Sex mit seinem festen Partner?«
»Du musst sofort mit Right darüber reden!«
»NEIN. Das kann ich nicht. Ich habe ihm nie gesagt, dass ich wegen des Babys mit ihm Schluss gemacht habe.« Und wieder einmal schlägt das Schicksal wild um sich, und ich stehe in der Schusslinie. Ich greife nach meinem Martini undwidme mich dem Deszendieren, während Sarah zur Toilette geht, um sich das Unheil aus der Nähe anzusehen.
Drei Minuten später kommt sie mit hektischer Handbewegung und verzerrtem Gesicht zurück.
»Jil, es gibt da etwas, das du noch wissen solltest!« Sarahs Dekolletee färbt sich dunkelrot.
»Cathalina und ihre Mutter haben gerade Besuch bekommen.«
Right ist hier!
Mein Herz arbeitet am Anschlag.
»Wie konntest du das meiner Familie nur antun, du Playboy!«, schreit Cathalinas Mutter auf einmal durch das Lokal. Die Gäste halten inne. Kein Gespräch, kein Besteckgeklimper, kein Atemzug ist mehr zu hören.
»Und du kleines Flittchen wirst enterbt! Das ist so erbärmlich. Du ruinierst den ehrenhaften Ruf von Ocupenga, für den ich jahrelang so hart gearbeitet habe.« Sie japst nach Luft. Wahrscheinlich wird sie gleich einen Schwächeanfall erleiden. Das Einzige, was sie und ich im Moment gemeinsam haben. Ich neige mich so unauffällig wie möglich auf meinem Stuhl zur Seite, um Right sehen zu können.
»Aber Mama, das kannst du mir doch nicht antun. Ich liebe ihn, und Ben hat doch schon lange die Scheidung eingereicht!« In diesem Moment nimmt meine Neigung einen Winkel an, der keine Stabilität mehr zulässt. Mit einem Knall lande ich auf dem Boden.
Als ich mich wieder aufrappele, habe ich die ganzheitliche Aufmerksamkeit der Gäste einschließlich des Debütantentrios. Ich spüre, wie Cathalinas strafender Blick auf mir liegt, ich höre, wie das Baby zu weinen beginnt, und ich merke, wie Luisa mich heftig am Arm zieht, aber alles, wasich mache, ist regungslos in die Augen meines Bruders zu starren.
Das ist zu viel! Ich schnappe mir die Magnumflasche Champagner und flüchte aus dem Spice & Rice.
Mein Schicksalsbeauftragter ist gefeuert! Fristlos! Ohne Abfindung und Arbeitszeugnis!
Gelernte Wörter: Abiose = Lebensunfähigkeit;
bigott = scheinheilig;
deszendieren = untergehen.
37
DIE ZUKUNFT BEGINNT MORGEN!
H err Schnüttge.«
»Frau Schöneberg.«
»Ich bin heute zu schlapp zum Reden.«
»Vielleicht möchten Sie lieber etwas lesen. Habe ich Ihnen eigentlich schon das neue Buch von J. J. Jaihny empfohlen?«
»Nein. Wie heißt es denn?«
»Die Depression als Chance.«
»Verstehe.«
Wer stört mich? Es gibt Zeiten, da zieht man es einfach vor, so viel zu schlafen, wie man kann. Das sind die Phasen im Leben, in denen du dich während der Albträume der Nacht von denen des Tages erholst.
Müde schlurfe ich zur Tür, um von einem der besagten Albträume des Tages getroffen zu werden.
Meine Eltern!
»Hallo Mum, hallo Dad. Es ist sieben Uhr an einem Sonntagmorgen, aber ich heiße euch natürlich herzlich willkommen. Wollt ihr Frühstück? Vielleicht ein paar Eier, frische Brötchen, Kaffee?« Wortlos schiebt sich meine Mutter an mir vorbei.
»Also, ich nehme die Eier«, meint mein Vater kleinlaut und marschiert meiner Mutter hinterher.
»Ach Richard, wie kannst du jetzt nur an Essen denken.« Stöhnend lässt sich meine Mutter auf einen Küchenstuhl sinken.
»Was ist denn passiert?« Gleichmütig blicke ich in die erregten Gesichter meiner Eltern.
»Jil, dein Bruder hat eine, na ja eine, ach, Richard erkläre du das.«
»Er hat eine Affäre!«
»Was?« Ich fange an, diesen Sonntagmorgen zu genießen. »Das kann doch nicht wahr
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