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CHAMSA - 5 Tage bis zur Ewigkeit (German Edition)

CHAMSA - 5 Tage bis zur Ewigkeit (German Edition)

Titel: CHAMSA - 5 Tage bis zur Ewigkeit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bianca Balcaen
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die
Felder und ließen dort unter Lebensgefahr ihre Ziegen grasen. Mit Grauen dachte
Hannah an den 15-jährigen Jungen, der vor ein paar Wochen in einem
Auberginenbeet erschossen worden war. Laut der israelischen Regierung sollte
diese Sperrzone, das sogenannte Niemandsland, sie vor den feindlichen
Raketenangriffen schützen.
    Und hinter dem
Niemandsland lag die arabische Stadt Beit Hanun. Im strahlenden Sonnenlicht
bewunderte Hannah die glänzenden Minarette, die sich über den Kuppeln und
Dächern der Stadt erhoben. Es war ein so vollkommener und friedlicher Anblick,
bei dem sie nicht verstand, warum Juden und Palästinenser nicht in Frieden
miteinander leben konnten. Die Negev-Wüste war so groß, gab es da nicht genug
Platz für alle?
    »Verdammt!« Judiths
Schrei hallte über den gesamten Campus. Davon aufgeschreckt fuhr Hannah hoch und
sah gerade noch, wie der rote Basketball mit hoher Geschwindigkeit über den
meterhohen Grenzzaun flog, wo er schließlich mitten zwischen den blühenden
Orangenbäumen des Niemandslandes ausrollte.
    »Scheiße! Leo, warum
hast du nicht aufgepasst?«
    »Kann ich was dafür,
wenn ich so stark bin?«
    »Du bist nicht stark,
du bist ein Idiot«, zischte Judith ihm böse zu. »Ich habe genau gesehen, wie du
Joshua gefoult und den Ball mit voller Absicht weggeschmettert hast.«
    »Hört auf, euch zu
streiten«, ging Hannah entnervt dazwischen und lief auf die Gruppe zu. »Das
bringt doch nichts.«
    »Ja, aber das war unser
letzter Ball! Du weißt genau, dass die Schulleitung nur fünf Bälle pro Monat
rausrückt. Und heute ist erst der elfte. Was machen wir jetzt in den nächsten
zwei Wochen?« Judith schleuderte einen giftigen Blick in Leos
Richtung.
    »Jedenfalls kein
Basketball mehr spielen«, fuhr er sie an. »Den letzten Ball haben die Bastarde
von drüben vorgestern aufgeschlitzt.«
    Genervt rollte Hannah
mit den Augen und beschloss ihn zu ignorieren. Sie hatte recht gehabt; Leo hatte
eindeutig seine aggressiven fünf Minuten. Missmutig wandte sie sich ab, stopfte
die Hände in die Taschen ihres roten Wickelrocks und entfernte sich von der
Gruppe. Sie hatte keine Lust mehr, den Streitereien, die doch zu nichts führten,
zuzuhören. Stattdessen spazierte sie dicht am Zaun entlang und lenkte ihre
Aufmerksamkeit suchend auf den dahinterliegenden Feldboden.
    Und tatsächlich hatte
sie nach einiger Zeit Glück. Unvermutet sah sie den roten Ball im lichten
Schatten unter einer Palme liegen. Hastig schirmte sie mit einer Hand ihre Augen
vor der Sonne ab und maß die ungefähre Entfernung zum Zaun ab. Anschließend
drehte sich kurz um. Sie hatte sich ziemlich weit von der Gruppe entfernt, es
war also unwahrscheinlich, dass die Fünf ihr heimliches Tun beobachten könnten.
Verlegen biss sie sich auf die Unterlippe. Es war eine gefährliche Idee, die
auch ins Auge gehen konnte, aber es war zumindest einen Versuch wert, fand sie.
    Langsam bewegte sie
sich rückwärts, bis sie sich blitzschnell umdrehte und zu dem Punkt rannte, den
sie sich genau gemerkt hatte. Vorsichtig teilte sie die Dornenbüsche mit den
Händen und schlüpfte durch die Mulde in der Bodensenke hindurch. Achtsam sah sie
sich in der verbotenen Umgebung um und lauschte mit angehaltenem Atem.
Schließlich nahm sie all ihren Mut zusammen und lief schnell durch das hohe
Dünengras auf den Basketball zu, der zwischen die dichtwachsenden Orangenbäume
gerollt war.
    Erleichtert beugte sie
sich vor, griff nach dem Ball und wäre fast vornüber gefallen, als sie hinter
sich eine tiefe, rauchige Stimme vernahm. »Du bist ganz schön mutig, dich auf
feindliches Territorium zu begeben.«
    Hannah erstarrte zu
einer Salzsäule und fuhr geschockt hoch. Mit zitternden Knien drehte sie sich
vorsichtig um. Vom hohen Dünengras verborgen, hatte sie ihn vorher nicht
gesehen. Er saß mit angewinkelten Beinen und einem Buch in der Hand auf einer
bunten Patchworkdecke. Jetzt stand er auf und kam mit geschmeidigen Bewegungen
auf sie zu. Im Gegenlicht der Sonne wirkte seine seltsame und wilde Schönheit
noch mystischer, als sie ihn in Erinnerung hatte.
    Jetzt, da sie ihm ganz
nahe war, spürte sie die ganze Macht seiner Anziehungskraft, die ihr den Boden
unter den Füßen wegzog. Fasziniert beobachtete sie das Spiel seiner Muskeln auf
seinem gebräunten Arm, als er sich die langen blauschwarzen Haare aus der Stirn
strich. Krampfhaft presste Hannah den roten Basketball an sich, um ihr

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