CHAMSA - 5 Tage bis zur Ewigkeit (German Edition)
Hannah. Solche hasserfüllten Worte sind es nicht wert, sie zu
kommentieren.«
Immer noch zitternd vor
Wut starrte sie auf den Boden. »Es tut mir so leid«, flüsterte sie
beschämt.
»Hey, du brauchst dich
nicht für ihn zu entschuldigen.« Mit einem energischen Griff zog er sie in seine
Arme und drückte sie an sich. Er hielt sie fest und wiegte sie sanft hin und
her. Hannah schmiegte ihr Gesicht an seine sonnenwarme Schulter. Sie spürte
seinen ruhigen Herzschlag und nahm dabei seinen verführerischen Geruch wahr.
Sein Duft war wie der Geruch des Waldes nach einem heftigen Regenschauer. Eine
berauschende Mischung aus würzigem Sandelholz und frischer Minze. Langsam
beruhigte sie sich.
»Hat er dir wehgetan?«
Hakim berührte zaghaft ihre Schulter, wo der Stein sie getroffen hatte.
»Nein, seine Worte
haben mich viel mehr verletzt.«
Das Geschrei am Zaun
wurde lauter. Sie hob den Kopf und sah, wie sich Leos Schreitiraden jetzt gegen
David und Joshua richteten, die ihn mit vereinten Kräften vom Zaun wegzogen.
Hakim seufzte tief. Mit einer zärtlichen Geste hob er ihr Kinn hoch. Seine
dunklen Augen glitzerten, als er sie mit einem rätselhaften Ausdruck ansah. »Ich
denke, du solltest jetzt zurück zu deinen Freunden gehen. Pass auf dich auf. Du
bist ein ganz besonderes Mädchen.« Errötend blickte Hannah ihn an, als er sich
langsam von ihr löste. »Komm, es ist besser, wenn du jetzt gehst.« Sanft schob
er sie in Richtung des Zauns.
Benommen lief Hannah
zurück durch das Dünengras. Als sie durch das Loch zurück auf die andere Seite
kletterte, fasste Leo besitzergreifend ihre Hand und zog sie hoch. Immer noch
wütend befreite sie sich von ihm und wischte sich angewidert die Hand an ihrem
Rock ab.
»Fass mich nie wieder
an!«, schrie sie erbost. Drohend kam er auf sie zu, seine Augen zu wütenden
Schlitzen zusammengekniffen. Doch bevor er sie erneut packen konnte, verstellten
Joshua und David ihm den Weg. Demonstrativ nahm die Gruppe Hannah in die Mitte
und zog sie weg von Leo.
Beim Weggehen drehte
sie sich noch einmal kurz um. Hakim stand noch immer an derselben Stelle
inmitten der Orangenbäume, mit einem undefinierbaren Ausdruck in seinem
Gesicht.
Verbotene
Blicke
I n den folgenden Tagen
veränderte sich die Freundschaft der Clique. Keiner wusste so genau, wie er mit
dem zweitem Gesicht von Leo umgehen sollte. Jeden Tag stieß er neue bösartige
Sprüche über die andere Welt aus und war für keine andere Meinung mehr offen.
Mittlerweile waren sie dazu übergegangen, ihn in solchen Momenten gar nicht mehr
zu beachten. Trotzdem hielten sie noch immer an ihrem täglichen Basketballspiel
fest, wenn auch mit weit weniger Elan.
Einzig Hannah sehnte
die täglichen Trainingsstunden mit ganzem Herzen herbei, denn das war die
einzige Gelegenheit, Hakim wenigstens von Weitem zu sehen. Sie war sich sehr
wohl bewusst, dass Leo sie argwöhnisch beobachtete, ließ sich davon aber nicht
beeindrucken. Im Vorbeigehen begrüßte sie den weißen Wüstenfalken, der es sich
zur Angewohnheit gemacht hatte, auf der Rückenlehne der Parkbank auf sie zu
warten. Zärtlich streichelte sie einen Moment lang seinen weißen Kopf. Doch kaum
saß sie auf der Bank, suchten ihre Augen auch schon die Orangenplantagen ab, bis
sie ihn sah.
Jeden Tag saß er am
selben Platz unter dem schattenspendenden Baum und blätterte in dem Buch über
die Wüstenoasen, das erkannte Hannah an dem grünen Umschlag. Und jedes Mal, wenn
ihre sehnsüchtigen Blicke ihn streiften, schien er ihre Anwesenheit körperlich
zu fühlen. Dann hob er den Kopf und für einige kostbare Minuten liebkoste er sie
mit seinen dunklen, samtenen Augen, bis die Spannung zu einer Art Folter wurde
und Hannah sehnsüchtig zurückließ. Doch heute, am Freitagnachmittag, war er
nicht erschienen und das verunsicherte sie zutiefst. Traurig biss sie sich auf
die Lippen.
Als sie auf sie Uhr
sah, erhob sie sich seufzend; jetzt würde er sicherlich nicht mehr auftauchen.
Sie war gerade im Begriff, ihr Buch in die Tasche zu verstauen, als zwei Arme
sie von hinten packten und sie hart an einen sehnigen Körper gedrängt wurde.
Verschreckt zuckte Hannah zusammen.
»Keine Angst, ich bin´s
nur«, ertönte eine harte, nur allzu bekannte Stimme. »Ich bringe dich nach
Hause. Du solltest nicht alleine hier draußen bleiben. Außerdem solltest du dich
noch umziehen, ich hab Karten fürs Kino.«
»Verdammt noch
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