Changelings
seine Stimme zitterte furchtbar. »Ich will hier raus!«
»Es kann nicht mehr allzu weit sein. Der Gang wird enger und führt langsam in die Höhe - wir dürften also schon ! bald an die Oberfläche kommen«, antwortete Sean ermunternd.
Und so war es auch. Sie folgten der Steigung, bis sie an einem Berghang in den kühlen, schneebeladenen Wind hinaustraten. Sean bedurfte seiner gesamten Körperbeherrschung, um nicht am ganzen Leibe loszuzittern.
»He, Shongili, es ist mir egal, was Sie behaupten, aber Ihre Gänsehaut hat gerade eben noch eine zweite Gänsehaut bekommen.
Da ...« Ersol warf Sean einen Pullover um die Schultern. »Du hast doch noch eine Reservehose in deinem Rucksack, nicht wahr, Clotworthy? Mooney, du könntest wenigstens ein paar Socken springen lassen.«
Die Männer machten so lange Pause, bis sie Sean notdürftig eingekleidet hatten, dann folgten sie dem Berghang in die Tiefe. Sie gelangten auf eine kleine Anhöhe mit einer Gruppe windzerzauster Büsche, von der sie auf den See hinunter blicken konnten, dessen
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Ränder nun gefroren waren -der Stelle gegenüber, wo Sean sie verlassen hatte.
»He, ist das nicht Ihre Schwester?« rief Ersol und deutete auf einige Gestalten am Hang.
Irgendwie klang die Bezeichnung >Ihre Schwester< reichlich bösartig. Doch Sean ignorierte den Tonfall; er wußte ja, daß Sinead mitunter etwas schwierig sein konnte, diese Männer aber dringend der einzigen Lektion bedurften, die Sinead ihnen als einzige auf ganz Petaybee erteilen konnte.
Sean legte beide Hände, zu Schalen geformt, an den Mund und stieß den trällernden Ruf aus, den sie stets über längere Strecken zur Verständigung verwendeten. Eine der Gestalten reagierte, indem sie sich aufrichtete und umblickte.
Da rief er: »Sinead!«
Der Klang ihres Namens bebte unter ihren Füßen. Dann kündete ein schriller ferner Pfiff vom gegenüberliegenden Seeufer davon, daß Sinead sie nicht nur gehört, sondern auch erblickt hatte.
»Gehen wir.«
»Können wir nicht irgendwo anders hin als ausgerechnet zu der?«
fragte Minkus jammervoll.
Sean lachte leise vor sich hin, während er die Männer den Hang hinunterführte. Irgendwie hatte ihn diese Begegnung auf eine Weise wiederhergestellt, wie nicht einmal das Schwimmen es vermocht hatte. Vielleicht kam ja auch beides zusammen. Daß der Planet zuerst geheilt und dann enthüllt hatte, was Sean tun mußte - den Zustrom organisieren-und den Planeten so gut schützen, wie er nur konnte.
An den Zustrom wurde er wieder erinnert, als sie auf halber Strecke nach Kilcoole auf Clodagh stießen, die wie eine Entenmutter die Weißkutten hinter sich herschleppte. Diese brachen jedoch schon bald aus der Formation aus und eilten herbei, um jede Menge Umstände zu machen.
»Ihr armen Männer, wir haben eure Schreie gehört!«
»Wohl kaum«, widersprach Mooney. »So laut waren wir auch wieder nicht.«
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»Es war furchtbar«, sagte Clotworthy zu Schwester Agate. »Ich zittere immer noch am ganzen Leib.«
»Das ist die Kälte.«
Die Jäger erzählten den anderen Außenweltlern von der Katze, dem Einhorn und ihren Verletzungen.
»Der arme Mr. de Peugh«, bemerkte Bruder Schiefer aufgeregt.
»Was fehlt ihm denn bloß?«
Clodagh zuckte die Achseln. »Mir scheint, als hätte er im Streit mit Petaybee den kürzeren gezogen.«
»Mit der Gütigen Urquelle?« fragte Bruder Schiefer. »Die Urquelle soll diesen armen Männern das angetan haben?«
»Nein, bestimmt nicht«, warf Bruder Splitt ein. »Das wäre doch nicht besonders .. .na ja, gütig .. .oder?«
»Sünde«, entschied Schwester Feuerfels. »Er hat sich gegen den Planeten versündigt, und der hat ihn gestraft.«
»Hören Sie bloß auf damit!« versetzte Clodagh. »Petaybee hat die Sünde überhaupt noch nicht erfunden.«
»Was haben die getan?« fragte Dr. Matthew Luzon so laut, daß seinem Gesprächspartner am anderen Ende der Funkverbindung die Trommelfelle schmerzten.
»Die Transportgenehmigung der PTS ist widerrufen worden, und das Fahrzeug wurde beschlagnahmt.«
»Das ist doch unmöglich.« Wütend stampfte Luzon den Gehstock, auf den er noch immer angewiesen war, in den dicken Teppich. Es waren noch nicht einmal annähernd genügend Leute auf der Oberfläche! Und er hatte auch noch keine ausreichende Anzahl seiner Agenten einschleusen können, um den beabsichtigten Schaden anzurichten. Makem hatte sich seit seiner Landung auch nicht mehr gemeldet, und so hatte Luzon keine Ahnung, ob die
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