Chaos vor der Kamera
Schmerz war fast nicht mehr zu ertragen. Dann der Strahl einer Taschenlampe: Wie ein greller, scharfer Lichtkegel suchte er den Raum ab, er kam näher und näher. Justus schloss die Augen. Plötzlich klingelte ein Telefon. Es war ein Handy und es schien, als versuchte der Unbekannte hektisch den Apparat aus der Jacke zu ziehen. Die Taschenlampe erlosch und ein kleiner Piepton verriet, dass das Handy ausgeschaltet wurde.
Gleichzeitig entfernten sich eilig die Schritte und Justus atmete befreit auf. Seine Finger waren tief in die Erde gedrückt worden und fühlten sich völlig lahm an. Er krümmte versuchsweise die Finger und war froh, als sie sich auf seinen Befehl hin bewegten.
Langsam schlich er aus dem Schuppen und lauschte angespannt. Der Eindringling war wieder mit dem Ölfass beschäftigt. Leise knirschten die Kieselsteine unter der Last. Minuten später wurde hinter dem Eingangstor ein Wagen gestartet und fuhr davon. Justus’ Knie gaben nach und er sank erschöpft auf einen Stapel Bretter.
Eingegipst
Das Erste, was Justus am Morgen spürte, war seine schmerzende Hand. Das gab ihm wenigstens die Gewissheit, dass er nicht geträumt hatte. Obwohl er viel zu wenig geschlafen hatte, war er sofort hellwach. Wer steckte hinter der unbekannten Person? Was genau hatte sie vor? Justus kam nicht dazu, darüber nachzudenken, denn plötzlich flogen kleine Steinchen gegen die Fensterscheibe. Es waren Peter und Bob, die unten auf ihn warteten. Justus öffnete das Fenster. »Gut, dass ihr so früh da seid. Ich habe eine Menge zu erzählen. Wartet, ich komme gleich runter!« Er schnappte sich sein T-Shirt, blieb nur wenige Sekunden im Badezimmer und rannte die Treppe hinunter zu seinen Freunden.
»Was ist denn los, Just?«, fragte Bob neugierig.
Aufgeregt berichtete Justus von den Ereignissen in der Nacht.
»Das ist ja unglaublich«, stammelte Peter. »Hast du keine Angst gehabt?«
»Selbstverständlich hab ich Angst gehabt«, erwiderte Justus. »Angst, was zu verpassen.« Ein bisschen schämte er sich, als er das sagte, und fügte hinzu: »Na ja, klar hatte ich ein wenig Bammel, wer hätte das nicht mitten in der Nacht.«
Peter und Bob grinsten sich an.
»Gehen wir in den Schuppen! Vielleicht finden wir bei Tageslicht eine Spur«, schlug Justus vor. Wenig später betraten sie die kleine Holzhütte unter Justus’ Fenster.
»Halt! Nicht weitergehen!«, rief plötzlich Bob. »Seht ihr, was ich sehe?«
Peter ging in die Hocke: »Tatsächlich. Da ist noch der Abdruck von Justs Hand im Matsch. Aua, das muss wehgetan haben.«
Justus hatte den Schmerz schon längst vergessen, jetzt strahlten seine Augen.
»Das ist nicht nur ein Abdruck von meinen Fingern, sondern auch vom Schuh des Täters. Und wisst ihr, was wir machen sollten?« Peter und Bob wussten es. Sie wollten einen Gipsabdruck anfertigen.
»Los, holen wir den Gips aus der Kaffeekanne. Dort können wir auch alles Weitere in Ruhe besprechen«, schlug Justus vor.
Sie stiegen auf ihre Fahrräder und fuhren los. Kurz darauf befanden sie sich außerhalb von Rocky Beach.
»Dahinten ist schon unsere Kaffeekanne«, freute sich Peter und zeigte auf einen alten Wasserspeicher, der abseits der Straße versteckt lag. Früher wurde die Kaffeekanne dazu benutzt, um die Kessel der Dampflokomotiven mit Wasser zu füllen. Dafür hatte sie ein schwenkbares Rohr. Von weitem sah das Ganze tatsächlich aus wie eine Kaffeekanne. Sie stellten ihre Fahrräder darunter ab und kletterten die Stahlsprossen hoch. Unter dem Speicher befand sich ein Klappe. Einer nach dem anderen betrat den geheimen Treffpunkt und setzte sich an seinen Platz. Es war wie in einem großen Holzfass. Gerade mal Platz für drei Personen und diversen Krimskrams. Hier lagerten stapelweise Comics, Kekse, halb leere Colaflaschen und die Grundausstattung aller Detektive: Fernglas, Lupe, Notizblock, Gips für Abdrücke und noch vieles mehr. »Wenn wir Burns schon nicht von der Sache erzählen können, sollten wir zumindest Kommissar Reynolds informieren«, begann Peter.
Bob schüttelte den Kopf: »Der sagt uns doch wieder das Gleiche: Wenn kein Schaden eingetreten ist, kann er nicht eingreifen. Ein altes Ölfass dürfte ihn nicht so interessieren. Und außerdem haben wir noch keine Beweise.«
Justus stimmte ihm zu: »Das sehe ich genauso. Und solange die Polizei nicht in Erscheinung tritt, fühlt sich der Täter in Sicherheit. Ich möchte wetten, er schlägt noch mal zu.«
»Und wir gucken einfach dabei zu?«,
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