Chaosprinz Band 2
blonder Haarschopf guckt unter der Decke hervor.
»Was ist denn, Bambi?«, brummt seine Stimme unter Daunen und Laken.
Seufzend setze ich mich auf die Matratze. »Ich sage es ihnen heute.«
Er richtet sich ein bisschen auf und sieht mich fragend an.
»Ich sage Pa und deiner Mutter, dass ich schwul bin.«
Seine grauen Augen fixieren mich, ernst und prüfend. Ich erwidere seinen Blick. Wir schweigen. Ich seufze erneut und lasse mich nach hinten fallen.
»Was denkst du, wie sie reagieren werden?« Starr schaue ich an die Decke.
»Spielt das eine Rolle?« Er blickt auf mich herab.
»Nein, du hast recht, ich werde es ihnen so oder so sagen müssen, aber vielleicht ist es leichter, wenn ich weiß, worauf ich mich einzustellen habe.«
»Vielleicht…«
»Also, worauf muss ich mich einstellen?«
»Peitschen, Schläge, Tritte in den Magen…«
»Alex!«
»Ach, Bambi, wenn ich das wüsste…« Er lacht rau und humorlos.
»Hilfst du mir?« Ich drehe den Kopf, reiße meinen Blick von der weißen Decke los und sehe ihn flehend an. Er reibt sich müde über die Augen, streicht das lange Haar nach hinten und lässt dann den Kopf auf das weiche Kissen sinken. Unsere Gesichter sind sich nun sehr nah…
»Wie soll ich dir denn helfen?«, nuschelt er undeutlich und schließt wieder die Augen.
»Erst mal könntest du nicht wieder einschlafen, wenn ich mit dir über Probleme reden will«, motze ich und halte ihm frech die Nase zu. Er schnappt nach Luft und zwickt mich als Rache kurz in die Seite.
»Ich schlaf ja nicht«, verteidigt er sich gähnend. »Aber was kann ich tun? Soll ich dir packen helfen, alles für deinen Auszug vorbereiten?«
»Danke sehr, du machst mir wirklich Mut«, zische ich gereizt. Seine grauen Augen blitzen entschuldigend. Ich werde wieder ruhiger. »Sprich mit ihnen, versuch, ihnen klarzumachen, dass ein schwuler Sohn kein Weltuntergang ist.« Ich sehe ihn eindringlich an.
»Ich fürchte, ich kann das nicht ganz überzeugend rüberbringen«, seufzt Alex spöttisch. Ich schnappe nach Luft, will etwas erwidern, doch unterbricht er mich, noch bevor ich überhaupt ein Wort sagen kann. »Lass mal, Bambi, keine Grundsatzdiskussion am frühen Morgen, bitte!« Seine Stimme klingt so ernst und will keinen Widerspruch zulassen und so schweige ich und schlucke alle ungesagten Gedanken herunter.
»Wenn du willst, dann rede ich natürlich mit ihnen…«, meint er nach einer kleinen Weile.
»Danke…« Wieder schweigen wir. Ich drehe den Kopf zur Seite, sehe ihn an. Seine grauen Augen schauen zurück. »Wir sollten zum Frühstück gehen.« Langsam richte ich mich auf.
»Hm…« Er verschränkt die Arme hinter dem Kopf und starrt nach oben.
»Kommst du?«
»Ja…«
»Du bewegst dich gar nicht.«
»Nerv nicht, Bambi.« Er verdreht die Augen.
»Beweg dich!« Ich springe vom Bett, schnappe mir seine Decke und zerre daran.
»Lass mich!« Er wehrt sich.
»Nein. Komm jetzt!« Ich ziehe mit ganzer Kraft, verlagere mein gesamtes Gewicht nach hinten und lasse nicht locker. Alex hält dagegen, er ist stärker. Doch plötzlich lässt er los. Ich habe zu viel Schwung und falle sehr unsanft auf den Hintern, die Decke in den Armen. Alex lacht. Wütend sitze ich auf dem Boden. Mir tut der Hintern weh. Mit schmerzverzerrtem Gesicht und knallroten Wangen rapple ich mich auf und reibe mir den Hintern. Autsch!
Alex lacht immer noch. Das ist so selten… aber wenn es dann mal passiert, dann steht man da und weiß nicht, was man tun soll… weil's so schön ist … so ehrlich und frei… Alles, was ich denken kann, ist: Nicht aufhören, er darf nicht aufhören!
Ich würde mich sofort wieder auf den Boden fallen lassen, wenn er dann weiter lacht. Ich rutsche auf Bananenschalen aus, lass mich mit Torten bewerfen, ziehe ein albernes Kostüm an und tanze den Ententanz mit Schwimmflossen und Taucherbrille… Egal, was es ist, ich tu alles, um ihn lachen zu sehen.
»Morgen, Jungs, was ist denn passiert?« Pas Kopf erscheint in der Zimmertür. »Kommt ihr bitte zum Frühstück?«
Alex nickt schnell. Er ist nun still, sieht mich aber immer noch amüsiert an. Ich habe keine Ahnung, was ich sagen soll, darum schweige ich einfach und gehe langsam Richtung Tür. Ich humple ein bisschen, mein Steißbein schmerzt. Als ich im Flur stehe, kann ich ihn in seinem Zimmer kichern hören. Strahlend steige ich die Treppenstufen nach unten.
Es hat eine halbe Ewigkeit gedauert, alle Familienmitglieder um den Esstisch zu versammeln. Aber
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