Chaosprinz Band 2
so viele Punkte bekommst. Beim nächsten Mal kannst du dann ja mit Alex lernen.« Bettina lächelt mich an.
»Ja, so sehe ich das auch. Dieser Dacher muss aber auch ein Aas sein. Bei so einem Lehrer könnte ich wahrscheinlich auch keine Spitzenleistungen bringen.« Pa zwinkert mir kurz zu.
»Hast du Angst, uns zu enttäuschen?«, fragt Bettina gerührt.
»Ja, ich habe Angst, euch zu enttäuschen«, sage ich sehr ernst… und sehr ehrlich.
»Oh«, seufzt Bettina und lächelt.
»Das ist Quatsch, Tobi. Gib dir immer Mühe und arbeite hart, dann sind wir auch zufrieden.« Pa lächelt mich aufmunternd an. »Ist nun alles wieder okay? Oder hast du noch was auf dem Herzen?«
»Nein… ich meine, ja… es ist alles okay…« Betreten starre ich auf den Boden. Pa und Bettina scheinen aber recht zufrieden mit ihrer pädagogischen Leistung zu sein. Beide greifen wieder nach ihren Zeitschriften.
»Da ist noch was…«, sage ich plötzlich sehr laut. Überrascht blicken sie auf… und in dem Moment klingelt es an der Tür.
»Martha ist heute nicht da, ich gehe schon«, meint Pa schnell und eilt hinaus in den Eingangsbereich. Bettina und ich bleiben schweigend zurück. Unsicher lächeln wir uns an.
»Schaut mal, wer uns so unangemeldet besuchen kommt.« Gut gelaunt führt Pa die Gäste ins Wohnzimmer. Es sind Jasmin und Matthias Eichel.
»Nun tu nicht so, Joachim, wir wissen selbst, dass es unhöflich ist, uneingeladen einfach so irgendwo aufzukreuzen, doch wir sind gerade spazieren gewesen und dachten uns, schauen wir mal vorbei und gucken, was die lieben Zieglers so machen«, meint Matthias lachend. Er geht auf Bettina zu und küsst ihre Wange.
»Wir freuen uns, dass ihr da seid.« Sie lächelt und nimmt dann Jasmin in den Arm. Ich reiche beiden die Hände und muss ganz ehrlich sagen, ich freue mich überhaupt nicht, sie hier zu sehen. Erstens platzen sie mir mitten in mein Coming-out und das ist nun wirklich unhöflich und zweitens ertrage ich es einfach nicht, wenn Jasmin so wahnsinnig nett zu Bettina ist. Herrgott, sie hat mit dem Mann ihrer Freundin geschlafen, da ist ein reuevoller Gesichtsausdruck und schamhafte Zurückhaltung ja wohl mehr als angebracht, oder?
Stattdessen strahlt und lacht sie gut gelaunt, wirft in einer anmutigen Bewegung ihr Haar nach hinten und zeigt uns allen ihre weißen, geraden Zähne. Pa bietet ihr den bequemen Platz auf dem Sofa an, sie lächelt und legt ihre Hand auf seinen Unterarm, als sie an ihm vorbeigeht. Eine kleine Geste, Bettina und Matthias haben sie nicht bemerkt und wenn doch, dann haben sie sich dabei sicher nichts gedacht. Doch mir ist sie aufgefallen und ich denke mir etwas dabei.
Pa hat gesagt, ihre Affäre sei beendet. Er hat gesagt, es sei vorbei. Er merkt, dass ich ihn ansehe. Sein Lächeln verschwindet, plötzlich ist da Unsicherheit. Nur Unsicherheit oder auch ein quälend schlechtes Gewissen? Das kann nicht sein, er liebt Bettina…
»Tobi, wir reden später weiter, oder?« Fragend sieht er mich an.
Ich verziehe missmutig das Gesicht und gehe mit gesenktem Kopf in die Küche, als sich die vier Erwachsenen im Wohnzimmer niederlassen und sogleich beginnen, den neuesten Tratsch und Klatsch auszutauschen.
»Und?« Alex hebt die Augenbrauen und sieht mich an, sobald er mein Eintreten bemerkt hat. Er reißt mich aus meinen misstrauischen Gedanken. Elena sitzt mit den Zwillingen am Küchentisch und malt mit ihnen. Alex und Maria machen den Abwasch. Zusammen! Kurz bleibe ich stehen und starre sie an. Ist das ein Traum?
»Was ist nun?«, wiederholt Alex ungeduldig. »Was haben sie gesagt?«
»Ich habe vierundzwanzig Stunden Zeit, um das Haus zu verlassen«, sage ich trocken und schnappe mir einen roten Apfel. Alex und Maria starren mich mit riesigen Augen an. Sie sehen entsetzlich erschüttert aus. »Oh mein Gott, es ist unglaublich, was ihr euren Eltern zutraut.« Ich schüttle teils amüsiert, teils schockiert den Kopf.
»Du hast uns verarscht?«, ruft Maria wütend. Sie wirft mit dem Kü chenhandtuch nach mir. Alex macht ein wirklich finsteres Gesicht. Er presst seine Lippen fest aufeinander und wendet sich wieder der Spüle zu. Ich gehe zu ihm und muss mir das Lachen verkneifen, als er sich demonstrativ von mir wegdreht.
»Tut mir leid, ich wollte euch nicht erschrecken. Aber schön zu wissen, dass ihr mich so vermissen würdet.« Ich lege meine linke Hand auf seinen Unterarm, doch er stößt sie sofort weg und schmollt weiter.
»Wir würden dich nicht
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