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Charlie + Leo

Charlie + Leo

Titel: Charlie + Leo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jochen Till
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nicht so ganz, was das bringen soll, wenn du es ihr anonym schickst. Ich meine, du willst doch erreichen, dass sie auf dich abfährt, oder? Dafür müsste sie dann ja schon wissen, wer du eigentlich bist.«
    »Na ja«, sage ich. »Ich dachte, ich schicke ihr das erst mal anonym und warte ab, wie sie darauf reagier t – falls sie überhaupt darauf reagiert. Und wenn sie es irgendwie scheiße findet, weiß sie wenigstens nicht, wer ihr diese Scheiße geschickt hat. Und falls es ihr gefällt, schicke ich ihr noch mehr Bilder und gebe mich irgendwann zu erkennen. Dann mag sie mich nämlich schon irgendwie und mein Aussehen schreckt sie nicht mehr ganz so sehr ab. Macht das irgendwie Sinn?«
    »Bis auf den Schwachsinn mit deinem Aussehen, absolut. Mann, Alder! Wie oft soll ich es dir denn noch sagen? Du siehst nicht scheiße aus!«
    »Ach ja?«, erwidere ich. »Und wieso hatte ich dann noch keine Freundin?«
    »Aber das hat doch nichts mit deinem Aussehen zu tun! Guck dir mich an! Ich sehe krass geil aus und hatte auch noch keine! Was sagt uns das?«
    Keine Ahnung. Dass er unter Größenwahn leidet? Auf den ich manchmal sehr, sehr neidisch bin. Echt jetzt. Wie viel leichter muss das Leben sein, wenn man fest davon überzeugt ist, krass geil auszusehen.
    »Und? Was sagt uns das?«, wiederholt er seine Frage.
    Ich zucke mit den Schultern.
    »Das sagt uns, dass du endlich damit aufhören musst, dir einzureden, dass du scheiße aussiehst! Weil es nämlich nicht stimmt! Du siehst nicht scheiße aus, du siehst ganz normal aus!«
    Na, super. Ganz normal sehe ich also aus. Wie weit kommt man denn bitte schön mit ganz normal? Vor allem bei einem Mädchen wie Leo?
    »Ganz normal ist für mich aber Scheiße«, sage ich schmollend. »Wer will denn schon ganz normal aussehen? Oder sein? Da wären wir dann nämlich wieder bei Charlie Brown, das ist der normalste Junge der Welt.«
    »Oh Mann, nicht schon wieder dieser Idiot, Alder. Der Typ hat quasi ’ne Glatze, zieht jeden Tag denselben Pulli an und kriegt überhaupt nichts gebacken. Wenn das für dich normal ist, dann bist du jedenfalls weit davon entfernt. Und jetzt ist mal Schluss mit diesem ganzen Quatsch. Schick lieber die E-Mail ab.«
    Stimmt, da war ja noch was. Die E-Mail. Ich bin mir plötzlich gar nicht mehr so sicher, ob das wirklich so eine gute Idee ist. Ich meine, was hilft denn der schönste Comic, wenn sie dann doch irgendwann feststellt, dass der Zeichner nur ganz normal aussieht?
    »Na los, mach schon!«, drängt mich Ingo. »Wenn du wirklich so sehr in sie verknallt bist, musst du das jetzt auch durchziehen.«
    Da hat er allerdings Recht.
    »Meinst du echt?«, frage ich zögerlich. »Aber was, wen n …«
    »Nix, wenn!«, unterbricht er mich. »Abschicken!«
    Ich bewege den Cursor langsam auf das »Senden«-Feld.
    »Abe r …«, sage ich, um noch etwas Bedenkzeit zu schinden.
    » Aber gibt’s jetzt auch nicht mehr!«, fährt Ingo mich an. Dann klatscht er mit seiner rechten Hand auf meine Maus und es ist geschehen. Übermittlung abgeschlossen.
    Jetzt gibt es kein Zurück mehr. Was mir eine Riesenangst einjagt.

4
    »Bevor wir gleich den Klassensprecher wählen, möchte ich euch noch auf etwas hinweisen.«
    Wie bitte, was? Wer hat das gesagt? Mist, ich bin schon wieder eingeschlafen. Ich öffne die Augen. Okay, es ist Schubert, wir haben also immer noch die erste Stunde.
    »Die Schulleitung hat beschlossen, das alljährliche Sommerfest der Mittelstufe gleich am Anfang des Schuljahres zu veranstalten.«
    Na super. Deswegen weckt ihr mich? Da gehe ich doch sowieso nicht hin. Ich hasse solche Schulpartys. Da wird immer getanzt und niemand will einen Charlie Brown tanzen sehe n – am wenigsten er selbst.
    »Es wird bereits diesen Freitag in der Turnhalle stattfinden, ab 1 9 Uhr.«
    Schön für euch. Kann ich dann weiterschlafen? War echt eine verdammt kurze Nacht.
    »Zu diesem Zweck wird ein Festkomitee zusammengestellt, das sich um alles kümmern soll, bestehend aus jeweils drei Freiwilligen aus jeder Klasse. Gibt es hier jemanden, der das gern übernehmen möchte?«
    »Wir, Herr Schubert!«, fiepst es rechts von mir. »Wir machen das!«
    Ich drehe mich um. Okay, das ist jetzt auch nicht unbedingt eine Überraschung. Antoinette. Wenn es darum geht, dekorative Entscheidungen zu fällen und Leute herumzukommandieren, ist sie immer ganz vorn dabei. Und ihre beiden größten Anhängerinnen Nicole und Viola natürlich auch.
    »Gut, dann macht ihr das«, sagt Schubert.

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