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Charlottes Traumpferd

Charlottes Traumpferd

Titel: Charlottes Traumpferd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nele Neuhaus
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neben mir stehen und musterte Gento kritisch. »Na, der sieht ja wirklich toll aus. Als hättest du ihn eingeölt!«
    Sie war schon achtzehn und zweifellos eine der besten Reiterinnen unseres Reitvereins. Mit den beiden Privatpferden Natimo und Heide war sie im hessischen C-Kader und ritt erfolgreich in Dressurprüfungen bis zur Klasse S. Trotzdem war sie nie arrogant, sondern richtig nett, sogar zu uns Jüngeren. Normalerweise hätte mich das Lob aus ihremMund wahnsinnig stolz gemacht, aber heute bedeutete es mir nichts.
    Â»Danke«, erwiderte ich nur und hoffte, sie würde nicht auch von diesem blöden Lehrgang anfangen, auf den ich mich, im Gegensatz zu allen anderen, nicht freuen durfte. Sie merkte wohl, dass ich nicht besonders gut drauf war, denn sie wünschte mir nur viel Spaß und führte Natimo Richtung Dressurplatz.
    Dorothee, Inga und ich verbrachten den ganzen Nachmittag im Stall. Irgendwann wurde den beiden das Thema Reitabzeichen langweilig. Wir setzten uns auf eine der Bänke am Reitplatz und sahen zu, wie Isa mit Natimo so komplizierte Lektionen wie Galopptraversalen und Einerwechsel übte. Dabei malten wir uns zum tausendsten Mal aus, wie es wohl sei, ein eigenes Pferd zu haben. Jede von uns hatte genaue Vorstellungen von ihrem Traumpferd, und Gento kam meiner Vorstellung sehr nahe.
    Um sieben Uhr wurde Inga von ihrer Mutter abgeholt, Dorothee und ich wollten auch gerade nach Hause gehen, als Herr Lauterbach in Begleitung eines jungen Mannes, der Reithosen und Chaps trug, aus dem Stall kam. Sie gingen hinüber zu Gentos Box und ich folgte ihnen. Irgendwie hatte ich ein seltsames Gefühl.
    Â»In diesem Jahr hatte ich schon sechs Platzierungen in M-Springen mit ihm«, hörte ich Herrn Lauterbach sagen. »Und zweimal habe ich L-Springen gewonnen. Verweigern kennt er nicht. Er springt immer und aus jeder Lage.«
    Â»Guten Abend«, sagte ich schüchtern. Sie sollten nichtglauben, ich würde sie neugierig belauschen. Mir gefiel die Art nicht, wie der junge Mann Gento in seiner Box musterte.
    Â»Hallo, Charlotte«, begrüßte mich der Besitzer meines Pferdes, »du hast Gento ja wieder mal auf Hochglanz poliert!«
    Herr Lauterbach lachte ein bisschen zu laut, und mich beschlich erneut der Eindruck, dass ich diesen Mann nicht mochte, der nie eine Möhre oder einen Apfel für sein Pferd dabeihatte und es auch nach einem anstrengenden Turnier mit schmutzigem Fell in die Box stellte. Er nestelte sein Portemonnaie aus der Hosentasche und holte einen Geldschein heraus.
    Â»Hier, Charlotte.« Er reichte mir einen Zwanzig-Euro-Schein. »Ihr habt doch jetzt Ferien. Da kannst du ein bisschen Extra-Geld sicher gut gebrauchen.«
    Â»Aber … aber … das ist doch nicht nötig«, stotterte ich verlegen. »Ich mache das doch gerne.«
    Â»Nein, nein, nein. Das hast du dir wirklich verdient.« Herr Lauterbach drückte mir den Geldschein in die Hand und klopfte mir übertrieben kameradschaftlich auf den Rücken. Sonst war er nie so freundlich. Er streifte Gento das Halfter über und holte ihn aus seiner Box.
    Der junge Mann betrachtete das Pferd prüfend.
    Â»Wie kriegst du das hin, dass er so glänzt?«, wandte er sich an mich.
    Â»Ich putze ihn jeden Tag«, erwiderte ich. »Und ich gieße ihm Sonnenblumenöl über seine Karotten.«
    Die beiden Männer lachten, als ob ich etwas Dummes gesagt hätte. Ich kam mir blöd vor.
    Â»Na, dann wollen wir ihn mal satteln.« Herr Lauterbach ging in den Stall, um das Sattelzeug zu holen.
    Â»Du pflegst Gento also.« Der junge Mann tätschelte Gentos Hals. »Wie ist er denn so im Umgang?«
    Â»Er ist das bravste Pferd der Welt«, antwortete ich, eifrig bemüht, nur das Beste von meinem Liebling zu sagen. »Er erschrickt vor nichts und will immer nur schmusen. Er ist auch nicht kitzlig oder so, und man kann ihn am Halfter grasen lassen.«
    Â»Das ist ja prima.« Der Mann nickte zufrieden.
    Herr Lauterbach kam zurück und machte sich daran, Gento zu satteln. Doch zu meiner Verwunderung schwang nicht er, sondern der junge Mann sich in den Sattel und ritt auf den Springplatz. Ich ging zu Dorothee, die sich auf den Anbindebalken am Rande des Platzes gesetzt hatte.
    Â»Wer ist denn der Typ?«, fragte meine Freundin.
    Â»Keine Ahnung.« Ich ließ den Mann und Gento nicht aus den Augen. »Er hat mich lauter Sachen gefragt. Wie ich

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