Charons Klaue
wir könnten hundert Drow zusammenziehen und Menzoberranzan verlassen, ohne dass Baenre oder ein anderes der großen Häuser es bemerken? , entgegnete Jearth mit so schnellen Handbewegungen, dass Ravel ihm kaum folgen konnte.
Oberinmutter Zeerith wird nicht erfreut sein.
Sie wird es verstehen ,seufzte Jearth. Sie weiß, dass die Augen von Baenre und Barrison Del’Armgo allgegenwärtig sind. Sie weiß auch, dass ich Tiago Baenre ein Angebot gemacht habe, dem obersten Gehilfen von Andzrel Baenre, Waffenmeister des Ersten Hauses.
Ravel warf ihm einen zweifelnden Blick zu.
Tiago ist ein Freund, erklärte Jearth.
Und Baenre untreu?
Kaum, gab Jearth zu. Der Erfolg unseres Plans hängt davon ab, wie zügig wir die Macht von Gauntlgrym an uns reißen, aber auch davon, dass die anderen Häuser unsere neue Stadt als hilfreich ansehen, nicht als Rivalin. Sie müssen zumindest glauben, dass es sich nicht lohnen würde, uns zu verfolgen. In dieser Hinsicht wird Tiago seinem Haus gegenüber loyal bleiben und unseren Zielen nützen, wenn wir Erfolg haben. Es wäre hilfreich, Tiago als Partner aufzunehmen, sobald wir ein Stück weg sind, fügte Jearth hinzu. Übertragt ihm eine Führungsposition in der Expedition. Damit erkaufen wir uns mehr Zeit. Die Geduld von Haus Baenre wird nicht so schnell vorüber sein.
Wir behalten unsere Feinde im Auge, zeigten Ravels Finger an.
»Mögliche Feinde«, antwortete Jearth laut. »Und nur wenn diese Möglichkeit nicht eintritt, wird Haus Xorlarrin erfolgreich sein.«
Ihr zweifelt an der Macht von Oberinmutter Zeerith und Haus Xorlarrin?, fuhr Ravel empört auf.
Ich kenne die Macht von Baenre.
Ravel wollte widersprechen, doch seine Finger brachten wenig zustande. Er war bei Gromph Baenre in die Lehre gegangen und hatte den Erzmagier häufig in dessen Privatgemächer im Palast des Ersten Hauses von Menzoberranzan begleitet. Ravel war ein stolzer Vertreter von Xorlarrin, aber selbst ihn hatte seine Treue nicht blind gemacht.
Er begriff, dass er Jearth kaum etwas entgegensetzen konnte. Wenn es hart auf hart kam, würde Haus Baenre sie auslöschen.
»Soll ich Euch mit Tiago Baenre bekannt machen?«, fragte Jearth hörbar.
Ravel lächelte ihm zu und nickte ergeben.
Tiago Baenre war jung und gut aussehend und lenkte die Eidechse höchst selbstgewiss an der Wand des unterirdischen Ganges entlang. Obwohl sein Sattel seitlich über dem Boden hing, hielt sich der geschickte Tiago dank seiner fest angespannten Rumpfmuskulatur mit Leichtigkeit auf seinem Reittier. Er ritt zwar nicht an der Spitze der hundert Drow, der zweihundert Goblin-Soldaten und der zwanzig Drider – schließlich hatte Ravel vierzig Goblins vorgeschickt, um etwaige Monster aus dem Weg zu räumen –, doch je weiter sie vordrangen, desto klarer wurde allen, dass Tiago das Tempo vorgab.
Byok, seine Unterreich-Eidechse mit den Haftfüßen, war von edler Abstammung, auf Schnelligkeit und Ausdauer gezüchtet und angeblich sogar mit etwas Magie versehen.
Er hält sich für etwas Besseres, gab Ravel seinem Waffenmeister an einer Kreuzung zu verstehen.
Er ist ein Baenre, erwiderte Jearth schulterzuckend, als würden sich weitere Erklärungen damit erübrigen. Was auch zutraf.
Hinter ihnen war Knochengeklacker zu vernehmen. Ravel zügelte seine eigene Echse und drehte sich zur Seite, um das Wesen zu begrüßen.
»Ein Goblin hat nach Flavvar gestochen, meiner Gefährtin«, sagte das Wesen, das halb Drow, halb Spinne war. Seine Stimme vibrierte wie bei einem Insekt, klang aber dennoch melodisch wie bei dem Drow, aus dem die Kreatur entstanden war. Irgendwann hatte er den Zorn der Priesterinnen von Lolth auf sich gezogen, und zwar gehörig, denn sonst hätten sie ihn nicht in eine derartige Abscheulichkeit verwandelt.
»Vermutlich vor Schreck«, bemerkte Jearth. »Hat sie sich an ihn herangeschlichen?«
Der Drider, Yerrininae, warf ihm einen bösen Blick zu, aber Jearth wandte sich grinsend ab.
»Hat der Goblin ihr etwas getan?«, fragte Ravel.
»Er hat sie erschreckt. Und mich. Ich habe reagiert.«
»Reagiert?«, fragte Ravel misstrauisch.
»Er hat den Goblin mit seinem Dreizack aufgespießt«, folgerte Jearth, und als Ravel den Drider wieder ansah, stellte er fest, dass dieser stolz die Brust blähte und nicht widersprach.
»Wir möchten den Dummkopf verspeisen«, erklärte der Drider an Ravel gewandt. »Ich beantrage, dass wir etwas langsamer vorrücken, damit wir uns an ihm laben können, bevor seine Säfte zu stark
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