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Cheffe versenken (German Edition)

Cheffe versenken (German Edition)

Titel: Cheffe versenken (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christiane Güth
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nehmen.«
    »Vielen Dank, Herr Bellersen.«
    Die Anrede mit Namen war mir schon mal gelungen. Ich schaute verlegen in meine Tasse.
    »Sie sind also studierte Journalistin, wie mir Frau Muns mitteilte.«
    »Na ja, nach sieben Semestern …«
    »Schön, schön. Solange Sie nicht so einen Müll verzapfen wie Ihr Kollege von dieser Westfalenkurier -Postille, sind Sie genau die Richtige für uns.«
    Welcher Kollege? Ich hatte keine Ahnung, was im Westfalenkurier stand, nickte aber artig mit dem Kopf. Zweiter Versuch, einen Schluck Kaffee zu nehmen.
    »Sicherlich kennen Sie unsere Bücher. Allesamt Bestseller.«
    Bellersen wollte scheinbar nicht sitzen. Er wanderte durch sein Büro, blieb vor einem der kleinen Fenster stehen und lugte hinaus.
    »Die Buchreihe Weltenbummler Bellersen brachte uns den Durchbruch. Das war 1962.«
    »Wodurch?«
    Er drehte sich ruckartig um. Im Gegenlicht der kleinen Fenster konnte ich es nicht genau sehen, aber ich glaubte unter einer der Strähnen eine pochende Ader zu erkennen. Seine großporige Nasenspitze zuckte immer noch.
    »Ich denke, es gibt keinen Haushalt in unserem Land, in dem nicht mindestens ein Weltenbummler -Reiseführer zu finden ist.«
    Unser Haushalt hatte keinen, aber das verschwieg ich ihm mit einem zustimmenden Nicken.
    »Tja, das war der Anfang unserer beispiellosen Erfolgsgeschichte. Kulturinstanz und Marktführer Bellersen!«
    Bernold Bellersen wandelte weiter.
    »Mein Name steht für Fernweh, weite Welt und Abenteuer.«
    »Aber hat nicht Ihr Vater den Verlag –?«
    Ein grimmiger Blick durchschoss die Luft. Wohl nicht das, was er hören wollte.
    Es klopfte.
    »Was ist denn jetzt schon wieder?«, brüllte Bellersen, als Frau Heyster vorsichtig den Kopf durch den Türspalt steckte.
    »Herr Claassen ist da«, flüsterte Frau Heyster beflissen.
    »Einen Moment noch, habe Frau Gellert gleich verarztet«, lächelte Bellersen versöhnlich.
    Wie schnell konnte ein Mensch seine Laune ändern? Und was bedeutete verarztet ? Ein beschleunigtes Herzklopfen verstärkte mein Unwohlsein.
    »Wo war ich stehengeblieben? Ach ja, nächstes Jahr feiern wir unser 50-jähriges Jubiläum, und die Vorbereitungen sind in vollem Gange. Sie haben also nicht mehr viel Zeit.«
    »Wie, Zeit?«, stotterte ich leise dazwischen.
    »Sie fangen morgen um 9 Uhr an. Pünktlich, versteht sich. Acht Stunden tägliche Arbeitszeit. Sie sitzen im Büro von Frau Muns. Abgabe der Festschrift in genau sechs Monaten. Erstes Kapitel zur Abnahme in zehn Tagen.«
    »Aber Herr Bellersen …«
    »Schon gut. Bedanken können Sie sich später.«
    »Ich bin nicht sicher, ob …«
    »Und noch eins: Diese Spinnereien aus der Zeitung lassen Sie links liegen. Ihre Vergütung beträgt 18   000 Euro pauschal, brutto versteht sich – plus Kantinenzuschuss. Aber dafür erwarte ich Spitzenqualität und absolute Verschwiegenheit! Das werden Sie ja wohl hinbekommen.«
    Mir rutschte die Tasse aus der Hand.
    »Alles Weitere klären Sie mit Frau Heyster!«
    Bellersen stürmte aus der Tür.
    »Aah, Claassen«, hörte ich ihn rufen. »Geh schon rein. Ich muss nur schnell für kleine Königstiger.«
    Endlich fiel es mir ein: Bernold Bellersen war weder König noch Tiger. Mit seinen nervösen Zuckungen erinnerte er mich an ein Riesenkarnickel auf der Flucht.
    »Wissen Sie, er fackelt nicht lange«, sagte Frau Heyster, als sie mit dem Putzlappen die Kaffeepfütze vom Tisch wischte. Ich saß wie eine Wachsfigur auf meinem Stuhl.
    18   000 Euro! Die Zahl sprang in Quadern durch mein Hirn. So viel Geld hatte ich in den letzten zehn Jahren nicht verdient.
    »Sie sollten jetzt lieber gehen. Herr Bellersen kann ein wenig ungehalten reagieren, wenn Personen nicht am richtigen Platz sind.«
    Am richtigen Platz? Ich fühlte mich so deplatziert wie Arnold Schwarzenegger in einem französischen Autorenfilm. Und so ein sprunghafter Typ wie Bernold Bellersen war nicht auszuhalten. Auch wenn die Bezahlung verlockend klang, diesen Job konnte ich unmöglich annehmen.
    »Ein neues Gesicht?«
    Mit dieser Frage wurde ich aus meinen Gedanken gerissen.
    »Das ist Frau Gellert, sie wird unsere Verlagschronik schreiben.«
    Frau Heyster übernahm jetzt die Regie. Ihre Hände auf meinen Rücken gelegt, schob sie mich durch die Tür ins Vorzimmer.
    »Und das ist Herr Claassen, unser ältester Mitarbeiter.«
    »Danke für das Kompliment, Luise«, gab Herr Claassen mit einem Lächeln zurück. »Ich bin sozusagen der Verlagsdinosaurier. Schön, Sie

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