Cheffe versenken (German Edition)
kennenzulernen.«
»Ganz meinerseits«, stammelte ich. Plattitüdenkönigin Trixi auf dem großen Parkett.
Henner Claassen hatte eine angenehme Ausstrahlung. Wenn er lächelte, leuchteten seine Augen wie die eines jungen Mannes.
»Wir werden sicherlich noch viel miteinander zu tun haben. Ich bin seit 38 Jahren Redakteur hier im Hause. Wenn Sie Fragen haben, kommen Sie jederzeit vorbei. Ich sitze im Erdgeschoss.«
»Henner, alter Geheimniskrämer! Du siehst so ausgeschlafen aus, hast du zu wenig Arbeit?«
Bernold Bellersen drängte sich an mir vorbei.
»Wenn du mir schlechte Nachrichten bringst, schmeiß ich dich raus! Frau Heyster, geben Sie mir die Unterlagen für Bellersens Goldene Route !«
Claassen folgte Bellersen mit einem verschmitzten Lächeln. In 38 Berufsjahren hatte er sich offenbar eine Menge Gelassenheit zugelegt.
Die Tür flog ins Schloss, und Frau Heyster atmete tief durch.
Ich hielt noch immer die leere Kaffeetasse in der Hand und stand benebelt vor Frau Heysters Schreibtisch. Höchste Zeit, die Flucht zu ergreifen.
»Vielen Dank für den Kaffee, ich geh dann mal.«
Irgendwie musste ich mich elegant aus der Affäre ziehen.
»Gut, Frau Gellert, die Vertragsformalitäten können wir auch morgen erledigen. Frau Muns hat uns ihre Kontaktdaten weitergeleitet. Sie werden sehen, Ihre Ankunft wird sich schnell herumsprechen. Wir haben einen ausgezeichnet funktionierenden Flurfunk.«
Mit einem Seufzer nahm mir Frau Heyster die Tasse ab.
Als ich aus dem Verlagsgebäude trat, wurde mir schwarz vor Augen. Ich japste und knöpfte mein Sakko auf. Diese Arbeit war ganz sicher nichts für mich. Keine Stunde würde ich es in dieser Gruft aushalten, auch nicht für 18 000 Euro. Das konnte Frau Heyster gern über den Flur funken.
Während ich in meiner Tasche nach einem Kaugummi kramte, öffnete sich die Tür. Lauthals diskutierend kamen der hübsche Mann und die blonde Frau heraus. Bereits als die beiden aus Bellersens Büro stürmten, waren mir die eisblauen Augen des Mannes aufgefallen. Als er mich sah, blieb er einen kurzen Moment stehen und blickte mich geradewegs an. Unsere Augen waren auf gleicher Höhe. Endlich mal ein gutaussehender Mann in meiner Größe. Mein Schwindel verstärkte sich, und ich hielt mich am Handlauf fest.
»Geht es Ihnen nicht gut?«, fragte er höflich. Die dralle Blondine tänzelte ungeduldig auf ihren hohen Absätzen hin und her.
»Alles o.k., danke«, stammelte ich.
»Gib Gas, Alan, wenn wir nicht gleich in der Druckerei sind, bringt Bellersen uns um!«
»Da wären wir ja nicht die Ersten.«
»Halt einfach die Klappe und beeil dich. Nach dem Druckereitermin muss ich zum Westfalenkurier . Die Sache mit Paul bringt uns schlechte Presse. Habe keine Lust, auf der Buchmesse allen erklären zu müssen, was passiert ist.«
Kein Zweifel, hinter diesen ehrwürdigen Mauern herrschte ein rauer Ton.
»Ciao. Und – schicke Bluse haben Sie da an«, sagte der Dunkelhaarige mit einem kurzen Blick auf meinen Bauchnabel. Dann sprang er die Stufen hinab. Meine Augen konnten nicht von ihm lassen.
»Wie siehst du denn aus?«
Florence hockte im Vorgarten und zupfte Unkraut. Ich hatte es gerade noch nach Hause geschafft. Kurz hinter dem Marktplatz hatte die Polizei mich angehalten. Die Beamten hatten allen Ernstes angenommen, ich sei betrunken, da ich in Schlangenlinien auf dem Gehweg fuhr.
»Florence, mir ist übel«, warf ich ihr zu. Ich ließ mein Rad gegen die Garagenwand fallen, als sie mich abfing.
»Moment, Mademoiselle! So kannst du doch jetzt nischt nach oben ge’en. Isch mache dir erst mal eine Tasse Tee.«
Florence entledigte sich ihrer violetten Gartenhandschuhe, begleitete mich in ihre Wohnung und verfrachtete mich geradewegs auf das geblümte Sofa im Wintergarten, das zwischen den üppigen Rosenstöcken kaum auffiel.
»Geeerd? Trixi ist wieder da. Isch glaube, Bellersen ’at ihr etwas angetan, dieser Verbrescher.«
Sie schälte mich aus dem Sakko. Augenblicklich wurde mir wohler. Gerd schaute besorgt um die Ecke. Auf seinem Schoß lag eine stattliche Werkzeugkollektion.
»Was ist passiert?«
»Nichts ist passiert. Mir ist nur schlecht. Enge Räume, enge Kleidung und so.«
»’ast du den Job?«
»Ja, oder nein, das ist nichts für mich.«
Ich erzählte den beiden von meinem Gespräch, und sie hörten sich geduldig meine Ausführungen an.
»Aber Trixi, meinst du nicht, dass der Job eine tolle Chance für dich ist?«, fragte Gerd schließlich.
»Sechs
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