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Chiara Fontana - Das Möbiusband (German Edition)

Chiara Fontana - Das Möbiusband (German Edition)

Titel: Chiara Fontana - Das Möbiusband (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Bergmann
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Vanetti war ein Mann voll lebhafter Phantasie. Er hatte an einem Tag mehr Einfälle als andere in einem Jahr und manche in ihrem ganzen Leben. Die Vanettis lebten als Kaufleute und Händler seit altersher. Ihr Wahlspruch lautete: Sapienti sat est!
    „Dem Verständigen genügt’s!“ murmelte Chiara.
    Sie zählten diesem Spruch gemäß stets zu den führenden Familien, aber sie drängten nie ganz nach vorne. Denn sie begriffen, dass zu viel Macht nur kurzfristige Gewinne bringt, am Ende aber hohes Risiko und Verlust.
    Emilio entwickelte sich anders als seine Vorfahren, kühner und mit hochgesteckten Zielen. Deshalb mochte es kein Zufall sein, dass die Madonnenfigur nach Jahrhunderten ausgerechnet ihm unter den Händen zerbrach und ihren Inhalt frei gab. Die Wenigen, die er ins Vertrauen zog, hatten Angst vor dem Katapult des Teufels, er aber schien wie besessen davon. Und mich überzeugte er auch. Er las die Schriften seines Urahnen, so gut er es vermochte. Als er nicht weiter wusste, reiste er nach Bologna zu einem hoch gelehrten Professor der Universität. Er wollte nicht, dass jemand in Florenz davon erfuhr.
    Dann entdeckte er, wie das Katapult zu bedienen ist. Damals hätte er es vernichten sollen. Einmal fiel es aus Unachtsamkeit in ein Becken mit glühenden Kohlen. Doch es erhitzte sich nicht und zeigte keine Spur einer Beschädigung. Ins tiefe Meer hätten wir es werfen sollen.
    Es kam anders. Wir schmiedeten Pläne. Wir wollten Macht gewinnen, denn wir erkannten, dass es eine mächtige Waffe ist. Ich schlug vor, zum Herzog zu gehen, doch Emilio lachte mich aus. „Zum Kaiser gehen wir“, sagte er, „denn das ist eine kaiserliche Waffe. Er wird sie hoch schätzen und er wird uns hoch schätzen, weil niemand sonst sie bedienen kann.“
    Es gab nur zwei Menschen außer uns, die vom Katapult des Teufels wussten. Dies waren Emilios Frau Antonietta, die Tochter des Mailänder Kaufmanns Ghinero und Bruno Vanetti, Emilios jüngerer Bruder. Ihnen verrieten wir nichts Näheres. Emilio Vorsicht und Misstrauen nahmen zu, seit er die Macht des Katapults verstanden hatte. Er sagte den beiden, das Ding wäre zu nichts nütze und er habe es in eine Felsspalte geworfen, wo es für immer liegen werde. Und das Manuskript dazu, denn es sei eine Fälschung. In Wahrheit versteckten wir beides im Weinkeller meines Vaters.
    Emilios Misstrauen richtete sich also selbst gegen seine engste Familie. Doch mir vertraute er. Hätte er es nicht getan! Sein Vertrauen sollte ihn das Leben kosten.
    Wir planten eine Reise nach Wien. Emilio hatte schon zuvor überlegt, den Schwerpunkt seines Geschäfts in das Zentrum des Reichs zu verlegen und mein Vater freute sich über meinen Eifer, es dem Freund gleichzutun. Das benutzten wir als Vorwand. Wir wollten mit dem Pferd reisen, nur in Begleitung zweier Knechte, um möglichst rasch voranzukommen.
    Am 5. Mai im Jahr des Herrn 1.700 brachen wir auf. Bei gutem Wetter gelangten wir über Bologna und Verona nach Tirol. In Meran blieben wir einige Tage die Gäste eines Geschäftsfreundes von Emilio, der in Wien über gute Beziehungen verfügte und uns mehrere Empfehlungsschreiben mitgab. Denn so kühn Emilio seine Ziele auch steckte, er wusste, dass es nicht einfach sein würde, bei den richtigen Leuten Gehör zu finden. Von Meran wandten wir uns ostwärts und überquerten die Alpen bei Sillian. Nun folgten wir dem Fluss Drava auf seinem Weg nach Kärnten.
    Die Reise verlief ruhig, doch mein Freund wurde immer reizbarer und die kleinsten Zwischenfälle führten zu heftigem Streit. Vielleicht bedauerte er bereits, mir allzu sehr vertraut zu haben. Ich teilte schließlich als einziger das Geheimnis mit ihm. Er beobachtete mich. Ich fing Blicke von ihm auf, die mir Angst machten. Aber ich spürte, dass ich mich auch selbst veränderte. Manchmal träumte ich mit offenen Augen davon, das Katapult für mich allein zu besitzen. Welche Macht hätte ich in meinen Händen gehalten! Mit niemandem müsste ich sie teilen. Und in Wahrheit hielt ich gar nichts in Händen. Das Katapult blieb in einem Beutel verstaut, den Emilio keine Sekunde unbeaufsichtigt ließ. Er verstand es ja auch viel besser, damit umzugehen. Mich hatte er nur in die Grundlagen eingeweiht, er aber hatte geübt und Meisterschaft erlangt. Von dem noch größeren Geheimnis des Schlüssels, der dem Katapult erst seine wirklich teuflische Kraft verleiht, wusste ich fast nichts. Er trug ihn um den Hals wie einen Schmuck oder ein Amulett. Ich

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