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Chiara Fontana - Das Möbiusband (German Edition)

Chiara Fontana - Das Möbiusband (German Edition)

Titel: Chiara Fontana - Das Möbiusband (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Bergmann
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erkannte, dass ich, welche Stellung er auch erreichte, nach seinen Plänen immer nur sein Knecht bleiben durfte. Je mehr ich nachfragte, umso verschlossener wurde er. Und umso größer wurde mein Wunsch, mehr zu sein als ein Knecht.
    Der zwanzigste Tag unserer Reise stand von Beginn an unter keinem guten Stern. Wir verfehlten den Weg und ritten weit in ein abgeschiedenes Tal, ehe wir unseren Irrtum erkannten. Das kostete uns mehrere Stunden. Und von mir hatte eine neue Sorge Besitz ergriffen. Wer dem Katapult gebot, würde rasch in den Ruf geraten, in einem Bündnis mit dem Teufel zu stehen. Ich zweifelte ja selbst nicht daran, dass der Satan seine Hand im Spiel hatte. Von dort folgte nur ein kleiner Schritt bis zur Anklage als Ketzer und Hexenmeister mit allen schrecklichen Folgen.
    Emilio lachte mich aus. Er sagte, wer ganz alleine Schlachten entscheiden könne, dessen Platz sei ein Fürstenthron, nicht der Scheiterhaufen. Er verhöhnte mich, weil ich erst jetzt daran dachte und er beleidigte mich als gemeinen Feigling. Es fehlte nicht viel und wir wären mit den Degen aneinander geraten. Doch im letzten Moment tat er so, als ob alles nur ein Scherz gewesen sei und fragte spöttisch, ob ich denn nicht mehr Scherz von Ernst unterscheiden könne. Also ritten wir weiter, doch der Zorn in mir besänftigte sich nicht so rasch. Unser Ziel für diesen Tag war die Stadt Villach, die sich im Besitz des Erzbischofs von Bamberg befand. Es hatte zu regnen begonnen und wegen unseres Umwegs brach die Dunkelheit herein, ehe wir die Stadt erreichten. In einer leeren Scheune fanden wir einen Unterstand, aber keinen Span trockenen Holzes, um ein Feuer zu machen. Als der Regen nachließ und die Wolken aufrissen, ging Emilio hinaus, um Ausschau nach einem bewohnten Ort zu halten, wo wir die Nacht angenehmer verbringen konnten als, nass und hungrig, in der kalten Scheune. Der Lederbeutel mit dem Katapult blieb an seinem Sattel festgeschnallt. Erstmals hatte er vergessen, ihn mit sich zu nehmen. Ohne Überlegung öffnete ich ihn und nahm das Katapult an mich. Ich eilte ihm nach. Er stand auf einem kleinen Hügel, der einen besseren Ausblick bot als der Platz vor der Scheune. Ich folgte ihm dorthin. Ohne Plan, ohne eine Vorstellung, was ich tun würde, wenn er mich entdeckte, das schwöre ich. Direkt an den Hügel grenzte ein Acker und gleich daneben floss die Drava. Recht unheimlich und dunkel strömte sie dahin, beinahe lautlos. Ich verhielt ein Dutzend Schritte hinter ihm, als er sich umdrehte. Mir mangelte es an jedem klaren Gedanken, seit ich das Katapult an mich gebracht und die Scheune verlassen hatte.
    Trotz des schwachen Lichts erkannte Emilio sofort, was ich in meinen Händen hielt. Sein Gesicht verzerrte sich, seine Augen blitzten vor Wut, er rief: „Du bist ein Verräter, Alexandro Parello! Ein elender, feiger, gemeiner Verräter! Ich habe es gewusst, du Schlange!“
    Und dabei sprang er auf mich zu. Wenn er das nicht getan hätte – vielleicht wäre alles anders gekommen. Doch die neuerliche Beleidigung und die Bedrohung fachten auch meinen Zorn aufs Neue an. Ich setzte das Katapult ein. Es schleuderte ihn augenblicklich hoch. So hoch, dass ich ihn nur mehr als kleinen, dunklen Punkt am mondhellen Himmel wahrnahm. Das blieb er für eine kurze Zeitspanne. Dann stürzte er herab. Halb gelähmt vor Entsetzen versuchte ich ihn wieder aufzufangen, wie wir es manchmal mit Steinen und Felsbrocken geübt hatten. Aber meine Fertigkeit reichte nicht aus. Emilio stürzte in den Acker und schlug schwer auf. Mit einem schrecklichen, dumpfen Ton. Es klang wie ein Sturz von einem sehr hohen Felsen. Er muss auf der Stelle tot gewesen sein. Ich brachte den Mut nicht auf, zu ihm zu gehen.
    „Was habt Ihr getan?“ fragte eine Stimme direkt hinter mir, schwankend zwischen Wut und Angst. Ich drehte mich um. Es war Emilios Knecht, der so anklagend sprach. Mein eigener stand daneben. Sie hatten alles mit angesehen und nun sahen sie auch das leuchtende Katapult in meinen Händen. Als ich einen Schritt auf sie zutat, reckten sie mir ihre Arme entgegen mit weit gespreizten Fingern und vor Schreck verzerrten Gesichtern.
    „Er ist des Teufels!“ rief mein Diener.
    Ich wusste, wenn sie sprechen würden, wäre ich verloren. Ich sah schon die Flammen an meinen Beinen emporlodern, meinen Körper einhüllen, mein Haar und meine Haut verzehren, mich langsam und schmerzgepeinigt zu Tode rösten. Meine eigenen Schreie gellten mir in den Ohren.
    In dieser

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