Chicagoland Vampires 03 - Mitternachtsbisse
Emotionen finden. Mit diesem Gedanken kehrte mein Verstand zurück, und meine Leidenschaft kühlte sich merklich ab.
»Es sollte eingebildeten Vampiren verboten werden, so gut auszusehen«, sagte Lindsey und schnalzte mit der Zunge.
»Du hast völlig recht«, stimmte ich ihr zu und dachte, dass etwas weniger Leidenschaft meine Beziehung zu Ethan wesentlich einfacher gestalten würde.
Ich wandte meinen Blick von den kämpfenden Vampiren ab und ließ ihn durch den restlichen Raum schweifen. Die Galerie, die den Sparringsraum umgab, war gut gefüllt, mit Vertretern beiderlei Geschlechts. Ale Frauen – und auch einige der Männer – starrten gebannt auf das Geschehen zu ihren Füßen. Mit hochroten Wangen und verträumtem Blick folgten sie jeder Bewegung.
»Auf der anderen Seite bekommen wir nur durch sie eine solche Fleischbeschau.«
Ich warf ihr einen kurzen Blick zu und hob eine Augenbraue.
»Fleischbeschau?«
»Na, du weißt schon« – sie hielt inne und deutete auf ihre Brust – »oben ohne, nur mit männlichen Brüsten. Bist du anderer Meinung?«
Ich richtete meinen Blick wieder auf den Meistervampir, der sich gerade bückte, um ein Bokken, eine hölzerne Trainingswaffe, von einer der Matten aufzuheben. Durch die Bewegung traten seine Muskeln hervor, vor allem die seiner Brust.
»Ich bin absolut deiner Meinung«, antwortete ich. »Durch sie bekommen wir eine beachtliche Fleischbeschau. Und wenn sie ihren Körper schon zu Markte tragen, können sie wohl kaum erwarten, dass wir wegsehen.«
Lindsey nickte mir zustimmend zu. »Ich weiß nicht, woher dieses neue Selbstbewusstsein kommt, aber es gefällt mir.«
»Das ist mein neues Ich«, flüsterte ich ihr zu, und es stimmte. Die Verwandlung in eine vollwertige Vampirin war nicht ohne Probleme verlaufen – sowohl in geistiger als auch körperlicher Hinsicht –, aber ich kam so langsam mit mir selbst zurecht. Den physischen Teil der Verwandlung hatte ich zweimal durchlaufen müssen, weil es beim ersten Mal nicht richtig geklappt hatte. (Ethan hatte mich, weil er von Schuldgefühlen geplagt war, beim ersten Mal betäuben lassen, damit ich nicht so große Schmerzen hätte, und dadurch war die komplette Verwandlung verhindert worden.) Außerdem war ich aus dem Brownstone in Wicker Park ausgezogen, in dem ich mit meiner früheren Mitbewohnerin Malory gelebt hatte – die früher auch meine beste Freundin gewesen und mittlerweile eine aufstrebende Hexenmeisterin war –, und hatte mir ein Zimmer in Haus Cadogan gesucht. Ich hatte mich bei Treffen mit meinen Eltern und ihren langweiligen Freunden wacker geschlagen, woran ich nur auf Befehl Ethans teilgenommen hatte, weil wir versuchten, Vampir-Raves aus den Schlagzeilen zu halten. Und wenn man mal von den beiden Schaukämpfen absah, die ich Ethan geliefert hatte, hatte ich es geschafft, Celina die Hälfte der Zeit eine Niederlage beizubringen, wenn sie auf einen Kampf aus gewesen war. Meine Kampfstatistik sah also gar nicht so schlecht aus.
Ich hatte schon einiges an Aufregung auf meinem Konto verbuchen können, hier war ich also, eine junge Vampirin in der historischen Funktion einer Hüterin, die das Haus vor allen Wesen bewahrte, mochten sie nun leben oder tot sein.
Über Nacht hatte ich mich praktisch von einer Doktorandin in eine Vampirkriegerin verwandelt. Und diese Verwandlung wollte Noah Beck jetzt zu seinen Gunsten nutzen.
»Merit. Merit. «
Obwohl Lindsey meinen Namen mehrmals ausgesprochen hatte, musste sie mich erst anstoßen, um mich aus meiner Erinnerung an das Treffen mit Noah zu holen und in den Sparringsraum des Hauses Cadogan zurückzubefördern. Sie hatte mich mit der Schulter angerempelt, um meine Aufmerksamkeit zu erregen und sie auf Ethan zu richten, der vor mir stand, die Arme in die Hüften gestemmt. Seine schulterlangen blonden Haare hatte er zusammengebunden. Mit erhobener Augenbraue sah er herablassend auf mich nieder. Luc war nirgendwo zu sehen … und alle Blicke waren auf mich gerichtet.
»Ähm, ja?«, fragte ich. Von der Galerie war Gekicher zu hören.
»Wenn du mit deinen Tagträumen fertig bist«, sagte Ethan in die folgende Stile hinein, »wärst du dann vieleicht so freundlich, auf die Matten zu kommen?«
»Entschuldigt, Lehnsherr«, murmelte ich, schlüpfte aus den Flipflops und betrat die Matten mit meinem Katana. Meine Sportkleidung hatte ich zum Glück bereits angezogen – einen schwarzen Sport-BH und eine Yoga-Hose.
Ich folgte Ethan in die Mitte des Raumes und
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