Chili und Schokolade
Dingen keine Ahnung, so was regelt Konrad. Also kreuze ich einfach «bar bezahlt» an.
Bei Fragen wie «momentaner Beruf/Verdienst» gibt es zum Glück auch die Rubrik
Hausfrau
. Von elementarer Wichtigkeit scheinen aber meine Einkaufsgewohnheiten zu sein. Drei Seiten lang geht es nur darum,
wo
ich
was
und
warum
einkaufe. Ich bin wirklich gespannt, um was für einen Job es sich handelt. Ob er etwas mit kochen zu tun hat? Dann wäre ich doch die Idealbesetzung.
Für den ausgefüllten Bogen erhalte ich eine Nummer von dem Pferdeschwanz-Mädchen. Damit schickt sie mich in die entgegengesetzte Richtung des Flurs, wo ich wieder hinter der Konkurrenz Schlange stehen muss.
Irgendwann komme ich an die Reihe. Ein rotgesichtiger Mann in Hemd und Pullunder schiebt mir träge zwanzig Euro und eine Quittung über den Schreibtisch zu.
«Hier unterschreiben.»
«Wofür ist das?», frage ich verwundert.
«Na, Sie haben doch bei der Marktanalyse mitgemacht.»
«Äh, ich habe nur einen Fragenbogen ausgefüllt», widerspreche ich leise.
«Sag ich doch», meint er und schüttelt verständnislos seinen roten Kopf. «Die Nächste», brüllt er an mir vorbei.
Verwirrt verlasse ich das Gebäude und muss zu meinem Entsetzen feststellen, dass an meinem Auto ein Strafzettel über dreißig Euro klebt! Merde! Die Vorderräder meines Wagens stehen angeblich unerlaubt in der Einfahrt. Damit sind die zwanzig Euro also schon wieder futsch.
Auf der Heimfahrt quillt meine Wut langsam auf wie ein Hefeteig. So ein Reinfall! Immer nur Kinder, Küche und Familie macht also doch meschugge!, schimpfe ich leise vor mich hin. Da hilft auch kein Pro-Hausfrauen-Werbespot. Ein Grund mehr, mir einen Job zu suchen! Sonst verblöde ich noch komplett und mutiere zur dressierten Haushaltsmaschine.
Am Abend betritt Konrad überraschend gut gelaunt das Haus. Seinem heiteren, entspannten Gesichtsausdruck entnehme ich, dass er eine höchst erfolgreiche Woche hinter sich hat.
«Hallo», begrüßt er mich knapp, aber freundlich und gesellt sich wider Erwarten zu mir an den Küchentresen, wo ich vorsorglich die Zutaten für den Martini bereitgestellt habe.
Gekonnt lässig gießt er die Flüssigkeiten über die perfekt geformten, durchsichtigen Eiswürfel in die Glaskaraffe. Als echter Kenner trinkt er seinen Cocktail natürlich gerührt.
«Und? Wie hast du dich in der Hundefrage entschieden?» Seine Frage klingt so verbindlich, als ginge es plötzlich um einen gemeinsamen Urlaub, den wir seit Jahren nicht mehr gemacht haben.
«Oscar ist noch nicht mal eine Woche tot», erinnere ich ihn vorsichtig.
Belustigt sieht er mich an. «Ach, es gibt auch ein Trauerjahr für Hunde?»
Um eine Szene zu vermeiden, fülle ich das Eis in dem fast vollen Behälter auf und versuche das Thema zu wechseln. «Wann möchtest du denn essen?»
Genüsslich leert Konrad erst sein Glas, bevor er antwortet: «Für mich nur eine Kleinigkeit und ein kühles Bier. Aber nichts Warmes. Lieber irgendwas Kaltes, das ich nebenbei beim Fernsehen essen kann. Ich möchte mir ein Golfspiel ansehen.»
Da ist es wieder, dieses unerträgliche Gefühl, dass mich mein Mann nicht mehr zur Kenntnis nimmt. Wie dicker Novembernebel legt es sich über mich und nimmt mir die Luft zum Atmen.
Während Konrad vor dem Fernseher seine «Kleinigkeit mit Bier» verzehrt, werde ich unsichtbar, verschmelze in meinem hellgrauen Fleeceanzug mit dem weiß-grauen Küchentresen. Leise seufzend stelle ich benutzte Teller in die Spülmaschine, wische über die Arbeitsplatte und schreibe nebenbei den Einkaufszettel fürs Wochenende. Ohne mich besonders konzentrieren zu müssen, habe ich nach kurzer Zeit alle benötigten Lebensmittel notiert. Ist das nun die vielgerühmte Fähigkeit von Hausfrauen und Müttern, mehrere Dinge gleichzeitig tun zu können, oder nur stumpfsinnige Routine? Nein, es sind die immer gleichen Tätigkeiten und Gewohnheiten, die sämtliche Gehirnzellen einschläfern und mich langsam verblöden lassen, murmele ich erschöpft vor mich hin.
«Was ist los?», fragt Konrad beiläufig. Anscheinend hat er mich gehört.
«Ach, nichts, ich hab nur laut überlegt. Verzeih, wenn ich dich gestört habe.»
«Unglaublich!!!» Geräuschvoll stellt Konrad sein Bierglas auf den Tisch und lässt sich in die Kissen zurückfallen. Sein Gefühlsausbruch betrifft aber offensichtlich gar nicht mich, denn er blickt nach wie vor unverwandt in den Fernseher.
In diesem Moment erkläre ich mein
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