Chill Bill (German Edition)
Wespen. Beim Versuch, ihnen mit dem Blick zu folgen, taten ihm die Augen weh. Außerdem fiel ihm kein Preis ein, dafür jedoch Patrícia und Carla, die er am Abend im Mab’s gesehen hatte. 500 Dollar hatte jede von ihnen von irgendwelchen Spinnern bekommen. Im Gedenken an bessere Zeiten. 500 mal 2 machte 1000, und mindestens 5-mal so viel sollte auf der Rechnung stehen.
Perto griff zum Stift, aber die mittlerweile drei Hubschrauber über der Stadt ließen ihm keine Ruhe. »Zehn!« Perto dachte an seine Wohnungseinrichtung. »US$.«
10 000! Das war eine Zahl: gewaltig. Aber kein seriöses Detektivbüro würde eine so runde Rechnungssumme stellen. Also 9785 US$, überlegte er sich, besser noch: 9785,85 US$. Das klang gut. Das würde er schreiben. Jetzt waren die Hubschrauber zu viert. Perto trug die Summe zwischen ›von‹ und ›zu‹ im Text ein. Dann blickte er zur Uhr, bekam einen Schreck, vergaß den Zettel und ging.
DAS LETZTE ZUM SCHLUSS
Katz wartete schon vor dem Hotel mit den Koffern in der Hand. Er wirkte zerstreut, als er sich neben Perto setzte. Ein halbes Dutzend Hubschrauber schwirrten über Straßen, Plätzen und Buchten. Katz nahm sie nicht wahr. Man sah ihm an, dass ihm seine Gedanken vorausgereist waren. Dreißig Minuten später war auch seine leibliche Hülle am Flughafen. Die gebogene Empfangshalle, die Toilette mit den großen Spiegeln, das alles wirkte auf Katz, als hätte er es zuletzt vor Jahren gesehen, dabei waren keine zwei Wochen seither vergangen. Katz stellte sich zum Einchecken an die Schlange der rückreisenden Touristen. Ein irrsinniges Aufgebot an Sicherheitskräften spießte Blicke und vollautomatische Gewehre in alle Richtungen. Draußen stellte Perto seinen Wagen zum Trocknen neben einen Mannschaftspanzer in die Sonne. Khakis tasteten an Personen herum, ließen sich Kofferinhalte zeigen, stierten durch Sonnenbrillen, hoben Katz’ schwere Koffer aufs Band.
»
Obrigado
!
«, sagte er und wunderte sich über sein erstes Wort
Brasileiro
.
Die Ankunft des Gouverneurs schlug ihre Wellen. Das Flughafencafé war der einzige entmilitarisierte Ort an diesem Morgen. Perto und Katz gingen dahin, um die Spesenrechnung abzurunden.
»Was werden Sie jetzt tun?«, fragte Katz. Er griff in seine Jackentasche und holte ein Paketchen heraus, das er Perto überreichte.
»Mit meinem Sohn zum Fischen fahren«, sagte Perto. »Weit weg von Rio. Wir werden so tun, als hätten wir mit all dem hier nichts zu schaffen. Und Sie?«
Er öffnete das Paket von Katz und fand die .38er Detective Special.
»Mal sehen. Urlaub vielleicht. Wissen Sie einen ruhigen Ort?«
»Weiß ich«, sagte Perto, »kommen Sie doch einfach mit Ihrer Frau hierher, wenn der Spuk vorbei ist. Sie können meine Wohnung haben.«
Katz tastete in seiner Tasche nach den Ohrenstöpseln, die er nachts gegen den Lärm getragen hatte. »Ruhe in Rio? Ihre Wohnung? Meine Frau? Schreiben Sie das Programm in einen Reiseführer und Sie machen Pleite!«
Katz’ Flug wurde aufgerufen.
»Wir haben getan, was wir konnten«, sagte Perto.
Katz schüttelte den Kopf. »Wissen Sie, was mich an der Sache deprimiert?«
Jetzt schüttelte Perto den Kopf.
Katz lächelte niedergeschlagen. »Diesen Edgard Gomez habe ich jeden Tag ein halbes Dutzend Mal gesehen.«
Ein erneuter Aufruf erfolgte.
»Carla sagt, er hätte etwas Geld gemacht und sich entschlossen, seine Mutter zu besuchen. Das wollte er schon lange.«
»Tja, alle hauen sie ab.« Katz drückte Perto die Hand.
»Kann man niemandem verdenken!«, sagte der.
»Wir haben getan, was wir konnten«, wiederholte Katz und stand seufzend auf. »Halten Sie sich aus der Schusslinie!« Er verschwand in den Katakomben des modernen Transportwesens.
Perto blieb noch eine Weile sitzen, dachte über das Leben nach und über die Preise der Frauen. Dann stand er auf, ging zum Kiosk, kaufte eine Tageszeitung und schlenderte zum Ausgang.
›Gonzalo Forçalobo, ehemals Chef der Militärpolizei von Rio in den Jahren von 79 bis 85, erlag gestern den Folgen eines schweren Jagdunfalles. Ein abgerichteter Hund hatte dem altgedienten Offizier schon am Donnerstag derart schwere Bissverletzungen beigebracht, dass der Admiral der Streitkräfte Brasiliens trotz des Einsatzes modernster Medizin nicht mehr gerettet werden konnte. […]
Luftwaffe und Marine sowie Einheiten der Militärpolizei, für die Almirante Forçalobo von 1970 bis zu seiner Pensionierung tätig gewesen war, sprachen vom tragischen Tod eines Helden.
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