Christopher Ross, Clarissa – Im Herzen die Wildnis
großartig.«
Sie freute sich über den Zuspruch und die Unterstützung, die sie von ihren neuen Partnern bekam, aber dennoch fühlte sie sich nicht sehr sicher. Mit Frank Whittler war nicht zu spaßen. Ein arroganter Bursche wie er, der von seiner Verlobten an der Nase herumgeführt und lächerlich gemacht und von seinem Vater enterbt und zum Teufel gejagt worden war, hatte nichts mehr zu verlieren und war mit Sicherheit gefährlich. Er ließ sich bestimmt nicht ohne Weiteres erwischen.
Aber die Mounties behalten ihn im Auge, dachte sie und betrat den Laden, um ein paar Worte mit dem Ladenbesitzer zu wechseln. Auch ihm erzählte sie, dass sie zu Unrecht verdächtigt worden war und eigentlich Clarissa Howe hieß. »Vergessen Sie nicht die Pfirsiche«, erinnerte sie ihn. »Die Tradition behalten wir auch nach Jimmys Tod bei. Und die guten Schokokekse.«
George lachte. »Die hat Ted längst eingepackt.«
Clarissa und Rocky saßen bereits auf dem Kutschbock, als Ted in den Sattel stieg und sein Pferd neben den Wagen lenkte. »Ich mache einen kleinen Umweg und komme später nach«, sagte er. »Ihr habt doch nichts dagegen?«
»Rose?«, fragte Rocky lachend.
Auch Clarissa schmunzelte. »Sag ihr, dass dir jetzt ein Drittel der Yellow Rose Ranch gehört und sie sich nicht mit irgendeinem Cowboy einlässt. Und dass ich ihr persönlich eine Tracht Prügel verpassen werde, falls sie weiterhin auf ihre Eltern hört und glaubt, irgendwo gäbe es einen Besseren für sie.«
»Und wenn sie dann nicht mehr will?«
»Ist sie selbst schuld«, antwortete Clarissa.
Sie fuhren zur Ranch zurück, ihren Schecken hatten sie an den Wagen gebunden, und wurden von Rusty begrüßt, der ihnen aufgeregt entgegenrannte und übermütig am Kutschbock hochsprang, bis sie vor dem Haus hielten. Er würde erst später merken, dass der Rancher nicht mehr zurückkam.
»Schon gut«, beruhigte sie den Hund, »ist ja schon gut. Wir haben dir auch was Feines zum Spielen mitgebracht.« Sie kramte einen kleinen Gummiball, den sie im Laden gekauft hatte, aus einer der Schachteln und warf ihn zum Bach hinab. Rusty rannte ihm blitzschnell hinterher, packte ihn und kehrte damit zurück. »Das hab ich nun davon«, rief sie lachend, während Ted die Vorräte ins Haus brachte. »Jetzt darf ich den ganzen Tag mit ihm spielen.«
Nach dem unerwarteten Tod des Ranchers änderte sich nicht viel auf der Yellow Rose. Aus Respekt vor ihrem ehemaligen Boss blieben Clarissa in ihrem kleinen Blockhaus und Ted und Rocky in ihrer Unterkunft in der Scheune wohnen. Die Arbeit verteilte sich wie früher: Die beiden Cowboys kümmerten sich um die Rinder und die Arbeit auf der Weide, und sie erledigte die Hausarbeit und half auf der Weide aus, wenn eine zusätzliche Arbeitskraft gebraucht wurde. Vor jedem Abendessen beteten sie für Flagler und wünschten ihm, dass er wieder mit seiner Carmen vereint war. »Wenn es nicht so wäre, hätte er sich doch längst beschwert«, sagte Ted, »dann hätte es ein Unwetter gegeben, wie wir noch nie eins erlebt haben.« Manchmal pokerten sie abends um geringe Beträge oder besprachen, welche Arbeiten in den nächsten Wochen erledigt werden sollten. Die meiste Zeit blieben die Cowboys aber unter sich, und Clarissa nähte, stopfte oder machte es sich in einem der Ledersessel gemütlich und las in den Buffalo-Bill-Magazinen, die Flagler alle aufgehoben hatte. Die spannenden Geschichten faszinierten sie ungemein.
Jimmy Flagler war eigentlich unersetzbar, wegen seiner jahrelangen Erfahrung als Rancher, aber auch, weil sein Name untrennbar mit der Yellow Rose Ranch verbunden war. Noch Wochen nach seinem Tod meinte Clarissa jedes Mal, wenn sie am frühen Morgen das Ranchhaus betrat, um das Frühstück zuzubereiten, ihn die Treppe herunterkommen zu sehen und seine kräftige Stimme zu hören, wenn er rief: »Clarissa, bist du schon in der Küche? Ich brauche heute einen besonders starken Kaffee, wir haben viel Arbeit vor uns.« Ohne ihn wirkte das Haus leer, nicht nur, weil sie auch weiterhin in ihrem Blockhaus und Ted und Rocky in der Scheune wohnen blieben. Und wenn die Cowboys auf die Weide ritten, war es noch immer ungewohnt für sie, die Entscheidungen allein oder mit ihr gemeinsam zu treffen. »Jimmy hat es so gewollt«, erinnerte sie die beiden. »Ich bin sicher, er sieht uns vom Himmel aus zu und passt auf, dass wir alles richtig machen. Also strengt euch gefälligst an. Wir sind es ihm schuldig, die Yellow Rose am Leben zu
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