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Christopher Ross, Clarissa – Im Herzen die Wildnis

Christopher Ross, Clarissa – Im Herzen die Wildnis

Titel: Christopher Ross, Clarissa – Im Herzen die Wildnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Ross
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vorbei, als Whittler die Haustür aufriss und zu seinem Schlitten rannte. »Warum hältst du sie nicht auf, du Idiot?«, rief er dem Indianer zu, der vor dem Haus gewartet hatte. Er sprang auf den Schlitten und rief ihm ungeduldig zu: »Los, hinterher!«
    Clarissa war bereits auf der Straße. Obwohl sie noch keine erfahrene Musherin war, zahlte sich ihr Training aus, und sie blieb sicher auf dem Trittbrett stehen, als sie über den gefrorenen Schlamm rasten und der Schlitten gefährlich schlingerte. Mit einem lauten Scheppern fuhren sie über den Plankenweg hinweg, der eine Straßenseite mit der anderen verband. Der Hund, der ihr schon ein paar Mal in die Quere gekommen war, bellte nervös.
    In dem dichten Schneetreiben sah sie C. W. aus seinem Büro treten. Er baute sich mitten auf der Straße auf, sein Gewehr in beiden Händen, und rief: »Halten Sie an, Clarissa Howe! Halten Sie sofort an, oder ich schieße!«
    Sie dachte nicht daran. In ihrer Panik feuerte sie die Huskys nur noch mehr an, raste mit einem lauten »Giddy-up! Go!« an ihm vorbei, und er war nicht so dumm, auf eine angebliche Diebin zu schießen, nur weil Frank Whittler es von ihm verlangte. »Warum schießen Sie denn nicht?«, rief Whittler wütend.
    Doch sie hatte bereits einen großen Vorsprung, und er hätte sie wahrscheinlich nicht einmal getroffen, selbst wenn er so skrupellos gewesen wäre, wie Frank Whittler es in seinem Hass gehofft hatte. Mit scharrenden Kufen fuhr sie an den letzten Häusern der Stadt vorbei zum Holzfällerlager, das um diese Zeit leer und verlassen unter dem dunklen Himmel lag. Hier hatte der Wind freie Bahn und ließ die Flocken über den Blockhäusern wirbeln. Es war schon nach Mitternacht, und nirgendwo brannte noch Licht, nicht einmal im großen Gemeinschaftshaus. Wie dunkle Schatten lagen die gefällten Stämme herum.
    Clarissa musste sich blitzschnell entscheiden. Der einfachste Weg führte über die breite Schneise zum Fraser River, doch selbst, wenn sie es bis dorthin schaffte, wartete dort der beschwerliche Weg über die Berge zur Wagenstraße, und dort würde sie der Northwest Mounted Police in die Arme laufen, die Whittler von der ersten Telegrafenstation alarmieren würde. Ohne zu zögern, lenkte sie die Hunde über den abgeholzten Hang in den Wald hinauf, hielt sie im Schutz der Bäume an und wartete, bis ihr Verfolger erschien. Wenn sie Glück hatte, verdeckte der frische Schnee schon jetzt ihre Spuren.
    »Sie ist bestimmt die Schneise runter!«, hörte sie Whittler sagen. »Nun fahr endlich weiter, oder willst du dich von einer Frau abhängen lassen?«
    Der Indianer trieb die Hunde an, und sie hörte, wie die Kufen seines Schlittens über den Neuschnee in der Schneise fuhren und schon bald darauf in der Ferne verklangen. Kein Grund zu jubilieren. Es dauerte bestimmt nicht lange, bis sie ihren Irrtum erkannten und im Wald nach ihr suchten. Wenn der Indianer ein geübter Fährtenleser war, würde er ihre Spuren dort entdecken.
    Sie trieb die Hunde an und fuhr weiter in den Wald hinein, auf demselben Weg, den sie mit Alex gekommen war. Die Bäume schützten sie einigermaßen vor dem heftiger werdenden Schneetreiben. Leider war die Sicht auch im Wald miserabel, und sie musste sich auf den Instinkt ihrer Hunde verlassen, die den alten Trail aber witterten und zügig weiterrannten.
    Als sie in ein weites Tal kam, das auf mehreren Seiten von Wald begrenzt war, hielt sie kurz an. In dem schwachen Licht, das der Schnee reflektierte, erkannte sie einen gefrorenen Fluss, wohl auch ein Nebenfluss des Fraser Rivers. Das Eis war sicher fest genug, um sie und den Schlitten zu tragen und ihr ein schnelles Vorwärtskommen zu ermöglichen. Genau das würde Frank Whittler vermuten. Ebenso gefährlich wäre es auch, auf ihrem bisherigen Trail zu bleiben. Bei dem geringsten Hinweis könnte Whittler ihre Fährte aufnehmen. Wenn sie ihm entkommen wollte, musste sie folglich etwas Unerwartetes tun, ein Wagnis eingehen, dass man einer Frau wie ihr nicht zutraute, das selbst für einen erfahrenen Fallensteller wie Alex ein Risiko gewesen wäre. Sie musste in die Berge fahren, sich am Waldrand entlang und über die sturmverwehten Hänge nach Nordwesten kämpfen und nach einem der verschneiten Pässe suchen, über den sie einen anderen Fluss und einen anderen Weg in die Freiheit finden konnte. Ein gefährliches, beinahe halsbrecherisches Unternehmen, das sie nur einging, weil sie von Panik getrieben wurde und genau wusste, was Frank

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