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Chronik der dunklen Wälder - Blutsbruder (German Edition)

Chronik der dunklen Wälder - Blutsbruder (German Edition)

Titel: Chronik der dunklen Wälder - Blutsbruder (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Paver
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gekleidet.
    Mit dem Bild tauchte sogleich ein Name in Toraks Kopf auf, doch er schob ihn rasch beiseite. Keine wilden Vermutungen. Versteife dich nicht vorschnell auf eine bestimmte Person. Suche zuerst nach Beweisen.
    Er stellte sich vor, wie Bale aus seinem Versteck zwischen den Ebereschen trat und auf die Gestalt zurannte, die vor dem Altar kniete. Der Mörder erhob sich. Sie umkreisten einander und kamen dabei dem Klippenrand näher und näher.
    An einer Stelle war der Rand des Felsvorsprungs eingekerbt, und in das bisschen Erde, das der Wind dort hingeblasen hatte, klammerte sich ein Wacholderbusch. Nun war er halb entwurzelt, Baumblut quoll aus seinem Stamm. Torak sah, wie Bale einen Wacholderzweig packte und die freie Hand tief in die mit Erde gefüllte Spalte grub. Er hatte so verzweifelt um sein Leben gekämpft. Und dann war ihm der Mörder auf die Finger getreten.
    Rote Schleier senkten sich vor Toraks Augen, seine Hände waren schweißnass. Wenn er diesen Mörder in die Finger bekam, dann …
    »Wer es auch war«, sagte Renn mit bebender Stimme, »er muss ungeheuer kräftig gewesen sein, um B –«, sie presste sich die Fingerknöchel auf die Lippen. Von nun an war es fünf Sommer lang verboten, Bales Namen auszusprechen, sonst würde sein Geist zurückkehren und die Lebenden heimsuchen.
    »Sieh nur«, sagte Torak und klaubte einen winzigen Splitter getrocknetes Fichtenblut vom Boden auf. »Oder das hier.« Er schob einen Zweig beiseite, hinter dem sich der Abdruck einer Hand verbarg.
    Renn keuchte auf.
    Bales Mörder hatte sich mit einer Hand abgestützt, um dabei zuzusehen, wie sein Opfer in die Tiefe stürzte. Die Hand hatte nur drei Finger.
    Torak schloss die Augen. Er war wieder in den Höhlen des Hohen Nordens, Auge in Auge mit dem Seelenesser. Wolf warf sich auf den Angreifer, um seinen Rudelgefährten zu verteidigen, und biss ihm zwei Finger ab.
    »Dann wissen wir ja Bescheid«, sagte Renn mit kalter Stimme.
    Sie wechselten einen Blick und erinnerten sich gleichzeitig an die erbarmungslosen grünen Augen und an ein Gesicht, hart wie von der Sonne ausgetrocknete Erde.
    Toraks Faust schloss sich um das Fichtenblut. »Thiazzi«, sagte er.

Kapitel 3

    Der Eichenschamane hatte nicht einmal versucht, seine Spuren zu verwischen, sondern war über die steile Nordflanke der Klippe zum schmalen Kieselstrand hinuntergeklettert und von dort in seinem Boot davongepaddelt.
    Torak und Renn folgten seinen Spuren bis zum Meer.
    »Von meinem Lager aus hätte ich ihn vielleicht sogar sehen können«, sagte Torak.
    »Warum bist du nicht bei Bale geblieben?«, fragte Renn.
    »Ich – ich wollte allein sein.«
    Sie begnügte sich mit einem durchdringenden Blick und stellte keine weiteren Fragen. Das war noch schlimmer. Vielleicht ahnte sie, dass er einen furchtbaren Fehler begangen hatte; so furchtbar, dass sie sich nicht näher zu fragen traute.
    »Inzwischen kann er überall sein«, sagte sie und blickte auf die Wellen. »Vielleicht hat er es bis zur Tang-Insel oder zu einer der kleineren Schären geschafft. Oder er ist in den Wald zurückgekehrt.«
    »Außerdem hat er einen großen Vorsprung«, fügte Torak hinzu. »Gehen wir.«
    Sie mussten den steilen Pfad, der zur Klippe führte, erneut hinaufklettern, um zum Robbenlager zu gelangen. Der Altar wirkte immer noch auf seltsame Weise fremd. Schließlich war es Renn, die erkannte, woran das lag. »Die Zeichnungen. Eine Ecke des Altars verdeckt den Elchkopf. Das kann doch nicht sein.«
    »Der Altar steht nicht mehr am gleichen Fleck.« Torak konnte es nicht fassen, dass er diese Veränderung übersehen hatte. Dabei waren die Schleifspuren so deutlich zu erkennen wie ein Rabe auf einer Eisscholle. Er stellte sich vor, wie der Eichenschamane – der stärkste Mann im ganzen Wald – den Altar erst mit der Schulter beiseitegedrückt und ihn anschließend wieder an seinen ursprünglichen Platz zurückgeschoben hatte. Allerdings um eine Winzigkeit neben der ursprünglichen Stelle.
    Unter der einen Ecke des Steinaltars sah Torak, was Thiazzi freigelegt hatte: eine kleine Vertiefung im glatten Felsgestein. Sie war leer.
    »Er hat gefunden, wonach er suchte«, sagte Torak.
    Sie verschwiegen einander ihre schlimmsten Befürchtungen, doch als Torak auf dem Kamm zwischen den Ebereschen einen kleinen Beutel aus Seehundleder entdeckte, bestand kein Zweifel mehr daran. Auf dem zusammengeknüllten Leder zeichnete sich deutlich der Abdruck des harten Gegenstandes ab, der sich

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