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Chronik der dunklen Wälder - Seelenesser: Band 3 (German Edition)

Chronik der dunklen Wälder - Seelenesser: Band 3 (German Edition)

Titel: Chronik der dunklen Wälder - Seelenesser: Band 3 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Paver
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zu. »Vertraust du mir?«
    »Was?«
    »Vertraust du mir?«
    »Klar!«
    »Dann weißt du, dass es anders nicht geht. Und jetzt sag es ihm. Sag Wolf, was wir tun müssen, damit er wieder gesund wird.«
    Torak sträubte sich noch einen Augenblick, dann kletterte er wieder in die Grube und redete leise auf Wolf ein.
    Wolf hob den Kopf und ließ ein warnendes Knurren hören. Zu Renns Entsetzen kümmerte sich Torak gar nicht darum. Er ließ sich auf Hände und Knie nieder und hielt den Blick liebevoll und unverwandt auf seinen kranken Freund gerichtet.
    Wolf sträubte das Nackenfell und legte die Ohren an.
    Urplötzlich schnappte er zu und ließ die Kiefer eine Handbreit vor Toraks Gesicht so heftig zuklappen, dass es durch die ganze Höhle hallte.
    Torak beugte sich nur noch weiter vor und beschnüffelte Wolfs schwarze Lefzen.
    Wolf knurrte feindselig und wich zurück.
    Torak richtete sich wieder auf. »Er begreift es nicht«, sagte er dumpf.
    »Wieso nicht?«
    »Weil… weil ich nicht weiß, wie ich mich ausdrücken soll … wie ich ihm erklären soll, dass es ihm danach wieder besser geht. In der Wolfssprache gibt es kein Später.«
    »Ach so.«
    Renn zog bedächtig die Axt aus dem Gürtel. Jene Axt, von der sie mit der sonderbaren Gewissheit, die sie manchmal überkam, gewusst hatte, dass sie ihr noch nützlich sein würde. »Hier.«
    Torak starrte die Waffe an.
    »Wir hacken nur … die Spitze ab«, sagte Renn. »Eine Daumenlänge.« Sie schluckte. »Du musst es selbst tun, Torak. Wolf ist dein Rudelgefährte.«
    Torak nahm die Axt entgegen. Wog sie in der Hand.
    Wolf wälzte sich auf die Seite. Seine Flanken hoben und senkten sich heftig.
    Torak stellte sich breitbeinig hin und hob die Axt.
    Renn wurde übel. Genau so hatte es die Eisfuchsälteste in Trance gesehen.
    Torak ließ die Axt wieder sinken. »Ich kann nicht!«, flüsterte er und sah mit feuchten Augen zu Renn auf. »Ich kann das einfach nicht.«
    Nach kurzer Überlegung stieg auch Renn in die Grube. Sie passten kaum alle drei hinein. Renn nahm Torak die Axt ab.
    Wolf beobachtete ihr Tun argwöhnisch und fletschte die Furcht einflößenden Zähne.
    »Wir müssen ihm die Schnauze zubinden«, zischelte Renn.
    »Nein.«
    »Sonst beißt er.«
    »Nein!«, erwiderte Torak entschieden. »Wenn ich ihm jetzt die Schnauze zubinde, bin ich in seinen Augen genauso hinterhältig wie die Seelenesser. Aber wenn ich darauf vertraue, dass er mich nicht beißt, dann … dann vertraut er vielleicht… vielleicht!… seinerseits mir und lässt sich von uns helfen.«
    Sie wechselten einen langen Blick, und Renn erkannte an Toraks entschlossener Miene, dass sie ihn nicht umstimmen konnte.
    »Ich passe auf, dass er dich nicht beißt«, sagte er und stellte sich zwischen sie und Wolfs Maul. Als er sich hinkniete, hob Wolf den Kopf und beschnupperte seine Hand, dann ließ er den Kopf wieder sinken.
    Mit der Linken kraulte Torak das weiche Fell hinter Wolfs Ohren, wobei er leise fiepte, mit der Rechten fuhr er seinem Gefährten sanft über die Flanke. Als er an die Schwanzwurzel kam, bleckte Wolf knurrend die Zähne.
    Torak ließ seine Hand die Rute entlangwandern.
    Wolf knurrte so grimmig, dass es ihn schüttelte.
    Torak hielt inne.
    Dann ließ er die Hand unendlich langsam weiterwandern, bis dicht unter die entzündete Spitze. Ganz plötzlich griff er energisch zu und drückte Wolfs Schwanz auf den Boden.
    Wolf fuhr blitzschnell herum – und packte Toraks anderes Handgelenk. Er schloss die Kiefer fest darum und grub die Zähne hinein, ohne jedoch die Haut zu ritzen. Trotzdem konnte er jederzeit zubeißen.
    Renn hielt den Atem an. Sie hatte schon beobachtet, wie Wolf den Oberschenkelknochen eines Elchs zermalmt hatte. Wenn er wollte, konnte er Toraks Handgelenk durchbeißen wie einen dürren Zweig.
    Wolf richtete abwartend die großen Bernsteinaugen auf Torak.
    Torak erwiderte den Blick. Sein Gesicht war schweißüberströmt. »Mach dich bereit«, raunte er Renn zu.
    Mit eiskalten Fingern fasste sie den Axtknauf fester.
    Torak sah Wolf immer noch unverwandt an. »Jetzt!«

Kapitel 28

    WOLFS SCHWANZ SCHMERZTE immer noch, aber es war jetzt ein sauberer Schmerz und das Schlimme war weg.
    Auch der schwarze Nebel hatte sich verflüchtigt und damit Wolfs allerletzte Zweifel. Das halbwüchsige Schwanzlosmännchen war tatsächlich Groß Schwanzlos.
    Der schwarze Nebel war schuld gewesen, dass er seinen Rudelgefährten so feindselig angefunkelt und dessen Vorderpfote ins Maul genommen

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