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Chronik der dunklen Wälder - Seelenesser: Band 3 (German Edition)

Chronik der dunklen Wälder - Seelenesser: Band 3 (German Edition)

Titel: Chronik der dunklen Wälder - Seelenesser: Band 3 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Paver
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umfangen und Groß Schwanzlos’ Geheul hatte sich in dumpfes Bärengebrüll verwandelt. Ich bin zornig! , hatte der Bär gebrüllt. Zornig! Zornig! Wie alle Bären war auch dieser nicht besonders redegewandt, darum wiederholte er sich andauernd.
    Es scharrte über Wolfs Kopf und Licht stach ihm in die Augen. Dann baumelte das Rindenstück vor seiner Nase, bis es schließlich auf dem Boden stand. Lustlos schlabberte Wolf das Nass auf.
    Die fremden Schwanzlosen spähten zu ihm herunter. Wolf witterte ihre Unschlüssigkeit und Furcht. Jetzt beugte sich das halbwüchsige Männchen so weit vor, dass er beinahe nach ihm hätte schnappen können, und winselte leise: » Ich bin’s, Rudelgefährte!«
    Diese Stimme … sie war so vertraut. Sie tat Wolfs schmerzendem Kopf so wohl wie kühler Lehm wund gelaufenen Pfotenballen.
    Aber vielleicht war Wolf ja bloß in dem anderen Jetzt, in das er manchmal im Schlaf überwechselte. Vielleicht lag er, wenn er aufwachte, wieder ganz allein in dem stinkenden Bau.
    Oder es war eine neue List der schlechten Schwanzlosen.
    Das Männchen beugte sich abermals zu ihm herein. Sein Kopffell war viel kürzer als das von Groß Schwanzlos, aber er hatte dasselbe heiß geliebte flache Gesicht mit den hellen Wolfsaugen.
    Unschlüssig beschnüffelte Wolf die felllose Pfote, die sich ihm entgegenstreckte. Sie roch ganz schwach nach Groß Schwanzlos … aber war er es wirklich? Sollte Wolf die Hand abschlecken – oder lieber zubeißen?

    Wolf knurrte warnend und Torak zog die Hand wieder zurück.
    »Er erkennt dich nicht«, sagte Renn.
    Torak ballte die Fäuste. »Das kommt schon noch.« Er stierte in die enge, schmutzige Grube. Das sollten ihm die Seelenesser büßen, und wenn er den Rest seines Lebens damit zubrachte, sie aufzuspüren! Sie sollten für alles büßen, was sie Wolf angetan hatten.
    »Wie viel Zeit haben wir eigentlich?« Renns Frage riss ihn aus seinen Gedanken. »Wo stecken die Seelenesser?«
    Torak zuckte die Achseln. »Wir sind hier außer Hörweite des Steinwaldes, und wie ich Seshru verstanden habe, ruhen sie sich jetzt aus. Ich glaube nicht, dass sie vor… vor morgen, wenn sie die Pforte öffnen, hierherkommen. Aber das ist eine bloße Vermutung.«
    Renn nickte. »Eins steht fest: Solange Wolf in diesem Zustand ist, kommen wir nicht weit. Er braucht etwas zu fressen und Medizin, und zwar schnell.«
    Sie öffnete ihren Vorratsbeutel, holte einen Streifen Robbenspeck heraus und ließ ihn in die Grube fallen.
    Wolf stürzte sich sofort darauf und schlang den Speck mit einem Happs herunter.
    »Gut, dass du dran gedacht hast, etwas Essbares einzustecken«, sagte Torak anerkennend.
    »Das ist noch nicht alles«, entgegnete Renn leise, zog den Rindennapf an seinem Bastriemen hoch, füllte ihn mit schwärzlichen Kügelchen und ließ das Gefäß wieder herunter. Wolf krauste die schwarze Nase. Er kam mühsam auf die Beine und schleckte die Kügelchen auf.
    »Preiselbeeren«, sagte Renn.
    Zum ersten Mal seit Tagen musste Torak schmunzeln. Dann wanderte sein Blick wieder zu Wolf. »Er wird doch wieder, oder?«
    Renn rang sich ein ermutigendes Lächeln ab.
    »Aber … Renn …« Die Stimme versagte ihm. »So schlimm kann es doch nicht sein!«
    Renn hielt die Fackel über die Grube. »Sieh dir seinen Schwanz an.«
    Bleibt weg! , knurrte Wolf.
    Torak überlief es eiskalt. Die Spitze von Wolfs buschiger silbergrauer Rute war mit getrocknetem Blut verklebt, aber das war es nicht, wovon ihm vor Schreck ganz flau wurde. Es waren die nässenden, grünlich schwarzen Stellen, wo kein Fell war. Sie stanken nach Aas.
    »Er hat die schwarze Krankheit«, sagte Renn. »Sie vergiftet ihn. Die krank machenden Würmer zehren ihn von innen her auf.«
    »Wenn … wenn er erst draußen im Freien ist, geht es ihm bestimmt bald besser …«
    »Nein, Torak, nein. Wir müssen sofort etwas dagegen unternehmen, sonst kommt alle Hilfe zu spät.«
    Torak wusste, was sie meinte, aber er schrak davor zurück. »Bestimmt kannst du ihn heilen. Du verstehst doch etwas von der Schamanenkunst!«
    »Wenn ich ihn heilen könnte, hätte ich es längst getan. Die Krankheit bringt ihn um, Torak, das weißt du sehr wohl!« Renn sah ihn fest an. »Wir können nur eins tun. Abschneiden.«

    »Du weißt, dass ich recht habe«, wiederholte Renn, obwohl sie merkte, dass ihr Torak überhaupt nicht zuhörte.
    Ängstlich spähte sie über die Schulter. Noch war kein Seelenesser aufgetaucht.
    Sie wandte sich wieder ihrem Freund

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