Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Chronik der dunklen Wälder - Seelenesser: Band 3 (German Edition)

Chronik der dunklen Wälder - Seelenesser: Band 3 (German Edition)

Titel: Chronik der dunklen Wälder - Seelenesser: Band 3 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Paver
Vom Netzwerk:
vor dem Gesicht da und konnte es kaum fassen, dass sie unverletzt war.
    »Bei dem brauchen wir nicht nachzusehen«, meinte die Fledermausschamanin. »Hört sich an, als ob er schon wieder Hunger hat.«
    »Ach was!«, rief die andere ungeduldig. »Lass den Jungen einfach liegen und Schluss! Ich muss mich ausruhen und du auch. Gehen wir!«
    Ja, geht bitte!, flehte Renn stumm.
    Die Fledermausschamanin zögerte. »Na gut. Schließlich brauchen sie nur noch einen Tag durchzuhalten.«
    Die Schritte der beiden Frauen verklangen.
    Renn atmete auf. Sie befühlte die Zickzacktätowierung auf ihren Handgelenken und sah Tanugeaks rundes, kluges Gesicht vor sich. Du kannst die Zeichen bestimmt brauchen.
    Erst nach einer ganzen Weile, als der Adler wieder unruhig wurde, wagte Renn, sich zu rühren. Als sie sich die eingeschlafenen Beine rieb, hörte sie, dass sich draußen etwas regte.
    »Du kannst rauskommen«, raunte Torak.

    Er konnte immer noch nicht glauben, dass sie es tatsächlich war.
    »Renn?«, wiederholte er leise.
    »Dem Geist sei Dank, du bist wieder wach!« Mit dem schwarz gefärbten Haar sah sie ganz fremd aus, aber es war eindeutig Renn. Sie bleckte die kleinen, scharfen Zähne zu einem schiefen Lächeln und stupste ihn spielerisch vor die Brust.
    »Renn…« Der Schwindel packte ihn wieder und er schloss die Augen.
    Er wollte ihr alles sagen. Dass seine Seelen in den Bären übergewechselt waren und er auf einmal nicht mehr herausgekonnt hatte. Dass er in Gedanken Wolf hatte heulen hören und sich daraufhin wieder aus dem Bären hatte befreien können. Vor allem aber wollte er ihr sagen, wie überglücklich er war, dass sie sich in den Berg hineingewagt hatte, um ihn zu suchen.
    Aber als er dazu ansetzte, kam ihm bittere Galle hoch, und er konnte nur noch ächzen: »Ich glaube … mir … wird übel.«
    Würgend ließ er sich auf Knie und Hände fallen und Renn kniete sich neben ihn und hielt ihm das Haar aus dem Gesicht.
    Als es überstanden war, half sie ihm wieder auf die wackligen Beine. Sie traten beide vor die Fackel und erst jetzt sah Renn Toraks Gesicht. »Was ist denn mit dir passiert, Torak? Du hast ja ganz schwarze Lippen und Blut auf der Stirn!«
    Er wich zurück. »Nicht anfassen, das ist… es stammt von etwas sehr Schlimmem.«
    »Was ist passiert?«, wiederholte sie.
    Er brachte es nicht fertig, es ihr zu beichten, sondern erwiderte bloß: »Ich weiß, wo Wolf eingesperrt ist. Komm mit.«
    Aber nach ein paar taumelnden Schritten hielt sie ihn zurück. »Warte! Ich muss dir was sagen.« Sie stockte. »Die Seelenesser … Sie wollen nicht nur Wolf töten, sie wollen auch dich opfern!«
    Von dem, was sie ihm dann berichtete, von der Beschwörungszeremonie, die sie im Steinwald belauscht hatte, wurde ihm wieder speiübel. »Der Zauber verleiht ihnen große Macht und schützt sie vor den Dämonen.«
    Seine Knie gaben nach und er musste sich an die Wand lehnen. »Die neun Jäger. Ich habe sie davon sprechen gehört, aber ich wäre nie drauf gekommen …« Mit grimmiger Miene griff er sich die Fackel. »Los, komm. Die Zeit wird knapp.«
    Renn war verdutzt. »Aber … ist Wolf denn nicht hier, bei den anderen Tieren?«
    »Nein. Ich erzähl’s dir unterwegs.«
    Toraks Kopf wurde bald wieder klar, und als er Renn durch die Gänge führte, wobei er sich daran orientierte, was er als Bär gewittert hatte, und ab und zu lauschend stehen blieb, erzählte er ihr von der Botschaft, die über das Meer gekommen war und die Seelenesser bewogen hatte, Wolf von den anderen Opfertieren zu trennen. Anschließend schilderte er, was er in der großen Höhle gesehen und gehört hatte: die Suche nach der Pforte, der Plan der Seelenesser, im ganzen Land Angst und Schrecken zu verbreiten, der Feueropal.
    Renn blieb stehen. »Der Feueropal? Die Seelenesser besitzen den Feueropal?«
    Torak stutzte. »Weißt du etwas darüber?«
    »Nun … ja. Aber nicht viel.«
    »Warum hast du mir nichts davon gesagt?«
    »Ich wusste ja nicht…« Renn stockte. »Es sind nur Geschichten, die … die man sich in der Sippe am Feuer erzählt.«
    »Dann hol es jetzt nach.«
    Renn trat so dicht an ihn heran, dass er ihren Atem auf der Wange spürte. »Im Feueropal ist das Licht aus dem Auge des Großen Auerochsen eingefangen«, flüsterte sie. »Darum lockt er die Dämonen an.«
    Torak begegnete ihrem Blick und sah in der unergründlichen Finsternis zwei winzige Fackeln in ihren Augen flackern. »Wer immer ihn besitzt, dem gehorchen sie,

Weitere Kostenlose Bücher