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Chronik der dunklen Wälder - Seelenesser: Band 3 (German Edition)

Chronik der dunklen Wälder - Seelenesser: Band 3 (German Edition)

Titel: Chronik der dunklen Wälder - Seelenesser: Band 3 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Paver
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Steinen begraben, und beides gibt es hier draußen nicht. Hier gibt es bloß lauter Eis!«
    Sie sahen einander ratlos an.
    Renn wollte etwas sagen …
    … da zerriss ein tosendes Krachen die Stille und vor ihren Stiefeln zog sich eine dünne schwarze Zickzacklinie über die Eisfläche.
    Renn starrte auf ihre Füße.
    Das Eis hob sich plötzlich und sie taumelte rückwärts.
    Die schwarze Linie war jetzt eine Rinne, breit wie ein Paddel.
    »Ein Gezeitenriss!«, sagte Torak ungläubig.
    Die Zeit schien sich zu verlangsamen. Torak stellte fest, dass er auf der Landseite stand, wo sich auch das Boot und der Proviant befanden – Renn stand gegenüber, auf der Seite, die sich löste.
    »Spring!«, rief Torak.
    Die Eisscholle schlingerte. Renn stellte sich breitbeinig hin.
    »Jetzt spring schon!«, brüllte Torak.
    Renn stand wie angewurzelt da. »Zu spät.«
    Tatsächlich. Der Spalt war schon über zwei Schritt breit.
    »Ich hole das Boot!« Torak rannte los, fiel hin und stolperte weiter. Wieso konnte er nicht richtig sehen? Warum dauerte alles so lange?
    Er war schon fast am Boot, als es auf einmal schwankte, sich auf die Seite legte und sanft ins Wasser glitt. Torak schrie auf und stürzte vor, aber die Wellen hatten das Boot schon entführt. Torak heulte vor Wut und die Meermutter spritzte ihm Salzwasser in die Augen und verhöhnte ihn.
    »Torak!« Renns Ruf hallte dumpf durch den Nebel.
    Torak rappelte sich auf und stellte erschrocken fest, wie weit sie schon abgetrieben war.
    »Torak!«
    Er lief bis an die Bruchkante, konnte aber nur noch zusehen, wie das Meer Renn davontrug und der Atem des Weltgeistes sie einhüllte.
    Dann war ringsum nur noch Stille.

Kapitel 33

    ALS DAS EIS abermals bebte, kam Torak schlagartig wieder zu sich. Er musste von der Kante weg, sonst passierte ihm dasselbe.
    Der Nebel war so dicht, dass man kaum etwas sah. Oder wurden seine Augen immer schlechter? Sogar das schwache Licht bohrte sich ihm wie glühende Dornen in den Schädel.
    Blinzelnd sah er sich um. Abgesehen von dem, was er auf dem Leib trug, besaß er noch ein Schneemesser und die Schlafsäcke, aber keine Verpflegung. Er glaubte gesehen zu haben, wie Renn ihren Vorratsbeutel im Boot verstaute, und hoffte, dass er sich irrte, dass sie den Beutel noch bei sich hatte …
    Die Schlafsäcke? Er hatte alle beide!
    O Renn!
    Immerhin hatte sie ihren Bogen dabei, aber …
    Torak erschrak zutiefst. Sie trug den Feueropal bei sich. Die Dämonen würden ihr nachstellen.
    Als ihm wieder einfiel, wie er sie angebrüllt hatte, wurde ihm ganz heiß vor Scham. Sie war unglaublich mutig gewesen, den Stein an sich zu nehmen. Obendrein war sie die ganze Nacht aufgeblieben und hatte Wache gehalten. »Und du hast nichts Besseres zu tun, als sie anzubrüllen!«, sagte er angewidert.
    Der Nebel strudelte und verschwamm zu einem grellen roten Fleck. Torak blinzelte. Hielt die Hand vors Gesicht. Der rote Fleck war unverändert. Er konnte nichts mehr sehen.
    »Schneeblind«, sagte er laut. Der Nebel griff mit kalten Fingern nach seiner Kehle. Noch nie war er sich so ausgeliefert vorgekommen.
    Er tat das Einzige, das ihm blieb. Er legte die Hände an den Mund und heulte.
    Wolf kam nicht. Er erwiderte den Ruf auch nicht. Torak wusste, was Wolf für ein feines Gehör hatte. Demnach war er sehr weit weg.
    Torak heulte noch einmal. Und noch einmal.
    Stille. Kein Wind. Nur das tückische Lecken der Wellen und schreckliche, lauernde Stille. Torak malte sich aus, wie dunkle Schemen von einem Eisbuckel zum nächsten huschten. Er spürte, dass er nicht allein war.
    »Lasst mich in Frieden«, raunte er den Dämonen zu.
    Er glaubte, Gelächter zu hören.
    »Verschwindet!«, rief er und wedelte mit den Armen.
    Das Gelächter wurde lauter.
    Torak sank schluchzend auf die Knie. Tränen brannten ihm in den Augen. Er wischte sie ärgerlich weg.
    Wenn Renn hier wäre, würde sie bestimmt zum Medizinbeutel greifen. Bei dieser Vorstellung schöpfte er zaghaft wieder Mut. Er zog die Handschuhe aus, tastete nach seinem eigenen Medizinbeutel, erkannte am Geruch ein paar Holunderblätter und zerkaute sie. Es brannte scheußlich, als er sich den Brei auf die Augen drückte, aber er tröstete sich damit, dass es ihm bestimmt guttat.
    Ihm fiel noch etwas ein. Er nahm das Medizinhorn seiner Mutter vom Gürtel und schüttete sich ein wenig zerstoßenes Erdblut in die hohle Hand.
    Auf einmal knisterte um ihn herum die Luft. Vielleicht mochten die Dämonen kein Erdblut.
    Torak

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