Chronik der Silberelfen Bd. 1 - Zeit der Rebellen
kleiner Bastard. Träger des Fluchs, sagte sie, glaube ich. Einer, der einmal das Blut seiner eigenen Mutter trinken wird. Eines Tages werde ich dir verraten, was sie mir sonst noch über dich erzählt hat. Bisher hat sie mit ihren Weissagungen ja offensichtlich immer ins Schwarze getroffen. Splitterherz, Winterherz, Liebesmörder.“
Inzwischen musste wohl eine ganze Armee von Wiedergängern über mein Grab laufen, so sehr schüttelte es mich.
Kate wandte sich von mir ab, ohne ein weiteres Wort über meine schicksalhafte Zukunft zu verraten. „Hast du der alten Prophetin richtig zugehört, Leonora? Sie hat nichts davon gesagt, dass der Blutstein den Schleier retten wird. Nicht einmal, dass er ihn bewahren wird. Er entscheidet einfach nur über das Schicksal des Schleiers, nicht mehr und nicht weniger. Griogairs Erbe wird ihn aufspüren und dann wird sich das Schicksal des Schleiers entscheiden. Allerdings nicht durch den, der ihn findet, sondern durch den, der ihn zur rechten Zeit in Händen hält. Also, nur zu.“ Kate drohte ihr scherzhaft mit dem Zeigefinger. „Nimm deinen Sohn und finde den Stein und kommt nicht zurück, ehe ihr ihn nicht gefunden habt.“
„Die Festung.“ Conal biss die Zähne zusammen. „Wenn sich die ganze Sache um mich dreht, dann will ich Garantien.“
„Ach, sie wird die Festung schon nicht zerstören“, sagte Leonora gelassen. „Verstehst du, die Festung ist das Einzige auf der Welt, was mir mehr bedeutet als der Schleier. Nun bin ich alles andere als eine Kriegstreiberin, aber ich kann, wenn ich muss, auch ziemlich skrupellos sein. Kate wird weder der Festung noch Griogairs Leuten etwas antun. Und wenn sie es in unserer Abwesenheit doch wagen sollte, komme ich zurück und vernichte sie. Und das weiß sie auch. Nicht wahr, Kate, meine Liebe?“
Kates Augen funkelten, in ihrem Gesicht standen Furcht und Hass. „Also, Cù Chaorach, du hast es gehör t – die Zukunft deiner Festung und deines Clans hängt einzig und allein von deiner Zeit im Exil ab. Für die Zeit deiner Suche nach dem, was ich haben möchte.“
„Und die Freiheit und Sicherheit meiner Festung ist garantiert?“
„Bis deine Mutter stirbt, ja“, antwortete Kate.
„Bis ich sterbe“, wiederholte Leonora und fügte lächelnd hinzu: „Freu dich schon mal auf mein langes Leben.“
„Lang?“
„Oh ja. Sehr lang.“
„Und das, obwohl du weißt, was Lilith getan hat?“ Kates Lachen war liebreizend und geradezu ansteckend, aber spröde. „Du warst doch dabei oder etwa nicht, Leonora? Du hast doch alles gesehen, alles gehört. Du weißt doch, was sie dir angetan hat.“
Leonora zuckte nur die Achseln, aber es wirkte auf mich, als lastete ein zentnerschweres Gewicht auf ihren Schultern.
„Das spielt keine Rolle. Ich lebe weiter und die Festung auch.“
„Aber nur, wenn dein Sohn und all seine Blutsverwandten in die Anderwelt gehen.“
„Einverstanden. Und während wir fort sind, wirst du dich hüten, einen Fuß über die Grenzen unserer Ländereien zu setzen. Du oder einer deiner Gefolgsleute.“
Kate steckte sich den Zeigefinger in den Mund und hielt ihn dann in die Luft, als wollte sie die Windrichtung bestimmen.
„Du bist eine gefährliche Frau, Leonora. Weißt du, was dich so unberechenbar macht?“
Leonora hob eine Augenbraue und der Rabe legte den Kopf schief.
„Du willst sterben.“ Kates Lächeln wirkte diesmal sogar echt. „Um genau zu sein, würdest du es sogar vorziehen zu sterben als weiterzuleben.“
Jetzt lächelte auch Leonora.
„Und diese Todessehnsucht verleiht dir deine wilde Entschlossenheit, diese absolute Furchtlosigkeit.“ Kate trommelte nachdenklich mit den Fingerspitzen gegen ihre Wangen, dann deutete sie zuerst auf Conal und schließlich auf mich. „Aber dadurch kannst du ihnen auch gefährlich werden, nicht wahr? Wie lange wird es dauern, bis du dem Ruf nachgibst?“
„Freu dich auf mein langes Leben“, wiederholte Leonora lächelnd.
40. Kapitel
D u kannst bleiben“, sagte ich zu Catriona. „Du musst nicht mitkommen. Hier in der Festung gefällt es dir doch, hier bist du glücklich. Du kannst hierbleiben.“
Leere Worte. Das wusste sie genauso gut wie ich.
„Bei dir“, sagte sie, „da bin ich glücklich.“
Sie fuhr mit einer Fingerspitze über die Narbe auf meiner Brust. Ich küsste sie. „Das freut mich.“
Wenn ich es geahnt hätt e – wenn ich es doch nur geahnt hätt e … Hätte ich sie dann gedrängt zu bleiben?
Conal tat mir leid. Oh,
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